Erhöhte Nachfrage nach Apfelessig – weil viele damit abnehmen wollen
Statt nur in Salatsaucen kommt Obstessig aus Äpfeln zunehmend als Kreislaufankurbler zum Einsatz. Im Wasser verdünnt schmeckt er aber nicht so gut wie als Drink.
Apfelessig pur trinken, wird nicht empfohlen. Besser ist es, ihn mit Wasser zu verdünnen. Oder warum nicht gleich ein Apérogetränk daraus kreieren?
In Ballettstudios war er schon vor Jahren ein Thema, heute mischt ihn die Kollegin mit Sirup ins Velo-Bidon, Tausende von Tiktokern strecken Flaschen davon in die Kamera, und auch die Designerin Victoria Beckham trinkt ihn: den Apfelessig.
Viele starten ihren Tag damit: Zwei Kaffeelöffel in einem Glas Wasser verdünnt auf nüchternen Magen sollen den Kreislauf, die Verdauung und die Darmtätigkeit anregen. Weil der Essig helfe, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten, wird er sogar als Wundermittel zum Abnehmen angepriesen.
Wirkung umstritten
Die «Heilsversprechen» des Hausmittelchens sind zahlreich, wissenschaftlich belegt ist hingegen wenig. Zwar war kürzlich von einer libanesischen Studie mit 120 übergewichtigen Probandinnen und Probanden zu lesen, von denen die einen zwölf Wochen lang ein Essigwasser auf nüchternen Magen tranken und die anderen ein Placebo mit Milchsäure.
Diejenigen aus der Apfelessig-Gruppe verloren fünf bis sieben Kilogramm, während die Placebo-Teilnehmenden ungefähr gleich schwer blieben. «Apfelessig könnte ein aussichtsreiches Abnehmmittel sein, das keinerlei Nebenwirkungen hat», schreiben die Autoren um Rony Abou-Khalil von der Holy Spirit University of Kaslik.
Allerdings ist die Studie mit nur 120 Personen gering, zudem schreiben die Autoren selbst, dass aufgrund der Studiendauer von zwölf Wochen Langzeiteffekte nicht betrachtet werden konnten. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat ihrerseits festgestellt, dass es für eine verdauungsfördernde Wirkung von Apfelessig keine ausreichenden Belege gibt.
Switchel und Shrub
Die nicht ganz so klaren Resultate scheinen die Konsumentinnen und Konsumenten hingegen nicht zu kümmern: Der Apfelessig wird rege gekauft, beispielsweise bei Coop. «Wir können diesen Trend bestätigen. Auch in diesem Jahr verzeichnen wir eine erhöhte Nachfrage», sagt Mediensprecher Caspar Frey. Anders klingt es bei Aldi, wo man keine höhere Nachfrage nach Apfelessig verspüre. Migros und Lidl liessen die Anfragen unbeantwortet.
Switchel stammt ursprünglich aus der Karibik und ist ein überraschendes Erfrischungsgetränk.
Der Apfel scheint eine andere Frucht abzulösen: die Zitrone. Viele pressten als saures Morgenritual diese Frucht aus, um in die Gänge zu kommen. Beim Apfelessig werden Äpfel zu Apfelwein gekeltert. Dieser wird danach unter Zusatz von Essigsäurebakterien zu Apfelessig fermentiert. In naturtrübem Essig sind mehr Vitamine drin als beim klaren, wenn auch deutlich weniger als in einem unverarbeiteten Apfel.
Über den Geschmack von verdünntem Apfelessig lässt sich streiten. Aber kombiniert mit Zitrone kann daraus etwas Leckeres entstehen: Switchel. Zum Abnehmen taugt er zwar bedingt, aber schmecken tut er dafür besser. Dazu 100 g Ingwer in Scheiben im 1,5 Liter Wasser aufkochen, abkühlen lassen, Ingwer entfernen, den Saft von drei Zitronen dazugeben, 80 g Honig verrühren und 80 ml Apfelessig dazugiessen. In Flaschen abfüllen und im Kühlschrank lagern. Switchel könne kalt oder warm konsumiert werden, schreibt die Plattform Fairment, von der das Rezept stammt.
Beim Shrub darauf achten, dass die Früchte aus biologischem Anbau kommen. Das war bei diesen Himbeeren nicht der Fall.
Ein weiterer Essig-basierter Drink, der gut zum Sommer passt, ist Shrub. Dafür braucht es Früchte wie Äpfel, Aprikosen oder Beeren in Bioqualität. Diese klein schneiden und in ein Glas mit Deckel schichten. Mit 400 ml Apfelessig auffüllen, bis alles bedeckt ist. Glas mit dem Deckel verschliessen und an einem dunklen Ort zwei Wochen ziehen lassen. Täglich schütteln, um die Gefahr der Schimmelbildung zu verringern. Dann den Fruchtessig absieben und mit 400 g Zucker in einem Topf bei kleiner Hitze erwärmen. Wenn sich der Zucker aufgelöst hat, vom Herd nehmen und in saubere Flaschen abfüllen.
Wer Apfelessig überhaupt nicht mag, könnte damit seine Haare behandeln. Denn auch gegen Spliss und Trockenheit soll er helfen. Falls das alles suspekt klingt, dann einfach nur in Salatsaucen verwenden. Oder als Putzmittel.
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