Briefe an die Herausgeber vom 26. Januar 2024

briefe an die herausgeber vom 26. januar 2024

Eine französische Haubitze vom Typ „Caesar“ auf dem Luftwaffenstützpunkt in Mont-de-Marsan

Die Panzerhaubitze fährt selbst

In dem Artikel „Frankreich produziert 78 Haubitzen für Kiew“ (F.A.Z. vom 19. Januar) zitiert Ihre Pariser Korrespondentin einen ukrainischen Kommandeur, der gesagt habe, dass die deutschen Panzerhaubitzen des Typs 2000 wesentlich schwerer seien als der französische Typ namens Caesar und nach dem Abbau hinter eine Zugmaschine gehängt werden müssten. Daran stimmt, dass die deutsche Panzerhaubitze 2000 mit knapp 50 Tonnen Leergewicht deutlich schwerer ist als die französische Caesar-Haubitze mit knapp 18 Tonnen. Doch auch die Panzerhaubitze 2000 ist eine gepanzerte Selbstfahrlafette (auf einer Weiterentwicklung des Fahrgestells des Kampfpanzers Leopard 2) und muss deswegen zum Stellungswechsel weder abgebaut noch von einer Zugmaschine gezogen werden. Gerade in schwerem Gelände dürfte sie der Caesar-Haubitze auf einem handelsüblichen Radfahrzeug daher deutlich überlegen sein. Die Bundeswehr hat ihre gezogenen Feldhaubitzen 155-1 im Zuge der starken Reduzierung ihrer Artillerie schon lange ausgemustert und entweder demilitarisiert oder an NATO-Partner abgegeben. Thomas Krause, Oberstleutnant a.D., Sigmaringen

Motivierte Schweizer Jugendliche

Immer wieder schaue ich gern in die Beiträge „Jugend schreibt“ (F.A.Z., Montagsausgaben). Dabei fällt mir auf, dass überproportional – gemessen an der Bevölkerung der deutschsprachigen Staaten – viele Beiträge von Schweizer Jugendlichen gedruckt werden. So auch wieder zwei von drei Beiträgen in der Ausgabe vom 22. Januar. Ich frage mich natürlich, woran das liegen kann: Neben der geringen Wahrscheinlichkeit „Zufall“ mag es an der höhergradigen Motiviertheit Schweizer Jugendlicher liegen, derartiges Material einzureichen, an „Werbung“ und möglichen Anreizen in der Schule, an der schulischen Ausbildung, Essays zu verfassen, an Charakterzügen Schweizer Jugendlicher oder an den gewählten Themen, die ein bisschen, aber nicht allzu viel Fremdartiges repräsentieren. Vermutlich ist es eine Mischung mehrerer Komponenten. Professor Dr. Hans J. Markowitsch, Baden-Baden

So unterkomplex sind die Gläubigen nicht

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck antwortete im Interview „Vertrauen gewinnt man nicht einfach zurück“ (F.A.Z. vom 5. Januar) auf den Denkanstoß von Reiner Burger und Thomas Jansen, dass in der Wahrnehmung auch vieler Katholiken die Unterschiede zwischen den Konfessionen immer mehr verschwömmen: „Das ist vollkommen unterkomplex. Wir müssen ja die verfasste Kirche betrachten. Die Trennung der Kirche durch die Reformation wurde unter theologischen und rechtlichen Perspektiven angegangen, die den Menschen heute wenig eingängig sind.“ Für so unterkomplex sollte Bischof Overbeck die heutigen Gläubigen nicht halten. Wie um 1500 haben viele Menschen auch heute das Gefühl, in einer Krisenzeit zu leben. Das damals von den Seelenmessen lebende Klerikerproletariat gibt es nicht mehr. Der hohe Klerus häuft keine Pfründe mehr an. Der Staat übernimmt die Besoldung. Der Antiklerikalismus, eine Ursache in der Frühphase der Reformation, speist sich heute aus den Missbrauchsfällen, die geistlichen Herren angelastet werden. Der Lebensstil bestimmter Kleriker überzeugt nicht mehr. Den Menschen von heute ist sehr wohl „eingängig“, dass die Schrift authentischer ist als die katholische Tradition, dass allein der Glaube zählt und dass jeder eine Selbstverantwortung für das eigene Seelenheil hat, um nur einige der Lehren Luthers zu nennen. „Vertrauen gewinnt man nicht einfach zurück.“ Bischof Overbeck hat recht. Nicht durch Unterschätzung des kirchlichen „Fußvolkes“, sondern in der Annahme, dass ihm heute mehr eingängig ist als vor über 500 Jahren, auch unter theologischen und rechtlichen Perspektiven. Sigrid Hornung-Gilbert, Münster (Hessen)

Ein großes Herz

Zu „Zurück nach Breslau“ von Clemens Haustein (F.A.Z. vom 20. Januar): Der bekannte Werbespruch dieser Zeitung „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“ hat einen Ergänzungsspruch verdient: „Dahinter steckt immer ein großes Herz.“ In bewegenden Worten hat Clemens Haustein die Rückkehr des großen Pianisten und Dirigenten Christoph Eschenbach in seine ehemals schlesische Heimatstadt Breslau, das heutige polnische Wrocław, kommentiert. Kein Leser wird wohl die Szene vergessen, wie das durch die Kriegsereignisse traumatisierte und verstummte Waisenkind seine Sprache wiedererlangte, als es gefragt wurde, ob es Klavier spielen lernen möchte. Unsere guten Wünsche begleiten den Maestro in seine alte Heimat und neue Wirkungsstätte. Wieland Hartwich, Studiendirektor i. R., Speyer

Ein neuer Bundschuh?

Zu „Wer soll hier gehängt werden?“ (F.A.Z. vom 9. Januar): In seinen Ausführungen zur drastischen Ästhetik und Symbolik der aktuellen Bauernproteste in Deutschland vergisst Simon Strauß eine von den hängenden Gummistiefeln und anderem zu sehenden Schuhwerk ausgehende Assoziation: Soll hiermit nicht vielmehr eine neue, zeitgemäße Spielart des „Bundschuhs“ ausgedrückt werden, jenes ländlichen Kleidungsstücks, unter dessen Banner im ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert Bauern am Oberrhein wiederholt – und letztlich ohne Erfolg – gegen die Obrigkeit und die Zumutungen der Leibeigenschaft aufbegehrten? Die Kenntnis dieser historischen Ereignisse bei der elsässischen Landjugend, im Artikel als Ideengeber genannt, ist nicht auszuschließen. Zugleich symbolisierte der Bundschuh einst die vom Kopf auf die Füße gestellten Herrschaftsverhältnisse. Auch aus dieser historischen Warte betrachtet, bleibt hier eine (gewollte?) Mehrdeutigkeit der hängenden Gummistiefel bestehen: Geht es den Protestierenden lediglich um eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation oder doch um ein Aufbegehren gegen die aktuelle Verfassungsordnung? Diese symbolpolitische Spannung ist bemerkenswert – und dies zumal an der Schwelle der Gedenkjahre 2024/25 zu 500 Jahren Deutscher Bauernkrieg. Dr. Clemens Regenbogen, Singen (Hohentwiel)

Bitte kein Streusalz verwenden!

Entgegen der im Artikel „Zu eisig zum Enteisen“ (F.A.Z. vom 18. Januar) geäußerten Ansicht sollten verkehrssicherungspflichtige Eigentümer und Mieter beim Winterdienst auf Gehwegen kein Salz streuen. Nicht nur, dass dies gegen bußgeldbewehrte Vorgaben der ganz überwiegenden Zahl kommunaler Satzungen oder Verordnungen verstößt. Der Einsatz auftauender Streustoffe wie Salz ist auf Wegen auch nicht erforderlich, um die Sicherheit von Fußgängern zu garantieren. Die Judikatur verlangt ihn nicht. Fuß- und Gehwege sind sorgfältig zu räumen. Überdies müssen je nach Wetter abstumpfende Streustoffe (Splitt, Granulat, Sand) ausgebracht werden. Sie erhöhen die Griffigkeit bei vorsichtigem Gehen ausreichend mechanisch. Auf Streusalz ist angesichts seiner verheerenden schädlichen Folgen für Böden und Vegetation am Rand der Wege zu verzichten. Der Arbeitskreis „Stadtbäume“ der Gartenamtsleiterkonferenz beim Deutschen Städtetag warnte jüngst davor, Streusalz und seine negativen Wirkungen auf die Umwelt zu verharmlosen. Er hat zunehmend Salzschäden an der Straßenrandvegetation beobachtet. Außerdem werden es Tiere, besonders Hunde und ihre Pfoten, danken, wenn Verkehrssicherungspflichtige auf Salz verzichten. Selbst in Ausnahmesituationen wie Blitzeis ist kein Salz erforderlich. Bei extremem Eisregen wirken weder auftauende noch abstumpfende Mittel. Jeglicher Winterdienst bleibt wirkungslos, weil gefrierendes Wasser das einzelne gestreute Korn umschließt. Wenn Bürger bei derart außergewöhnlichem Wetter nicht zu Hause bleiben können, müssen sie sich eigenverantwortlich selbst schützen und äußerst vorsichtig verhalten. Dr. Manfred Wichmann, Bonn

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