Ein Richter mit Empathie und Gelassenheit
Joachim Holzhausen
Im Staatsschutzverfahren gegen den „militärischen Arm“ der „Reichsbürger“ am Oberlandesgericht Stuttgart machte Joachim Holzhausen schon am ersten Verhandlungstag deutlich, wie er sich das bis Januar 2025 terminierte Verfahren vorstellt: Strukturiert, konzentriert, freundlich. „Wann mussten Sie denn aufstehen?“, frage er einen der neun Angeklagten. „Um 4.30 Uhr“, antwortete dieser. „Das geht ja noch“, sagte der Vorsitzende Richter des dritten Strafsenats. Nach der zweieinhalbstündigen Anklageverlesung resümierte er nüchtern: „So weit nun das.“
Der 62 Jahre alte Jurist gehört zu den erfahrensten Richtern des Stuttgarter Oberlandesgerichts. Holzhausen ist ein diplomatischer Verhandler – fleißig, durchsetzungsstark und empathisch. Ihm gelang es in früheren Verfahren, auch schwierige Angeklagte zum Reden zu bringen. Holzhausen studierte in Tübingen Rechtswissenschaften und trat 1991 in den baden-württembergischen Justizdienst ein, zunächst als Staatsanwalt. Ende der Neunzigerjahre war er ins Justizministerium abgeordnet, das damals Ulrich Goll (FDP) führte. Seit 2000 gehörte er als Beisitzer und Stellvertreter verschiedenen Strafsenaten an, 2006 wurde er zum Planrichter am Oberlandesgericht befördert.
Aufspaltung auf drei Oberlandesgerichte ist ungewöhnlich
Ein aufsehenerregendes Verfahren, das Holzhausen führte, war 2008 das gegen einen deutschen Ingenieur, der mit dem Export von Anlagen zur Urananreicherung nach Afrika gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen hatte. Einen nervenaufreibenden Prozess führte Holzhausen als Vorsitzender Richter 2018 gegen die Stuttgarter Rockergruppierung „Osmanen Germania“ und ihren Anführer, es ging um Gewalttaten gegen Aussteiger und Massenschlägereien. Ähnlich wie im jetzigen Reichsbürgerverfahren konnte das Gericht auch in diesem Prozess kaum auf Geständnisse oder Zeugenaussagen bauen. Die unterschiedlichen Rockergruppierungen versuchten sogar wiederholt, ihre Auseinandersetzungen auch auf den Besucherbänken im Stammheimer Mehrzweckgebäude auszutragen. Nur durch ein massives Aufgebot von Polizei und Justizwachtmeistern konnte der Prozess überhaupt öffentlich geführt werden.
Die Aufspaltung eines der größten Staatsschutzverfahren gegen Terroristen in der bundesrepublikanischen Geschichte auf drei Oberlandesgerichte ist ungewöhnlich. In jedem Hauptverfahren muss der Nachweis erbracht werden, dass es sich bei den Reichsbürgern um eine terroristische Vereinigung handelt. Holzhausen hat jahrzehntelange Übung darin, auch in den schwierigsten Konstellationen die Verhandlung mit dem Willen zur sachlichen und fairen Aufklärung zu führen und das Urteil so revisionssicher wie möglich zu machen.