Estlands Regierungschefin spricht von „üblicher Einschüchterungstaktik“
Estlands Regierungschefin Kaja Kallas ist eine scharfe Kritikerin des russischen Angriffskriegs. Nun hat Moskau sie zur Fahndung ausgeschrieben und ihr mit weiteren Konsequenzen gedroht. Kallas lässt sich davon nicht beeindrucken: „Ich werde nicht schweigen“, betont sie.
Estlands Regierungschefin spricht von „üblicher Einschüchterungstaktik“
Die estnische Regierungschefin Kaja Kallas hat ihre Ausschreibung zur Fahndung durch Moskau als „übliche Einschüchterungstaktik“ Russlands verurteilt. „Das Vorgehen der Russischen Föderation ist nicht überraschend, da es sich um ihre übliche Einschüchterungstaktik handelt“, erklärte Kallas am Dienstag in Reaktion auf die Veröffentlichung ihres Namens auf einer Fahndungsliste des russischen Innenministeriums. Estland werde die Ukraine im Krieg gegen Russland weiterhin unterstützen und gegen die „russische Propaganda“ vorgehen, betonte die Ministerpräsidentin.
Kallas bezeichnete den Schritt Moskaus als „fingiert“. Sie zur Fahndung auszuschreiben, sei der Versuch, „Estland zum Schweigen zu bringen“. „Ich werde nicht schweigen, ich werde die Ukraine weiterhin nachdrücklich unterstützen und für eine Stärkung der europäischen Verteidigung eintreten“, betonte die Regierungschefin.
Russland habe seine Instrumentenkästen nicht verändert und im Laufe der Geschichte seine Repressionen immer hinter sogenannten Strafverfolgungsbehörden verschleiert, schrieb Kallas in dem sozialen Netzwerk X. „Ich weiß das aus meiner Familiengeschichte. Als meine Großmutter und meine Mutter nach Sibirien deportiert wurden, erließ der KGB den Haftbefehl.“
Das russische Innenministerium hatte im Internet eine Fahndungsliste mit den Namen unter anderem von Kallas, dem litauischen Kulturminister Simonas Kairys und dem estnischen Staatssekretär Taimar Peterkop veröffentlicht. Demnach wird die estnische Regierungschefin, von der auch ein Fahndungsfoto veröffentlicht wurde, in Russland wegen „einer Strafsache“ gesucht. Welche Straftat ihnen vorgeworfen wird, war aus den Daten nicht ersichtlich.
Der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, sagte in Moskau, Kallas würden feindselige Handlungen gegen Russland und die „Schändung des historischen Gedächtnisses“ vorgeworfen. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass zitierte eine Quelle mit der Aussage, den dreien werde „die Zerstörung von Denkmälern für sowjetische Soldaten“ vorgeworfen.
Infolge der seit zwei Jahren andauernden russischen Offensive in der Ukraine sind die Beziehungen zwischen Moskau und den baltischen Staaten äußerst angespannt. Kallas ist eine der schärfsten Kritikerinnen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie steht in Estland seit Januar 2021 an der Spitze der Regierung. Die baltischen Staaten hatten sich schon für unabhängig von der Sowjetunion erklärt, bevor diese Ende Dezember 1991 aufhörte zu existieren.
In Estland, Litauen und Lettland stehen hunderte sowjetische Kriegsdenkmäler. Mit dem Beginn des Ukraine-Krieges gibt es inzwischen verstärkt Bemühungen zu ihrem Abbau.