Französische Einwanderungsreform verstößt in weiten Teilen gegen die Verfassung

französische einwanderungsreform verstößt in weiten teilen gegen die verfassung

Proteste gegen das neue Migrationsgesetz in Paris.

Das neue französische Einwanderungsgesetz verstößt weitgehend gegen die Verfassung. Das haben die neun Mitglieder des Verfassungsrates unter Vorsitz von Verfassungsratspräsident Laurent Fabius am Donnerstag in Paris entschieden. 32 von insgesamt 86 Gesetzesartikeln sind von dem höchsten Gericht aus verfahrensrechtlichen Gründen verworfen worden.

Dazu zählen die verschärften Bestimmungen zur Familienzusammenführung sowie die Einführung einer Kautionszahlung für außereuropäische Studierende. Auch das Vorhaben, eine Wartezeit von fünf Jahren für bestimmte Sozialleistungen für Nicht-Europäer einzuführen, wurde von den Verfassungshütern abgelehnt.

Als Verstoß gegen die Verfassung wurde das Vorhaben bewertet, Einwanderer ohne gültigen Aufenthaltstitel dazu zu verpflichten, ihre Fingerabdrücke und Passfotos zu hinterlassen. Die rechtsbürgerliche Mehrheit im Senat hatte diese Maßnahme im Vermittlungsausschuss dem Gesetzesvorhaben hinzugefügt, um illegale Einwanderung besser bekämpfen zu können. Ebenso erklärten die Verfassungshüter die jährliche Parlamentssitzung zur Festlegung von Einwanderungsquoten für nicht verfassungskonform.

Macron hatte das Gesetz als „Schutzschild“ verteidigt

Insgesamt zehn Artikel seien nur teilweise verfassungskonform, hieß es in der Mitteilung des Verfassungsrates. Drei Artikel wurden vollständig zurückgewiesen, bei zwei weiteren hat der Verfassungsrat Auslegungsvorbehalte.

Innenminister Gérald Darmanin zeigte sich zufrieden. Die von der Regierung ursprünglich vorgesehenen Änderungen seien alle verfassungskonform, sagte er. Der RN-Vorsitzende Jordan Bardella kritisierte hingegen einen „Gewaltakt der Verfassungshüter“. Er behauptete, der Verfassungsrat hätte den Präsidenten unterstützt.

Emmanuel Macron hatte das umstrittene Gesetz als „Schutzschild, das uns gefehlt hat“ verteidigt. In einem Interview kurz nach der Abstimmung am 20. Dezember räumte er zugleich ein, dass ihm einige Änderungen „nicht gefallen“, und äußerte die Hoffnung, dass der Verfassungsrat diese für ungültig erklären würde. Der Präsident rief den Verfassungsrat zur Prüfung an. Fabius hatte ihn dafür scharf kritisiert: „Der Verfassungsrat ist keine Berufungskammer für die Entscheidungen des Parlaments.“

Marine Le Pen hatte einen „ideologischen Sieg“ verkündet

Über das verschärfte Einwanderungsgesetz war ein heftiger Streit entbrannt. Marine Le Pen feierte nach der endgültigen Abstimmung einen „ideologischen Sieg“, während in den Reihen der Regierung großer Unmut herrschte. Gesundheitsminister Aurélien Rousseau trat aus Protest gegen die verschärften Bestimmungen zurück. Der Gesetzestext sah insbesondere vor, dass Nicht-Europäer vor dem Bezug von Sozialleistungen wie Kinder- und Wohngeld eine Mindestaufenthaltsdauer nachweisen müssen: für nicht arbeitende Personen fünf Jahre, für andere 30 Monate. Diese Verschärfung war von den rechtsbürgerlichen Republikanern (LR) gefordert und vom Rassemblement National (RN) unterstützt worden.

Da die Regierung unter Präsident Macron nur über eine relative Mehrheit verfügt, war sie auf Stimmen der Opposition angewiesen. Der Verfassungsrat prüfte insgesamt vier Eingaben zu dem Gesetz. Neben dem Präsidenten rief die Präsidentin der Nationalversammlung, Yaël Braun-Pivet, die Verfassungshüter an. Linke Abgeordnete und Senatoren legten auf jeweils etwa 30 Seiten ihre Verfassungsbedenken dar.

Die bürgerliche Rechte hat nach dem Entscheid der Verfassungshüter nun eine Verfassungsänderung gefordert, da das Grundgesetz keinen effizienten Kampf gegen die irreguläre Einwanderung zulasse. „Um das Schicksal Frankreichs zu retten, brauchen wir eine Verfassungsreform“, sagte der LR-Vorsitzende Eric Ciotti.

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