EZB bereitet Zinssenkung im Juni vor
Am Finanzmarkt wird erwartet, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Kollegen auf ihrer nächsten Sitzung im Juni die Zinsen senken werden. Ein Blick in das jüngste Sitzungsprotokoll des EZB-Rats zeigt: Genau so könnte es kommen.
EZB bereitet Zinssenkung im Juni vor
Die Währungshüter der EZB haben auf ihrer jüngsten Geldpolitik-Sitzung im April den Boden für eine erste Zinssenkung Anfang Juni bereitet. Dann werde die Europäische Zentralbank (EZB) voraussichtlich bereit sein für diesen Schritt, hieß es in dem Protokoll des Treffens in Frankfurt vom 10. und 11. April, das die EZB am Freitag veröffentlichte. „Es wurde als plausibel angesehen, dass der EZB-Rat in der Lage sein würde, auf der Juni-Sitzung mit einer Lockerung der geldpolitischen Restriktionen zu beginnen.“ Als Bedingung wurde angeführt, dass bis dahin eingegangene Informationen die mittelfristigen Inflationsvoraussagen bestätigen, die in den Wirtschaftsprognosen der EZB-Volkswirte vom März enthalten sind.
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Dem Protokoll zufolge waren einige Währungshüter sogar ausreichend zuversichtlich, dass ein Zinsschritt nach unten bereits auf dem aktuellen Treffen begründet werden könne. Die Euro-Wächter um Notenbank-Präsidentin Christine Lagarde (68) hatten schließlich an den Schlüsselsätzen wie schon auf den vier vorangegangenen Zinssitzungen nicht gerüttelt. Damit liegt der Einlagensatz weiter auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent. Diesen erhalten Finanzinstitute, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder horten.
Der nächste Zinsentscheid der EZB steht am 6. Juni an. Ökonomen sind sich inzwischen sicher: Dann geht es mit den Zinsen runter. „Die Tatsache, dass einige EZB-Mitglieder bereits auf der April-Sitzung die Zinsen senken wollten, sowie die Kommunikation fast aller EZB-Vertreter seit der April-Sitzung, machen es für die EZB fast unmöglich, nicht zu senken“, sagte etwa ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Wie es dann weitergehen solle, sei aber alles andere als klar.
Im Fokus haben die Währungshüter vor allem die Lohnentwicklung und die Teuerung im Dienstleistungssektor. EZB-Direktor Frank Elderson wies am Freitag im Gespräch mit der Agentur Bloomberg darauf hin, dass die Juni-Sitzung ein Projektionstreffen sei. „Wenn diese Projektionen das Vertrauensniveau festigen, das wir heute sehen, dann, denke ich, werden wir höchstwahrscheinlich einen Schritt machen,“ sagte er. Der weitere Zinspfad ist für Elderson offen. „Über das hinaus gibt es keinerlei Festlegung“, merkte er an.
Die EZB veröffentlicht viermal im Jahr – im März, im Juni, im September und im Dezember – zu ihren Zinssitzungen Konjunktur- und Inflationsprognosen ihrer Volkswirte. Diese Projektionen sind stets eine wichtige Entscheidungshilfe für die Währungshüter. Die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinssenkung im Juni um 0,25 Prozentpunkte wird derzeit am Geldmarkt mit einer Wahrscheinlichkeit von 86 Prozent taxiert. Danach wird mit maximal zwei weiteren Zinssenkungen bis zum Jahresende gerechnet. Vor allem die Zinssitzungen im September und Dezember stehen dabei im Blick.
Die Inflation im Euroraum lag zuletzt mit 2,4 Prozent im April nicht mehr weit entfernt vom EZB-Ziel von 2,0 Prozent, das die Notenbank für die 20-Länder-Gemeinschaft anstrebt. Zudem ist die Wirtschaft der Eurozone im ersten Quartal wieder auf die Wachstumsspur zurückgekehrt: Das Bruttoinlandsprodukt(BIP) wuchs um 0,3 Prozent zum Vorquartal. In den beiden Jahresvierteln zuvor war es noch jeweils um 0,1 Prozent geschrumpft. Sorge bereitet der EZB aber derzeit die Entwicklung im Nahen Osten. Denn eine Eskalation des Konflikts dort könnte die Ölpreise in die Höhe treiben und die Inflation erneut anheizen.