Corona-Medikament Paxlovid: Warnung vor tödlichen Wechselwirkungen

corona-medikament paxlovid: warnung vor tödlichen wechselwirkungen

Paxlovid wurde als „Pille gegen Covid-19“ vermarktet, nun sind fast eine halbe Million Dosen übrig.

„Bin leider trotz großer Vorsicht an Corona erkrankt. Trotz 4. Impfung. Die Symptome sind noch leicht. Zur Vermeidung von Komplikationen nehme ich Paxlovid. Für die vielen guten Wünsche bedanke ich mich bei allen. Hass und Niedertracht, kommt auch vor, werden ignoriert“, schrieb Gesundheitsminister Karl Lauterbach Anfang August 2022 bei Twitter (damals noch nicht X).

Drei Wochen später, Ende August, schrieb der bis dahin genesene Minister: „In Deutschland wird Covid-Medikament Paxlovid viel zu selten eingesetzt. Es könnte vielen das Leben retten. Daher wird Verschreibung jetzt einfach: Anruf beim Arzt mit Test und Symptomen, dann kann Bote kommen. Oder Gang zum Arzt: Der händigt Paxlovid aus.“

Wiederum eine Woche später saß Lauterbach bei Lanz und verkündete: „Ich habe tatsächlich auch einen etwas schwereren Verlauf gehabt. Ich hatte sehr starken Husten, hohes Fieber. Habe dann aber Paxlovid genommen, dieses Medikament, das man einnehmen kann, um die Virusvermehrung zu unterbrechen, und es hat bei mir gut gewirkt. Danach sind die Symptome sehr schnell zurückgegangen.“

Der Gesundheitsminister hatte damals so häufig und so vehement öffentlich das Pfizer-Medikament beworben, dass sich sogar der ZDF-Moderator in seiner Sendung bemüßigt fühlte, darauf hinzuweisen: „Gut, soweit der Werbeblock für Paxlovid.“

Doch Lauterbach machte weiter; zwei Tage nach der Lanz-Paxlovid-Werbesendung twitterte er: „In Israel zeigt Paxlovid bei Ü65 Senkung der Krankenhauseinweisungen von 75 Prozent. Auch bei Geimpften ähnlich wirksam. Wenn Paxlovid im Herbst schnell und gezielt eingesetzt wird, kann es erheblich dazu beitragen, dass Krankenhäuser nicht überlastet werden.“

Schon im Juli desselben Jahres hatte er geschrieben: „Paxlovid-Tabletten, kurz nach Infektion bei Älteren eingesetzt, senken Krankenhauseinweisung um 90 Prozent. Es wird ein System mit Hausärzten vorbereitet, diese viel zu seltene Covid-Lebensrettung regelmäßiger einzusetzen. Medikament haben wir genug.“

Mehr als genug, muss man heute sagen, denn Paxlovid blieb eher ein Ladenhüter. Vor allem von verängstigten jüngeren Patienten mit oder ohne milde Symptome angefragt, „um keinen schweren Verlauf zu bekommen“, beriefen sich viele Ärzte ganz im Gegensatz zu der Lauterbach-Paxlovid-Offensive darauf, das Mittel eher bei älteren Patienten zu verschreiben. So wie es auch vorgesehen war: Denn bei Patienten unter 65 Jahren „wurden keine Hinweise auf einen Nutzen gefunden“, hieß es in der von Lauterbach selbst zitierten israelischen Studie.

Doch auch bei diesen älteren Patienten waren viele Ärzte eher vorsichtig – zum Ärger vieler Twitter-Nutzer, die offenbar bei Lauterbach mitgelesen hatten: Zahlreiche jüngere User beschwerten sich im dritten Jahr der Pandemie darüber, dass Ärzte ihren Eltern oder Großeltern oder auch ihnen selbst kein Paxlovid verschreiben wollten, obwohl das doch so wichtig sei.

Der Grund der Zurückhaltung: Schon damals war bekannt, dass Paxlovid gerade bei älteren Patienten, die bereits viele andere Medikamente einnehmen, zu unerwünschten Wechselwirkungen führen kann. Teilweise hätten andere Medikamente für die Dauer der Behandlung mit Paxlovid abgesetzt werden müssen. In jedem Falle galt es abzuwägen, ob der Nutzen einen möglichen Schaden überwiegt.

Für viele jüngere Patienten, die ohnehin ein geringeres Risiko haben, schwer an Covid-19 zur erkranken, wurde Paxlovid eher nicht empfohlen. Nur halt von Lauterbach, der, selbst noch unterhalb der 65-Jahre-Grenze, mit seiner eigenen Einnahme im TV dafür warb.

Trotzdem blieben viele Ärzte bei ihrer eigenen Einschätzung und der Studienlage und verschrieben deutlich weniger von dem Mittel als der Minister sich gewünscht oder erwartet hatte: Eine Million Packungen davon hatte die Bundesregierung Ende 2021/Anfang 2022 bei Pfizer bestellt. Fast die Hälfte davon muss nun vernichtet werden, denn: Ihre Haltbarkeit läuft in diesen Tagen ab.

427.000 Dosen des Präparats würden ungenutzt auf Halde liegen, meldete Anfang Januar die Süddeutsche Zeitung, die im Ministerium angefragt hatte, und schrieb über die Kosten: „Für Deutschland würde eine Vernichtung der ungenutzten Dosen einen beträchtlichen finanziellen Verlust bedeuten. Wie viel genau die Bundesrepublik für Paxlovid bezahlt hat, beantwortete das Ministerium nicht. Bekannt ist aber, dass der Hersteller Pfizer damals im Regelfall 500 Euro für eine Dosis Paxlovid verlangt hat. Auch unter Berücksichtigung möglicher Rabatte ist also naheliegend, dass die Bundesrepublik mehrere Hundert Millionen Euro für das Medikament ausgegeben hat.“ Die übrig gebliebenen Dosen müssten wohl ungenutzt vernichtet werden.

Nun stellt sich heraus: Das ist vielleicht nicht das Schlechteste. Denn offenbar werden – trotz aller Vorsicht vieler behandelnder Ärzte – immer noch zu viele Wechselwirkungen übersehen. Und das kann sogar tödlich enden.

Wie das Ärzteblatt am Montagmittag meldete, hat die Europäische Arzneimittelagentur (Ema), genauer gesagt ihr Pharmakovigilanzausschuss (PRAC), sich in seiner vergangenen Sitzung mit dem Thema Paxlovid beschäftigt. Man kam zu dem Schluss, dass Mediziner „trotz der Hinweise in Fachinformationen möglicherweise nicht ausreichend über die Gefahren informiert sind“, so das Blatt.

Nach der Überprüfung von Berichten über schwerwiegende Wechselwirkungen, von denen einige offenbar tödlich verlaufen waren, regt die Ema deshalb an, Ärzte in den europäischen Ländern deutlicher auf die Risiken hinzuweisen. In Deutschland geschieht das normalerweise über sogenannte Rote-Hand-Briefe. Die Entscheidung darüber, ob für Paxlovid ein Rote-Hand-Brief ausgegeben wird, muss nun aber noch der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) treffen.

Zu der Wirkungsweise des Medikaments schreibt das Ärzteblatt: „Paxlovid enthält neben dem Virustatikum Nirmatrelvir, das die Replikation von Sars-CoV-2 in den Zellen blockiert, als zweiten Wirkstoff Ritonavir. Der Proteaseinhibitor wurde zur Behandlung von HIV-Infektionen entwickelt. Gegen Sars-CoV-2 ist er wirkungslos. Seine Aufgabe in Paxlovid besteht darin, einen allzu raschen Abbau von Nirmatrelvir durch das Cytochrom P450-Enzym CYP3A4 in der Leber zu verhindern. Auch in der Behandlung von HIV-Infektionen ist diese ‚Ritonavir-Boosterung‘ der eigentliche Zweck. Über CYP3A4 werden jedoch noch eine Reihe anderer Medikamente abgebaut. Dies kann bei der gleichzeiti­gen Behandlung mit Paxlovid zu Problemen, sprich Überdosierungen führen.“

Betroffen seien vor allem Immunsuppressiva, deren Serumwerte unter einer Paxlovid-Behandlung stark anstei­gen können. Immunsuppressiva werden eingesetzt, um das Immunsystem zu unterdrücken, wenn es körpereigenes Gewebe angreift. Dazu zählen etwa Glukokortikoide wie Steroid- oder Kortison-Präparate. Sie werden zum Beispiel bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn und vor bzw. nach Transplantationen eingesetzt.

Transplantationsmediziner hätten Gegenstrategien entwickelt, die in einer Dosisreduktion oder sogar dem zwischenzeitigen Absetzen während der fünftägigen Behandlung mit Paxlovid bestehen. Die Immunsuppressiva würden heute jedoch auch bei einer Reihe von Autoimmunerkrankungen eingesetzt, bei denen in der Regel kein intensives Monitoring der Wirkstoffspiegel betrieben werde. Auch dort könne es deshalb durch die gleichzeitige Behandlung mit Paxlovid zu Überdosierungen kommen.

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