FDP fordert eine „Korrektur“ des Bürgergelds
FDP fordert eine „Korrektur“ des Bürgergelds
Seit die Ampelkoalition die sozialstaatliche Grundsicherung zum Bürgergeld umgebaut hat, kommen Arbeitssuchende seltener in Arbeit. Das hat eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gerade gezeigt.
Einer der drei Koalitionspartner fordert nun politische Konsequenzen in Form einer Bürgergeld-Korrektur: „Im Interesse aller ist eine weitere Überarbeitung des Gesetzes nötig“, sagte Jens Teutrine, Fachmann für Sozialpolitik der FDP-Bundestagsfraktion, der F.A.Z. Die Koalition dürfe es „nicht schulterzuckend zur Kenntnis nehmen, wenn weniger Menschen in Arbeit vermittelt werden“. Sie müsse jetzt handeln und „notwendige Korrekturen“ anpacken.
Teutrine, der früher Vorsitzender der Jungen Liberalen war, hatte vor zwei Jahren in der Ampelkoalition federführend an der Reform des früheren Hartz-IV-Systems mitverhandelt. In dieser Rolle wehrte er damals Forderungen der Grünen ab, im Bürgergeld gar keine Sanktionen gegen sogenannte Pflichtverletzer mehr vorzusehen.
Neue Berechnung
Allerdings kam es zu gewissen Lockerungen. Und es wurde eine neue Regelung zur Berechnung der Regelsätze eingeführt, die für 2023 und 2024 zu einer Erhöhung der Geldleistungen um je 12 Prozent führte. Nun fügt Teutrine als Mahnung an die beiden Koalitionspartner hinzu: „SPD und Grüne sollten den Wert von Arbeit wiederentdecken.“
Die FDP fordert schon lange eine Reform der sogenannten Hinzuverdienstregeln, also eine weniger strenge Anrechnung von Arbeitslohn auf den Sozialtransfer. Dies war mit der Reform aber nur ansatzweise aufgegriffen worden – was sich Teutrine zufolge nun ändern soll. Nötig seien „dringend eine Überarbeitung der Hinzuverdienstgrenzen und steuerliche Entlastungen für die arbeitende Bevölkerung, damit sich mehr Lohn auch immer spürbar mehr lohnt“, mahnte er.
Denn „ein ausreichender Lohnabstand zwischen denen, die arbeiten, und denen, die nicht arbeiten, ist eine Frage von Respekt vor Leistung und Arbeitsanreiz zugleich.“ Ob mit oder ohne ergänzendes Bürgergeld, entscheidend sei, „was netto übrig bleibt“.
Geringere Arbeitsanreize?
Selbst erzielte Verdienste zwischen 520 und 1000 Euro im Monat werden im Bürgergeld derzeit zu 70 Prozent mit dem Sozialtransfer verrechnet und im Bereich bis 1200 Euro dann zu 90 Prozent. Oberhalb davon wird für jeden selbst erzielten Euro ein ganzer Euro vom Transfer abgezogen, bis dieser auf null abgeschmolzen ist. Anders als die Regelsätze sind diese Schwellenwerte bisher starr, sie werden nicht an Inflation und steigende Löhne angepasst.
Die in dieser Woche vorgelegte IAB-Studie zeigte, dass seit der Bürgergeldreform signifikant weniger Leistungsbezieher im Laufe eines Monats neu im Arbeit kommen. Forschungsbereichsleiter Enzo Weber hat dazu die amtlichen Daten der sogenannten Arbeitsaufnahmen um andere Einflüsse bereinigt. Auf die Reform von 2023 geht demnach ein Rückgang der Arbeitsaufnahmen um 5,7 Prozent zurück. Als Fazit hatte auch Weber unter anderem für bessere Hinzuverdienstregeln plädiert.
Mit der nun geforderten Überarbeitung will die FDP nicht nur dies angehen, sondern auch Mitwirkungspflichten und Sanktionen neu justieren. „Wer nicht mitwirkt oder Termine grundlos nicht wahrnimmt, muss schneller mit härteren Konsequenzen rechnen“, sagte Teutrine der F.A.Z. Konkret stellt er sich dies so vor: Wer Jobangebote und Qualifizierungen ablehne, obwohl er arbeiten könne, „soll einer Arbeitsgelegenheit nachgehen müssen – andernfalls müssen Sozialleistungen gestrichen werden“.
Aus den anderen Ampelparteien gibt es bisher keine erkennbaren Pläne, an einer solchen Überarbeitung mitzuwirken. Allerdings gibt es zu diesem Thema noch Punkte im Koalitionsvertrag, deren Umsetzung bisher auf sich warten lässt. Dort hatten SPD, Grüne und FDP unter anderem vereinbart, Bürgergeld und andere Sozialleistungen so aufeinander abzustimmen, dass sie im Ergebnis die Aufnahme einer Beschäftigung günstiger beeinflussen als dies vor der Bürgergeldreform der Fall war.