Winterthurer Familie reist mit Kindern und Piano im Bus durch Mittelamerika: «Jeder Tag ist ein Geheimnis»

Gabriella Sieber (47) und René Loosli (49) aus Winterthur ZH sind seit 2022 mit ihrem VW-Bus und ihren drei Kindern in Mittelamerika unterwegs. Was bei ihrer Reise nicht fehlen darf: das Piano von Sohn Jembé (12).

winterthurer familie reist mit kindern und piano im bus durch mittelamerika: «jeder tag ist ein geheimnis»

«Jeder Tag ist ein Geheimnis»

Während wir in der Schweiz frieren, erwarten René Loosli und Gabriella Sieber und ihre drei Kinder in Mexiko Temperaturen bis zu 32 Grad. Ende 2022 hat die Familie ihr Miethaus in Winterthur untervermietet und ist seither in Mittelamerika mit VW-Bus und Zelt unterwegs.

Momentan befinden sie sich in Bacalar, das etwa fünf Stunden südlich von Cancún liegt. Hier wohnen sie in einem gemieteten Häuschen. «In Bacalar sind wir nicht zum ersten Mal auf unserer Reise. Wir sind wieder hierhergekommen, weil hier viele Künstler und Artisten sind und wir viele Kontakte geknüpft haben», erzählt Gabriella Sieber im Telefongespräch mit Blick.

Pianospiel des Juniors sorgt für Aufmerksamkeit

In Mexiko ziehen die Schweizer viel Aufmerksamkeit auf sich. Das liegt vor allem an Sohn Jembé (12). Im VW-Bus der Familie steht sein Piano. Der Sohn spielt überall, wo es ihm gefällt, und rührt mit seinem Klavierspiel Zuschauer oft zu Tränen. «Die verrückte Idee, mit dem Piano zu reisen, entstand durch das Supertalent von Jembé, der in der Schweiz in Hochgeschwindigkeit autodidaktisch das Klavierspiel erlernte und damit alle überrascht hat», erklärt Vater René Loosli.

Inzwischen wird Jembé auch oft für Auftritte in Musikclubs, Restaurants oder für Veranstaltungen auf der Reise mit seiner Familie angefragt – allein oder mit anderen Artisten. Wenn Jembé am Strand, auf dem Markt oder sonst wo Geld für sein Klavierspiel erhält, kommt es ins «Kässeli» des Zwölfjährigen. Am liebsten spielt er aber spontan in Parks und Naturkulissen.

Auch wenn er weit herum als «Supertalent» bezeichnet wird, nimmt Jembé den Rummel um seine Person gelassen. Für ihn steht nur sein Klavierspiel, das er gern mit anderen teilt, im Mittelpunkt. Er sieht Musik als verbindendes Element zwischen Menschen. «Ich freue mich einfach, wenn meine Musik den Menschen gefällt», sagt er. Dass sie gefällt, ist offensichtlich, denn in den sozialen Medien findet sein Klavierspiel grossen Anklang und Fremde teilen Videos vom Schweizer Bub am Klavier.

Nur zögerlich und nach Bedenkzeit haben die Eltern auf Anfrage von Blick einer Veröffentlichung ihrer Geschichte zugestimmt. Ein Herzensprojekt sei ihre Reise auf unbestimmte Zeit, ohne konkrete Planung, die sie ungestört verbindend als Familie unternehmen möchten.

Keineswegs möchten sie Jembé vermarkten. «Das Klavierspiel ist seit drei Jahren seine Passion, und er spielt stundenlang für sich. Er darf selber nach Gefühl entscheiden, wann und wo er spielen möchte. Diesen wertvollen Raum und unsere Unterstützung für seine musikalische Entfaltung hat er auf unserer Reise», erklärt der Vater, der den Lebensunterhalt für die Familie online als digitaler Nomade verdient.

Kurze Planung für lange Reise

«Wir funktionieren relativ spontan und haben nur etwa drei Monate Vorbereitungszeit für die Reise gebraucht, um die Kinder in der Schule abzumelden, die Tickets zu buchen und Untermieter für unser Haus zu suchen», sagt Gabriella Sieber lachend. Sie und ihr Lebenspartner waren lange als Flugbegleiter tätig. Sie sehen sich nach vielen Reisen als Weltenbürger und verstehen Reisen auch als Bildung und Lebensschule.

Während die Eltern mit den Kindern Muendo (15), Jembé (12) und Anuhea (7) einfach Flugtickets für die Reise buchen konnten, stellte der Transport des Klaviers mit dem VW-T5-Bus eine grössere finanzielle und praktische Herausforderung dar. Dank eines Crowdfunding und einem kreativen Kniff, indem das Klavier als Campingbett verkleidet wurde, fand sich ein Unternehmen, das bereit war, den Bus mit dem «getarnten» Klavier nach Veracruz zu verschiffen.

Das Piano war auch auf der Reise durch Mexiko schon mehrfach eine Herausforderung. «Jedes Mal, wenn wir von einem Ort zum nächsten weiterreisen mit all unserem Gepäck und dem Piano, ist es richtig eng im Bus», sagt die Mutter lachend.

Überhaupt waren die Familie und ihr Umfeld anfänglich skeptisch, die geplante Reise mit dem wertvollen Piano nach Mittelamerika zu unternehmen. Den Anstoss, den verrückten Plan tatsächlich umzusetzen, gab ein Klavierbauer aus Winterthur, der von der Idee begeistert war und seine Unterstützung anbot. «Mit ihm stehen wir in Kontakt, und dank ihm kann Jembé sein Piano inzwischen auch selber stimmen, auseinanderbauen und wieder zusammenstellen», so Loosli.

Schulstoff lernen auch in der Ferne

Ein wichtiges Thema auf der gesamten Reise ist die schulische Bildung der Kinder. «Es ist ein täglicher Balanceakt, mit dem wir uns intensiv auseinandersetzen. Wir passen unser System auch immer wieder an», erklärt die Mutter. Ihre Kinder lernen klassischen Schulstoff aus Schulbüchern oder auch online und waren auch schon in einer Schule in Mexiko.

Daneben lernen die drei Kinder genauso viel aus dem alltäglichen Leben auf der Reise, durch Kontakt mit der lokalen Bevölkerung, Begegnungen mit Expats und allem, was die Natur und Kultur, der jeweilige Standorte zu bieten hat.

Statt nur Mathe büffeln, erarbeiten die Kinder Schachstrategien, entwickeln komplexe Kartentricks, bauen architektonische Modelle, üben sich in der Kunst von Origami oder basteln und verkaufen eigene Kunstwerke wie gesprayte Bilder an ihrem eigenen Verkaufsstand zusammen. «Sie sollen das tun, wofür sie brennen und das tun sie aus eigenen Antrieb, mit Leidenschaft, Ehrgeiz und Kreativität», sagt die Mutter.

Während Muendo das Segeln für sich entdeckt hat und mit einem Argentinier aus dem Nationalteam segelt, übt sich Tochter Anuhea mit Leidenschaft am Vertikaltuch in Akrobatik und hat mit Geigenspielen angefangen.

«Mich würde es freuen, wenn ich mit meiner Schwester zusammen Musik machen könnte», sagt Jembé, der auch schon von Friedensbotschaftern der Ureinweinwohner geehrt wurde und als Inspiration an eine Friedenskonferenz in Schweden eingeladen wurde. Zeitlich passte das aber nicht, wegen des Aufenthalts der Familie in Mexiko. Stattdessen konnte Jembé an Weihnachten für Kinder in einem mexikanischen Kinderheim spielen. «Das war Jembés Weihnachtswunsch. Statt ein eigenes Geschenk zu erhalten, wollte er seine Musik schenken, für Kinder, denen es nicht so gut geht», erzählt seine Mutter.

Keine Pläne für eine Heimkehr

Wie lange die Winterthurer Familie weiter durch Mittelamerika reist und wann sie in die Schweiz zurückkehren, lassen sie offen.

Gabriella Sieber: «Jeder Tag ist ein Geheimnis. Nichts ist bei uns geplant. Alles passiert nach Intuition und ist reine Herzenssache.» So wie das Klavierspiel von Jembé – ohne Noten, aus dem Bauch, unperfekt, dafür berührend, mit Herz und Leidenschaft.

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