Forschung in Frankfurt: Mit Magnetstimulation gegen die Folgen des Schlaganfalls
Neuronale Verdrahtung: Ein Schlaganfall ist ein schwerer Schlag für das sensible Gehirn – und kann bei Betroffenen zu chronischen Einschränkungen führen.
Ein Schlaganfall ist gefürchtet – weil er im Alter viele betrifft und oft ein chronisches Leiden hinterlässt. Was, wenn man das Gehirn des Patienten so anregen könnte, dass gesunde Areale die Aufgaben der zerstörten zum Teil übernehmen könnten? An dieser neuronalen Reorganisation forscht Christian Grefkes-Hermann, Direktor der Klinik für Neurologie des Uniklinikums Frankfurt, seit 15 Jahren.
Der „schlagartig“ auftretende Ausfall von Gehirnfunktionen wird meist durch einen Gefäßverschluss oder eine Hirnblutung verursacht. Schnelles Handeln ist dann nötig, um Behinderungen oder den Tod zu verhindern. Etwa 250.000 Menschen in Deutschland sind jedes Jahr betroffen. Der Neurologe Grefkes-Hermann nimmt an, dass sich mit dem Altern der Gesellschaft diese Zahl bis zum Jahr 2050 verdoppeln könnte. Bessere Behandlungsmethoden sind daher wichtiger denn je. Gerinnsel in Blutgefäßen können mit Medikamenten oder operativ aufgelöst werden. In zahlreichen Fällen bleiben jedoch Sprachstörungen oder Lähmungen zurück, die dann günstigenfalls mit Physio- oder Sprachtherapie gelindert werden können.
„Riesige Lernmaschine“ kann sich ein Leben lang verändern
Grefkes-Hermanns Ansatz ist ein anderer: Er beschäftigt sich mit der Stimulation von Hirnarealen. „Ein Schlaganfall löst Chaos in der Kommunikation des Hirns aus“, erläutert er. An manchen Stellen sind Nervenzellen abgestorben, andere Areale verfallen in eine Art Schlafmodus, der Professor nennt es Schockstarre. Dies gleiche das Gehirn damit aus, dass andere Areale besonders aktiv würden, aber oft in einer ebenfalls ungewollten überschießenden Reaktion. Der Neurologe will verstehen, wie das Gehirn es schafft, sich nach einem Schaden neu zu organisieren. Denn dieses Organ, die „riesige Lernmaschine“, wie der Mediziner sie nennt, kann sich ein Leben lang verändern und so seine ganze plastische Kraft einsetzen, um den Verlust von Gewebe zu kompensieren.
Mit der nichtinvasiven funktionellen Magnetresonanztomographie könne die Arbeit des Gehirns bei unterschiedlichen Aufgaben dokumentiert werden, so Grefkes-Hermann. Dies gibt Hinweise, wie Patienten künftig nach einem Schlaganfall effektiver behandelt werden könnten. Bei der Auswertung der Daten hilft dem Neurologen die Künstliche Intelligenz, die leichter als der Mensch Muster erkennen kann. In einem zweiten Schritt möchte Grefkes-Hermann, vereinfacht gesprochen, das Gehirn dabei unterstützen, die schlafenden Teile zu wecken und die überaktiven zu dämpfen. Die funktionsfähigen, aber inaktiven Areale sollen so neue Aufgaben übernehmen und idealerweise dem Patienten verlorene Fähigkeiten zumindest in Teilen zurückgeben. Dazu wird an der Uniklinik die Transkranielle Magnetstimulation eingesetzt, ein ebenfalls nicht-invasives Verfahren, bei dem magnetische Impulse auf das Gehirn wirken.
Da diese Methode noch nicht im Klinikalltag angekommen ist, setzt Grefkes-Hermann auf große klinische Studien, die nun begonnen werden. Außerdem werde in der Frankfurter Neurologie demnächst eine Stimulationsambulanz aufgebaut, damit Patienten von diesen Verfahren profitieren könnten.
In der Online-Vortragsreihe „Gesundheitsforum“ des Uniklinikums wird Grefkes-Hermann am Donnerstag um 18.30 Uhr über seine Forschung sprechen und Fragen dazu beantworten. Der Vortrag ist danach online abrufbar.