BSW und Europawahl: Wagenknecht spaltet

bsw und europawahl: wagenknecht spaltet

Parteigründerin Wagenknecht am 8. Januar bei der Pressekonferenz zur Gründung des BSW in Berlin mit der Ko-Vorsitzenden Amira Mohamed Ali und Generalsekretär Christian Leye

Mit dem Entwurf für ihr Europawahlprogramm zeigen Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter, dass sie mehr sind als nur die fünfte Kolonne Moskaus. Ihr „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) will nicht nur Putin den Stopp aller westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine anbieten, um ihn an den Verhandlungstisch zu bringen, also „Frieden“ um fast jeden Preis. Es will auch das Europa abschaffen, wie wir es kennen.

Vieles in dem Programmentwurf liest sich wie eine Generalabrechnung mit den europäischen Institutionen. Die EU in ihrer derzeitigen Verfassung schade der europäischen Idee, heißt es unter anderem. Von einer „Regelungswut der EU-Technokratie“ ist die Rede und von einem Europa, das ein „Vasall der USA“ sei. Die europäische Integration hält das Bündnis für gescheitert; es will die Union drastisch zurückbauen und lehnt eine EU-Erweiterung ab. Stattdessen sollen die Nationalstaaten wieder wichtiger werden. Das BSW plädiert gar dafür, sich nicht an EU-Vorgaben zu halten, wenn diese „wirtschaftlicher Vernunft, sozialer Gerechtigkeit, Frieden, Demokratie und Meinungsfreiheit zuwiderlaufen“. Damit ruft es offen zum Widerstand gegen die EU auf – wenn das Schule machte, wäre die am Ende.

Spalten und Misstrauen säen

Dabei hat Wagenknechts Partei mit mancher Kritik durchaus recht. Es stimmt, dass die EU mitunter zu träge und ineffizient ist; dass sie zu viele Regeln aufstellt und vieles intransparent ist. Das lädt zu Korruption ein, wie der Skandal im Europaparlament gezeigt hat. Auch die Auffassung, die politische Integration sei an ihre Grenzen gelangt und die Union dürfe nicht weiter wachsen, kann man vertreten. Wagenknechts Partei hat auch durchaus einen Punkt, wenn sie Politiker und Journalisten mit zu viel Sendungsbewusstsein kritisiert.

Doch sie geht weit über diese inhaltliche Ebene hinaus. Sie wiegelt gegen Eliten auf. Sie zeichnet das Bild eines selbstsüchtigen Europas der „Banken und des Big Business“, in dem Politiker, Konzerne und Medien die Menschen manipulieren. Und sie hält es für geboten, dass die Bürger nun dagegen aufbegehren. Wer den Programmentwurf liest, bekommt Zweifel, dass Wagenknechts Partei die EU nur reformieren möchte, so wie sie es behauptet. Es wirkt eher so, als wolle sie sie zersetzen.

Gleiches gilt für die Kritik an Politikern und Journalisten. Denen unterstellt sie die „Attitüde eines modernen Wahrheitsministeriums“ und suggeriert so, dass sie vorsätzlich lügen. Damit schürt die Partei Misstrauen gegenüber dem Gemeinwesen. Sie wandelt also auf den Pfaden der AfD. Da ändert es auch nichts, wenn sich Wagenknecht jeden zweiten Tag von ihr distanziert. Genauso wie von ihrem Kontakt zu dem rechtsextremen Aktivisten Gernot Mörig, der das Geheimtreffen in Potsdam organisierte, auf dem es um Massendeportationen ging. Von dessen Gesinnung will sie nichts gewusst haben.

Ihr Bündnis wandelt aber auch noch auf den Pfaden eines anderen Spalters: Donald Trumps. Auch er wiegelt die „einfachen Amerikaner“ gegen ein angeblich korruptes Establishment auf. Und auch er macht die Institutionen der Demokratie verächtlich. Kein Wunder, dass die Bürger ihnen irgendwann selbst misstrauen.

Das BSW unterscheidet sich in vielem von der AfD. Es ist zum Beispiel nicht in Teilen gesichert rechtsextremistisch. Eine Beruhigung ist das nicht. Den Beweis hat Wagenknecht erbracht.

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