EU-Lieferkettengesetz: Mehr Verantwortung für Unternehmen bei Kinder- und Zwangsarbeit
Weniger Kinder- und Zwangsarbeit und mehr Einsatz für das Klima: Mit dem EU-Lieferkettengesetz sollen große Unternehmen stärker verpflichtet werden. Deutschland unterstützt das Vorhaben nicht.
EU-Lieferkettengesetz: Mehr Verantwortung für Unternehmen bei Kinder- und Zwangsarbeit
Das Europäische Parlament hat in Straßburg das EU-Lieferkettengesetz abgesegnet. Das Vorhaben soll die Menschenrechte stärken und Unternehmen in die Pflicht nehmen, Berichte über ihren Einsatz für das Klima zu erstellen. Größere Firmen, die etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren, sollen stärker zur Rechenschaft gezogen werden können.
Dennoch hat es nur die abgeschwächte Form zur Abstimmung gebracht – das Gesetz gilt nicht mehr für Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz im Jahr, sondern für Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten und 450 Millionen Euro Umsatz. In den ersten Geltungsjahren sind die Grenzen, ab wann ein Unternehmen unter die Regeln fällt, noch höher.
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Verstöße gegen das Gesetz
Die EU-Staaten sollen zudem eine Aufsichtsbehörde benennen, die den Unternehmen auf die Finger schaut. Diese soll etwa Strafen gegen Unternehmen verhängen können, wenn diese sich nicht an die Vorschriften halten. Es können Geldstrafen von bis zu fünf Prozent des weltweiten Nettoumsatzes eines Unternehmens fällig werden. Die neuen Regelungen gehen in bestimmten Aspekten über das deutsche Lieferkettengesetz hinaus. Das deutsche Gesetz gilt jedoch schon für Unternehmen mit 1000 oder mehr Mitarbeitenden, der Umsatz ist irrelevant.
Kritische Stimmen aus Deutschland
Vor der Abstimmung hatten Vertreterinnen und Vertreter des Europaparlaments und der EU-Staaten hart um eine Verständigung gerungen. Ein erster Kompromiss fand zunächst keine ausreichende Mehrheit, daher wurde das Vorhaben nochmals abgeschwächt. Kritiker, wie etwa die deutsche FDP, äußerten die Sorge, dass Firmen durch das Gesetz zu stark belastet würden. Als der Beschluss in Brüssel gefasst wurde, enthielt sich Deutschland der Stimme.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht das EU-Vorhaben trotz der Änderungen kritisch. Diese seien aus Sicht der Wirtschaft zwar positiv zu bewerten, aber »auch leicht abgespeckt bleibt die EU-Lieferkettenrichtlinie wenig praxistauglich und wird viel Bürokratie mit sich bringen«, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian.
Anders sieht das der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Er hatte sich für das Vorhaben ausgesprochen. Deutschland könne ohne eine EU-Version des Gesetzes einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleiden, sagte er, weil die Reputation von Produkten »Made in Germany« sinken würde.