Strafverfahren gegen Trump: Die Suche nach unbefangenen Geschworenen

strafverfahren gegen trump: die suche nach unbefangenen geschworenen

Donald Trump am 25. März 2024 vor einer Anhörung am New Yorker Strafgericht

Ob Donald Trump in New York im ersten Strafprozess gegen einen früheren ame­rikanischen Präsidenten schuldig gesprochen wird, entscheiden am Ende zwölf Geschworene. So will es die Verfassung der Vereinigten Staaten: Im sechsten Zusatzartikel ist festgeschrieben, dass einem Angeklagten in Strafsachen „ein zügiges und öffentliches Verfahren vor einem unparteiischen Geschworenengericht“ zusteht. Doch wie unvoreingenommen kann eine Jury sein, wenn der Angeklagte eine der am meisten polarisierenden Figuren in den Vereinigten Staaten ist?

Üblicherweise bemüht sich das Gericht, Geschworene auszuwählen, die mit dem Fall bislang möglichst wenig in Berührung gekommen sind. Doch es dürfte kaum einen Amerikaner geben, der keine Meinung zu Trump hat, dem ehemaligen Präsidenten und abermaligen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner für die Wahl im November. Zumal Trump in New York als Geschäftsmann schon seit den 1980er-Jahren in der Öffentlichkeit steht. Trumps Antrag, den Prozess aus dem demokratisch geprägten Manhattan zu verlegen und damit weiter hinauszu­zögern, lehnte eine Richterin in der vergangenen Woche ab.

An diesem Montag ist der erste Tag des Prozesses gegen Trump. Doch bis Beweise vorgelegt werden oder der Republikaner selbst zu Wort kommt, wird es noch dauern. Zunächst gilt es, aus mehr als 500 zufällig ausgewählten New Yorkern zwölf Jurymitglieder und sechs Stellvertreter auszuwählen, die das Gericht in der Lage sieht, allein anhand der vorgebrachten Beweise über den Fall zu entscheiden. Es wird damit gerechnet, dass die Auswahl ein bis zwei Wochen und der gesamte Prozess zwischen vier und sechs Wochen dauert.

42 Fragen

Trump wird von der Bezirksstaatsanwaltschaft von Manhattan vorgeworfen, Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben, um Informationen, die ihm während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 hätten schaden können, zu verschleiern. Dabei geht es unter anderem um 130.000 Dollar Schweigegeld, die sein damaliger Anwalt Michael Cohen der Pornodarstellerin Stormy Daniels zahlte und die in den Unterlagen als Rechtskosten abgebucht wurden. Trump bestreitet eine Affäre mit ihr und hat auf nicht schuldig plädiert.

Wer als Teil der Jury final über den Fall entscheidet, muss grundsätzlich älter als 18 Jahre, amerikanischer Staatsbürger und des Englischen mächtig sein. Außerdem dürfen Geschworene nicht wegen ei­nes Verbrechens verurteilt worden sein. Um ihre persönliche und politische Haltung zu überprüfen, werden die Ausgewählten in New York vom zuständigen Richter Juan Merchan, der Staatsanwaltschaft und Trumps Anwälten befragt. Der Sender CNN berichtet unter Berufung auf Gerichtsbeamte, es könnten täglich jeweils etwa hundert Personen gleichzeitig in den Gerichtssaal gebeten werden.

Doch woran misst man die politische Einstellung einer Person? Richter Merchan veröffentlichte in der vergangenen Woche einen Katalog von 42 Fragen, auf den die Anwälte beider Seiten sich geeinigt hatten. Neben Angaben zu der ei­genen Person und der Lebenssituation geht es etwa um politische Beteiligung und Medienkonsum. So heißt es unter anderem: Haben Sie jemals eine Wahlkampfveranstaltung Donald Trumps besucht oder an einer Anti-Trump-Kundgebung teilgenommen? Waren Sie jemals Unterstützer oder Mitglied der Antifa? Oder der rechtsradikalen Proud Boys? Haben Sie eine Meinung dazu, ob ein früherer Präsident in einem Bundesstaat angeklagt werden soll? Wie, finden Sie, wird in diesem Fall mit Trump umgegangen?

Die Antworten darauf dürften in der polarisierten amerikanischen Gesellschaft bereits Aufschluss über die politischen Tendenzen geben. Außerdem fragt das Gericht ab, in welchen Medien die möglichen Geschworenen sich informieren und ob sie Bücher oder Podcasts von Trump und Zeugen wie seinem früheren Anwalt Michael Cohen gelesen oder gehört haben. Amerikanische Medien berichteten, die Staatsanwaltschaft wollte auch die Frage hinzufügen, ob die Person Trumps Falschbehauptung glaube, dass er die Wahl 2020 gewonnen habe. Dagegen hätten Trumps Anwälte jedoch Einsprung erhoben.

Trumps Anwälte setzen auf Blockade

Entscheidend ist, dass für ein Urteil am Ende eine einstimmige Entscheidung der Jury notwendig ist. Trumps Anwälte, die sich der demokratischen Übermacht in New York bewusst sind, dürften deswegen weniger auf einen einstimmigen Freispruch hoffen als auf einige Jurymitglieder, die bereit sind, eine eventuelle Verurteilung mit einer Gegenstimme zu blockieren. Sie setzen laut Medienberichten auf jüngere schwarze Männer, die häufig schlechte Erfahrungen mit dem Rechtssystem gemacht haben, auf weiße Männer aus der Arbeiterklasse und öffentliche Angestellte wie Polizisten oder Feuerwehrleute. Die Staatsanwaltschaft dürfte dagegen auf Personen mit Hochschul­bildung setzen, die linksliberale Medien konsumieren. Jede Seite kann eine begrenzte Zahl Personen bei der Geschworenenauswahl ohne Angabe von Gründen ausschließen; danach muss jeweils eine Be­gründung angegeben werden.

Anders als in New York üblich, wird die Identität der ausgewählten Geschworenen in diesem Fall aus Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben. Die Namen werden den Anwälten bekannt sein, eine Anordnung von Richter Merchan verbietet es Trump jedoch, diese öffentlich zu machen. Der Republikaner hetzt im In­ternet regelmäßig gegen Anwälte und Zeugen in den gegen ihn laufenden vier Strafverfahren. Anders als in den Zivilverfahren, die in den vergangenen Jahren in New York bereits gegen Trump verhandelt wurden, muss er in diesem Strafprozess als Angeklagter jeden Tag anwesend sein. Das bedeutet montags, dienstags, donnerstags und freitags in der Regel von 9.30 bis 16.30 Uhr.

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