Eurovision Song Contest 2024: Was beim ESC in diesem Jahr anders ist
Neue Regeln, ein anderer Kommentator und Israels umstrittene Teilnahme: In Malmö findet der 68. Eurovision Song Contest statt. Wissenswertes zu Wettbewerb und Teilnehmern
Olly Alexander performt für Großbritannien den Song
Schweden richtet zum siebten Mal in seiner Geschichte den Eurovision Song Contest aus – ein passender Austragungsort, ist doch ein besonderes Jubiläum mit dieser ESC-Ausgabe verbunden. Es gibt gleich mehrere Neuerungen: ein früheres Finalvoting, ein altbekannter Neuzugang und im deutschen Fernsehen begleitet eine neue Stimme das Publikum durch den Abend. Wir haben Wichtiges über den ESC 2024 zusammengefasst:
Jubiläum: 50 Jahre Abba mit “Waterloo”
1974 brachte Abba mit dem Song Waterloo die ESC-Trophäe nach Schweden. Längst ist die Band zu einer Pop- und ESC-Legende geworden – passend also, dass 50 Jahre später das Musik-Megaevent wieder in Schweden stattfindet. Denn im vergangenen Jahr siegte Loreen mit Tattoo. Schweden hat neben Irland bisher am häufigsten in dem Musikwettbewerb gewonnen, nämlich siebenmal.
Am Dienstag fand bereits das erste Halbfinale statt, am Donnerstag folgt das zweite. Danach stehen die 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das Finale am Samstag fest. Die Events werden live im Ersten übertragen. Am Samstag ist Beginn um 21 Uhr.
Wer tritt für Deutschland an?
Im deutschen ESC-Vorentscheid setzte sich der 29-jährige Isaak Guderian gegen seine Konkurrenten durch, das waren unter anderen Max Mutzke und Marie Reim, Tochter des Schlagersängers Matthias Reim. Warum er gewonnen hat? “Vielleicht war es die Ruhe, die ich mir bewahrt habe”, sagte er im Anschluss an seinen Sieg. Er habe alle Analysen und alle Spekulationen im Netz vorab ausgeblendet.
Isaak kommt aus Ostwestfalen und arbeitete lange als Straßenmusiker. 2011 trat er in der Castingshow X Factor auf, im Jahr 2021 gewann er die digitale Talentshow Show Your Talent. In Malmö tritt Isaak mit dem Song Always on the Run an. Mit einem letzten Platz im Finale hätte er nach eigener Aussage kein Problem: “Wenn es der letzte Platz wird, dann ist es so.” Den ESC-Wettbewerb sieht er vor allem als Chance: “Es schauen 200 Millionen Menschen zu, wenn du da auftrittst und nur ein Prozent der Zuschauer für dich begeistern kannst, dann hast du zwei Millionen neue Fans”, sagte er dem ZDF. “Und dann hast du ein besseres Leben als vorher.”
Proteste gegen Israels Teilnahme
Die Veranstalter verstehen den ESC als unpolitische Veranstaltung. Die Acts sollen, wie im ESC-Regelwerk verankert, einzig nach ihrer musikalischen Leistung bewertet werden. Trotzdem spielen politische Ereignisse immer wieder eine Rolle in dem Wettbewerb: Viele werden sich an den ESC im Jahr 2022 in Turin erinnern. Damals war der russische Angriffskrieg auf die Ukraine präsent, am Ende gewann die ukrainische Band Kalush Orchestra. Russland darf seit 2022 nicht mehr am ESC teilnehmen.
In diesem Jahr sorgte im Vorfeld Israels Teilnahme an dem Event und auch der israelische Beitrag für Diskussionen. Der ursprüngliche Song der Sängerin Eden Golan wurde von der veranstaltenden European Broadcasting Union (EBU) zweimal abgelehnt. Die Begründung: zu politisch. So wurde aus den Vorschlägen October Rain und Dance Forever schließlich der finale Song Hurricane, den die EBU zuließ. Dabei handelt es sich um eine neue Version von October Rain, bei dem die kritisierten Passagen herausgestrichen wurden. Der israelische Präsident Izchak Herzog soll sich bei dem zuständigen israelischen Sender Kan für eine Textänderung eingesetzt haben. Israel müsse in einer Zeit, in der diejenigen, die das Land hassten, versuchten, es auszuschließen und zu boykottieren, seine Stimme erheben, sagte Herzog laut dem Sender.
Zahlreiche Stimmen wurden nun laut, Israel aufgrund des Kriegs im Gazastreifen komplett vom ESC auszuschließen. In Malmö fanden mehrere israelkritische Demonstrationen statt, weitere sind etwa für den Samstag, den Finaltag, geplant. Die israelische Sängerin Eden Golan darf ihr Hotel momentan nur für Proben, Aufritte und Pressetermine verlassen, da die Gefahr für sie als zu hoch eingestuft wird. Zudem hat die EBU nun das Zeigen von palästinensischen Flaggen bei den ESC-Events verboten. Für Israelis gilt außerdem eine Reisewarnung für Malmö. Was außerdem für Aufsehen sorgte: Kurz vor ESC-Beginn fand in Malmö eine polizeilich genehmigte Koranverbrennung statt. Auch eine palästinensische Flagge soll in Brand gesteckt worden sein.
Ein neuer TV-Kommentator
Wer den ESC alljährlich im Fernsehen verfolgt, für den war lange Peter Urbans Stimme feste Begleiterin des Events. Im vergangenen Jahr hat er aber zum letzten Mal den ESC moderiert. Auf Urban folgt Radio- und Fernsehmoderator Thorsten Schorn, der in diesem Jahr die Halbfinals sowie das Finale kommentiert.
Anfang April wurde die neue Besetzung bekannt, Schorn sagte kurz darauf: “Als Deutschland 1982 mit ‘Ein bisschen Frieden’ gewonnen hat, war ich sechs und habe mich gefreut, als wären wir Fußballweltmeister geworden.” Er nehme das Fernsehpublikum in Deutschland an die Hand – “und gemeinsam erleben wir die größte Musikshow der Welt”.
Der 48-Jährige ist unter anderem als Radiomoderator beim Westdeutschen Rundfunk und Fernsehmoderator für ARD und RTL bekannt. Aus dem Off kommentiert er die Vox-Styling-Show Shopping Queen mit Guido Maria Kretschmer. Zudem hat er dem NDR zufolge bereits im Radio und TV bei verschiedenen Formaten zu früheren ESCs mitgewirkt.
Wer singt noch um die Trophäe?
In den Prognosen liegen zwei der diesjährigen Acts ganz vorn: Nemo mit The Code für die Schweiz und Baby Lasagna mit Rim Tim Tagi Dim für Kroatien. Die Siegchancen für Deutschland wurden zunächst als gut eingeschätzt, nach Isaaks Auftritt im Halbfinale am Dienstag fiel er jedoch in den Prognosen auf hintere Ränge. Diese Angaben sind jedoch wie immer wenig verlässlich.
Der Niederländer Joost Klein begeisterte bereits viele Menschen unter anderem auf Social Media. Er tritt mit seinem Song Europapa an. Und auch der britische ESC-Beitrag ist nicht unbekannt: Olly Alexander feierte bereits mit seiner ehemaligen Band Years & Years musikalische Erfolge. Beim ESC tritt er mit seinem Song Dizzy an.
Es gibt zudem ein gefeiertes Comeback: Luxemburg ist zum ersten Mal seit 31 Jahren wieder beim ESC dabei und schickt Sängerin Tali mit ihrem englisch-französischen Song Fighter ins Rennen. Australien, das seit 2015 an dem europäischen Wettbewerb teilnehmen darf, schied bereits im ersten Halbfinale am Dienstag aus. Russland ist seit dem Einmarsch in die Ukraine 2022 vom ESC ausgeschlossen und wird auch dieses Jahr nicht teilnehmen.
Altes Spiel mit neuen Regeln
In diesem Jahr gibt es mehrere Regeländerungen beim ESC. Die sogenannten Big Five treten nun auch schon im Halbfinale auf, obwohl sie den Finalplatz weiterhin sicher haben. Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien sind diese Big Five – die hauptsächlichen Geldgeberländer des ESC. Mit der neuen Regel sollen sie die Möglichkeit bekommen, genauso häufig aufzutreten, bei dem Wettbewerb Präsenz zu zeigen und ihren Song vor großem Publikum zu üben, wie die anderen Länder.
Neben den Big Five steht auch das Gastgeberland, in diesem Jahr Schweden, bereits sicher im Finale. Die restlichen 20 der insgesamt 26 Teilnehmerländer addieren sich aus den beiden Halbfinals: jeweils zehn kommen weiter.
Auch in der Punktevergabe gibt es erstmals Änderungen im Ablauf. Doch zunächst die bestehenden Regeln: Jedes teilnehmende Land stellt eine Jury aus fünf Expertinnen und Experten. Diese wählen ihre zehn Favoriten aus und vergeben Punkte von eins bis zwölf. Sowohl im Halbfinale als auch im Finale darf niemand der Expertinnen für das eigene Land stimmen. Dazu kommt das Televoting, die andere Hälfte der am Ende vergebenen Punkte. Es gibt den Zuschauenden die Möglichkeit, beim Endergebnis mitzubestimmen. Aus beiden Punkten, den der Experten und den des Publikums, addiert sich das Endergebnis.
Die Regeländerung im Voting bezieht sich auf die Dauer, in der Zuschauende ihre Stimme live abgeben können. Sie dürfen nun bereits ab dem ersten Auftritt zu Beginn des Events voten. Das soll das Televoting insgesamt fairer machen, da das Publikum bereits abstimmen kann, während die Eindrücke einzelner Beiträge noch präsent sind. Bisher war es so, dass erst nach dem kompletten Durchlauf aller Beiträge abgestimmt werden durfte.
Mit Material der Nachrichtenagentur dpa