SEZ-Investor Rainer Löhnitz legt sich mit Berliner Senat an: „Von Abriss kann keine Rede sein“

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Zankapfel seit mehr als 20 Jahren: das SEZ an der Landsberger Allee.

Auf der Website des SEZ ist es derzeit nicht zu übersehen. Gleich auf der Startseite prangt eine Ansage in Großbuchstaben: „Wir bleiben!“ Und direkt darunter steht: Von sofortigem Abriss des Sport- und Erholungszentrums könne „keine Rede sein“.

Das ist eine klare Ansage in Richtung Senat. Der hatte – die Berliner Zeitung berichtete vor einer Woche zuerst darüber – auf eine Anfrage des Linke-Politikers Damiano Valgolio, ob der Senat einen Abriss oder Teilabriss der Gebäude beabsichtige, geantwortet: „Die Umsetzung des Bebauungsplans wird den Abriss des gesamten Gebäudebestands erfordern.“

Auf dem Areal beabsichtigt der Senat einen „gemischt genutzten Standort mit hohem Wohnanteil“ zu entwickeln, geplant sind eine Schule, Sportanlagen und der Bau von rund 500 Wohnungen. Der Bebauungsplan, der seit 2018 festgesetzt ist, schreibe auch vor, „dass mindestens 30 Prozent der zu errichtenden Wohnungen für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen vorzusehen sind“.

Doch kann der Senat überhaupt auf das SEZ zugreifen, das die Stadt im Jahr 2003 für einen symbolischen Euro an den Leipziger Investor Rainer Löhnitz verkauft hatte? Die Finanzverwaltung verwies zuletzt auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom November 2023, nach dem das Land Berlin wieder über das Grundstück an der Ecke Landsberger Allee/Danziger Straße verfügen und dieses neu entwickeln kann.

Seit 2016 wurde vor Gericht verhandelt, ob Löhnitz seine vertraglichen Pflichten eingehalten hat. In erster Instanz verlor das Land Berlin vor dem Landgericht – die Richter befanden, dass der Investor seinen Verpflichtungen durchaus entsprochen habe. 2022 kam dann die Kehrtwende: Das Berliner Kammergericht entschied, dass der Investor das SEZ-Gelände an das Land zurückgeben muss. Eine hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Investors hatte der BGH nun abgewiesen. Damit bleibt das Urteil des Kammergerichts bestehen.

Eigentlich eine klare Sache, sollte man meinen. Doch noch ist das Grundstück nicht wieder an das Land übergeben worden. Auch wie und wann genau der Abriss und der Neubau auf dem Areal vonstattengehen sollen, steht bislang nicht fest. Das Land Berlin befinde sich dazu in Gesprächen mit der Wohnungsbaugesellschaft WBM, heißt es in der Antwort auf die Anfrage des Linke-Politikers. Auch Überlegungen im Hinblick auf eventuelle Zwischennutzungen des Geländes bis zum Abriss seien noch nicht abgeschlossen.

Dass die Geschichte trotz des Gerichtsurteils noch nicht zu Ende ist, liegt an Rainer Löhnitz. Er betont, er sei immer noch der Eigentümer. Und: Er werde „dafür sorgen, dass das SEZ immer stehen bleibt und das Urteil wieder aufgehoben wird“, sagte Löhnitz der Berliner Zeitung am Donnerstag.

sez-investor rainer löhnitz legt sich mit berliner senat an: „von abriss kann keine rede sein“

Investor Rainer Löhnitz, hier eine Aufnahme aus dem Jahr 2018.

So ist wohl auch der Umstand zu verstehen, dass der Gebäudekomplex samt Grundstück auf der Website nach wie vor als Veranstaltungsort angeboten wird. Das SEZ kann unter anderem für Ausstellungen, Konferenzen, Filmdrehs und Firmen-Events gemietet werden. Zuletzt drehte ZDFneo dort monatelang eine Krankenhausserie. Man freue sich weiter über Anfragen für Filme, Events und mehr, heißt es auf der Website.

Löhnitz spricht viel von arglistiger Täuschung, davon, dass die Berliner „vom ersten Tag an von den Medien und der Politik belogen worden“ seien. Er habe Anfang Januar eine Restitutionsklage eingereicht, geht also rechtlich weiter gegen die Stadt vor. Noch immer beharrt er darauf, mit ihm sei nie verhandelt worden, dass er ein Schwimmbad im SEZ aufzubauen habe. „Ich habe mich in keinem Vertrag zu derartigem verpflichtet“, so Löhnitz. Auch sei ihm von seinem Vertragspartner, dem Land Berlin, bis heute kein Vertragsstrafenverstoß angezeigt worden.

Seine Geschäfte wird der Eigentümer wohl bis auf Weiteres fortsetzen können, denn eine Räumungsklage des Landes Berlin hat das Kammergericht Berlin abgelehnt. Auch das ist prominent auf der SEZ-Website zu sehen.

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Diese Zeiten sind lange vorbei: Badespaß im SEZ.

Darauf angesprochen, dass das einstige DDR-Vorzeigespaßbad, 1981 von Honecker persönlich eröffnet, seit Jahren verfällt, dass auf dem Areal nichts passiert, reagiert Löhnitz prompt: Er sei seit 2013 an jeder baulichen Veränderung gehindert worden. Vorher habe er durchaus investiert, Löhnitz spricht von Millionensummen. „Ich habe ein Sport- und Freizeitangebot für die Berlinerinnen und Berliner umgesetzt, und das ohne Zuschüsse.“ Er habe das Objekt 2003 mit dem Ansatz übernommen, das SEZ ohne öffentliche Gelder wirtschaftlich zu betreiben, sei aber seit dem ersten Tag daran gehindert worden.

So habe er zwischenzeitlich geplant, einen Wohnmobilstellplatz für Touristen auf dem Gelände zu etablieren. Das sei „gezielt verhindert worden“. Er werde durch alle Instanzen gehen, kündigt Löhnitz noch an, und alles anfechten, was anzufechten sei. Um das SEZ und seine eventuelle Wiederertüchtigung als Freizeitort für alle Berlinerinnen und Berliner scheint es dabei aber gar nicht mehr zu gehen: „Mein Ziel ist, zu überprüfen, leben wir in einem Rechtsstaat oder nicht.“

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