Ecke meldet sich mit Foto aus dem Krankenhaus – LKA sieht rechtsextremen Hintergrund
Nach dem tätlichen Angriff auf Matthias Ecke in Dresden hat sich der SPD-Politiker für Anteilnahme und Solidarität bedankt. Mindestens einen der vier Tatverdächtigen ordnen die Ermittler „politisch-motiviert rechts“ ein.
Nach dem Angriff beim Aufhängen von Wahlplakaten in Dresden hat sich der SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke mit einem Dank aus dem Krankenhaus gemeldet. „Ich bin überwältigt von eurer Anteilnahme und Solidarität“, schrieb Ecke in einem Beitrag auf der Plattform X (zuvor: Twitter). Das tue ihm gut und gebe Kraft. Es gehe aber nicht nur um ihn.
„Niemand soll in einer Demokratie fürchten müssen seine Meinung zu sagen!“, schrieb er. Dazu stellte Ecke ein Foto, auf dem er mit blauem Auge und Pflaster im Gesicht und im Hintergrund offenbar ein Krankenhauszimmer zu sehen ist.
Nach der Attacke gegen den SPD-Politiker ermitteln die Behörden gegen vier Tatverdächtige im Alter von 17 und 18 Jahren. Zumindest einen der Tatverdächtigen rechnet das Landeskriminalamt Sachsen dem rechtsextremen Spektrum zu. Man gehe davon aus, dass er der „Kategorie politisch-motiviert rechts“ zuzuordnen sei, teilte eine Sprecherin des LKA mit. Zuvor hatte „Zeit Online“ berichtet.
Nachdem sich bereits am Sonntag ein 17-Jähriger wegen des Angriffs bei der Polizei gemeldet hatte, wurden in der Folge auch die drei anderen Tatverdächtigen ermittelt. Die vier jungen Männer haben die deutsche Staatsangehörigkeit.
Die Verdächtigen befinden sich aktuell auf freiem Fuß, weil den Angaben zufolge keine Haftgründe vorlagen. Zwei der zuletzt ermittelten Tatverdächtigen traten nach Angaben aus Sicherheitskreisen polizeilich bereits in Erscheinung. Bei Wohnungsdurchsuchungen wurden Beweismittel sichergestellt, die jetzt ausgewertet werden. Bis zum Abschluss der Ermittlungen werde es noch dauern, hieß es.
Ecke wegen Frakturen im Gesicht operiert
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hatte zuvor mitgeteilt, das Ecke die Operation gut überstanden habe. Er stellte aber klar: „Der Genesungsprozess wird ein langer Weg sein.“ Die kommenden Tage werde Ecke noch im Krankenhaus verbringen. Kühnert zufolge wollte ihn Parteichefin Saskia Esken dort am Montag besuchen.
Ecke wolle sich nicht einschüchtern lassen, betonte der SPD-Generalsekretär. Er sei vielmehr „wild entschlossen, in diesen Wahlkampf zurückkehren zu können“. Der Europapolitiker wolle noch härter kämpfen um demokratische Werte und eine hohe Wahlbeteiligung.
Der Angriff auf Ecke beim Aufhängen von Wahlplakaten hatte deutschlandweit für Entsetzen gesorgt und eine Debatte über die Eskalation von Gewalt im Wahlkampf ausgelöst. In Dresden und Berlin demonstrierten am Sonntag mehrere tausend Menschen für Demokratie und gegen Gewalt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier appellierte an alle, die politische Auseinandersetzung friedlich und mit Respekt zu führen.
Demonstrationen in Dresden und Berlin
Zwei Bündnisse hatten für Sonntagnachmittag zu Demonstrationen in Berlin und Dresden aufgerufen – das Motto: „Gewalt hat keinen Platz in unserer Demokratie!“. In der sächsischen Landeshauptstadt kamen nach Angaben von Polizei und Veranstaltern rund 3000 Menschen zusammen, darunter etwa Bundestagsvizepräsidentin Katrin-Göring-Eckardt (Grüne) und die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken.
Demonstranten am Sonntag in Dresden Getty Images/Jens Schlueter
In Berlin versammelten sich nach Angaben der Polizei rund 1000 Demonstranten am Brandenburger Tor, nach späteren Angaben der Organisatoren waren es schließlich rund 3000 Menschen. Darunter waren die Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour, SPD-Chef Lars Klingbeil sowie die Ministerpräsidenten von Sachsen und Nordrhein-Westfalen, Michael Kretschmer und Hendrik Wüst (beide CDU).
Bis Montagvormittag hatten rund 200 Abgeordnete diverser Parlamente die sogenannte Striesener Erklärung unterschrieben, darunter die Vorsitzenden von SPD, Grünen und Linken sowie Abgeordnete der Union. Die Erklärung wendet sich gegen „die immer weiter eskalierende Gewalt gegen politisch engagierte Menschen im öffentlichen Raum“. Der SPD-Politiker wurde im Dresdner Stadtteil Striesen angegriffen.
Bundesregierung: Attacken „bedrohen unsere Demokratie“
Die Bundesregierung verurteilte die Attacke scharf. Angriffe auf Politiker und ehrenamtliche Wahlkämpfer „bedrohen unsere Demokratie“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin, Christiane Hoffmann, am Montag in Berlin. Was im Einzelfall das Motiv sei und gegen wen sich die jeweilige Attacke richte, sei dabei unerheblich.
Es sei ein Klima der Gewalt entstanden, weshalb Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zuletzt mehrere Maßnahmen ergriffen habe, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sagte der Sprecher ihres Ministeriums, Maximilian Kall. Faeser fordert mehr Polizeipräsenz, um Politiker im Wahlkampf zu schützen.
Darüber könnte Faeser bereits am Dienstag mit den Innenministern der Länder beraten. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Michael Stübgen (CDU) kündigte an, den Termin für ein informelles Treffen auf Ebene der Innenministerkonferenz vorzuschlagen. Der Fall wird möglicherweise in Sachsen noch ein parlamentarisches Nachspiel haben.
Neben Ecke wurden weitere Politiker in den vergangenen Tagen Opfer von Angriffen oder Nötigungen. In Essen wurden der Bundestagsabgeordnete Kai Gehring (Grüne) und sein Parteikollege Rolf Fliß angegriffen. Bundestagsvizepräsidentin Katrin-Göring-Eckardt (Grüne) war vor einigen Tagen in Ostbrandenburg nach einer Veranstaltung aggressiv bedrängt und an der Abfahrt gehindert worden. Und im niedersächsischen Nordhorn wurde am Samstagmorgen ein AfD-Landtagsabgeordneter nach Polizeiangaben an einem Infostand geschlagen.