Im Streik um Zuschläge für Mehrarbeit ist keine Verständigung in Sicht. Vor den nächsten Verhandlungen am 21. Februar droht ein Warnstreik.
Beschäftigte der Mitteldeutschen Flughafen AG gehen während eines Warnstreiks durch den Flughafen Leipzig/Halle.
Faires Angebot oder Bluff im Verhandlungspoker? Vergangene Woche haben die Arbeitgeber in der Luft- und Flughafensicherheit auf den Streik vom 1. Februar an elf Flughäfen reagiert und sich „deutlich auf die Gewerkschaften zubewegt“. Verdi indes erkennt kaum Bewegung und berät das Vorgehen in den nächsten Tagen. Zwischen Karneval und dem Verhandlungstermin am 21. Februar ist ein weiterer Warnstreik wahrscheinlich, wie die Erfahrung aus 2023 zeigt: Anfang des Jahres streikten die Flughafenkontrolleure sechsmal. Und jetzt liegt der Hauptkonfliktpunkt erneut auf dem Tisch: Zuschläge für Mehrarbeit.
Die Luftsicherheits- und Serviceunternehmen an den Flughäfen, darunter Securitas, Wisag und Gegenbauer, beschäftigen 25.000 Personen. Verdi fordert für sie eine Erhöhung der Stundenlöhne um 2,80 Euro sowie die Zahlung von Überstundenzuschlägen ab der ersten Stunde Mehrarbeit. Der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) bietet 1,84 Euro in zwei Schritten über zwei Jahre, sowie einen Mehrarbeitszuschlag von 30 Prozent – aber nicht ab der ersten Stunde. Würde die Verdi-Forderung 1:1 umgesetzt, kostete das rund 250 Millionen Euro, rechnet der BDLS vor. Fliegen würde teurer.
Die Stundenlöhne der häufig angelernten Servicekräfte an den Flughäfen seien niedrig gewesen und dazu Teilzeit weit verbreitet, sodass die Beschäftigten gerne und ohne Zuschläge Mehrarbeit geleistet hätten, erläutert Wolfgang Pieper, Verhandlungsführer der Gewerkschaften, die historische Ursache des Problems. Die zusätzlichen Arbeitsstunden werden normal vergütet, aber eben ohne Zuschläge. Das akzeptieren die Arbeitnehmer nicht mehr.
„Wir haben uns vor einigen Jahren mit den Gewerkschaften darauf verständigt, für Beschäftigte ein Jahresarbeitszeitkonto einzurichten, um Monate mit geringer und solche mit erhöhter Auslastung ausgleichen zu können“, argumentiert dagegen Frank Haindl, der für die Arbeitgeber die Tarifverhandlungen führt. „In verkehrsschwachen Zeiten erhalten die Beschäftigten trotz geringerer Arbeitsstunden ihr volles Monatsentgelt.“ Der Ausgleich des Arbeitszeitkontos erfolgt dann in verkehrsstarken Zeiten wie den Sommerferien. „Die Gewerkschaften möchten nun den 30-Prozent-Zuschlag auf die ‚Ausgleichsstunden‘ erzwingen“, sagt Haindl, und damit das System des atmenden Arbeitszeitkontos zerstören.
„Bis zu 384 Stunden kann die Arbeitgeberseite überplanen, ohne dass ein Zuschlag bezahlt wird“, beschreibt wiederum Fred-Uwe Fleischer das System. Fleischer arbeitet für Marktführer Securitas am Flughafen BER. Er kommt auf die 384 Stunden bei einer Vollzeitkraft im Jahr, da 20 Prozent der Regelarbeitszeit zuschlagsfrei erfolgen kann. Weil die Arbeitgeber mit dem Tarifangebot bislang erheblich unter den Erwartungen geblieben seien, „muss die nächste Runde folgen“, sagt Fleischer. Mit der „nächsten Runde“ ist ein weiterer Warnstreik gemeint.
Am Ende werden sich die Parteien in den Verhandlungen auf einen Zeitpuffer verständigen, der zuschlagsfrei bleibt und der kleiner ist als derzeit. Im vergangenen Jahr boten die Arbeitgeber Zuschläge ab der 29. Stunde Mehrarbeit im Monat an, die ersten 28 Stunden blieben also zuschlagsfrei. Das war für Verdi, vor allem mit Blick auf die vielen Teilzeitbeschäftigten, nicht verhandelbar. Der Arbeitskräftemangel stärkt die Verhandlungsposition der Gewerkschaft.
Hoher Krankenstand
In der Coronazeit haben sich viele Flughafenbeschäftigte andere Jobs gesucht, und die schwierigen Arbeitsbedingungen erschweren das Schließen der Lücken. Von einem Krankenstand um die 20 Prozent berichtet Fred-Uwe Fleischer, der sich im Securitas-Betriebsrat engagiert. Knapp 1800 Personen beschäftigt das Unternehmen am BER, weitaus die meisten hätten sich vor zehn Tagen am ersten Warnstreik beteiligt. Fortsetzung folgt.
Der Stundenlohn sei in der zertifizierten Luftsicherheitskontrolle in den vergangenen fünf Jahren von 16,65 auf 20,60 Stunden gestiegen, wirbt der Arbeitgeberverband an. Allein in den vergangenen beiden Jahren hätten die Unternehmen Mehrbelastungen von 18 Prozent verkraften müssen, doch das ließen „die Gewerkschaften bei den Verweisen auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten komplett unter den Tisch fallen“, klagt BDLS-Mann Haindl. Bis zu einer Verständigung bleiben ihm noch gut fünf Wochen. Dann beginnt der Osterverkehr.
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