Gastwirte müssen statt sieben wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer an den Staat abführen. Das schlägt sich nicht nur in höheren Preisen nieder.
Kellnerin Peggy Lorenz serviert im Brauhaus-Restaurant im Eibauer Faktorenhof Roulade mit Rotkraut und Knödeln. Das Lieblingsessen der Gäste kostet jetzt einen Euro mehr. © Matthias Weber/photoweber.de
Die feine Rindsroulade mit Rotkohl und böhmischen Knödeln ist immer noch das Lieblingsgericht der Gäste im Brauhaus-Restaurant im Eibauer Faktorenhof. Auch wenn der Teller, den Kellnerin Peggy Lorenz jetzt serviert, nicht mehr ganz der gleiche ist wie noch vor Kurzem. Wie alle seine Kollegen in der Branche musste auch Brauhaus-Wirt Martin Weise seine Speisekarte neu kalkulieren.
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Die Rindsroulade mit Rotkohl und Knödeln kostet jetzt 18,90 Euro – einen Euro und 70 Cent mehr als bisher, aber immer noch weniger als sie eigentlich kosten müsste – gerechnet mit dem neuen Mehrwertsteuersatz, den Gastronomen seit Jahresbeginn wieder an den Staat abführen müssen.
“Die 19 Prozent voll aufzuschlagen, das konnten und wollten wir unseren Gästen nicht zumuten”, sagt Martin Weise. Damit es sich trotzdem irgendwie rechnet, spart der Gastronom lieber bei den Beilagen: statt aufwendiger Speckknödel gibt’s jetzt zur Roulade eben die einfacheren böhmischen Knödel.
Damit es sich rechnet, stehen auf der Speisekarte im Brauhaus jetzt auch mehr Gerichte mit Zutaten, die weniger preisintensiv sind: hausgemachter Leberkäse, marinierter Hering, Vegetarisches ohne Fisch und Fleisch. “Mit so einer Mischkalkulation hoffen wir hinzukommen, ohne die Gäste finanziell noch mehr zu belasten”, erklärt der Brauhaus-Wirt.
Trotz höherer Umsätze sinkende Gewinne
Er habe lange mit sich gerungen und auch lange rechnen müssen, ehe er den neuen Mehrwertsteuersatz nun eingepreist habe. Das muss ja jetzt sein. Zur Erinnerung: In der Corona-Pandemie, als Gaststätten geschlossen bleiben mussten oder nur einen Teil ihrer Gäste empfangen durften, hatte die Bundesregierung den Mehrwertsteuersatz auf Speisen und Getränke von 19 auf sieben Prozent gesenkt.
Das sollte der Gastronomie zum Überleben helfen. Olaf Scholz, der heutige SPD-Bundeskanzler, hatte im Wahlkampf auch versprochen, dass das so bleibt. Ob klammer Kassen im Bundeshaushalt aber gilt das Versprechen seit Jahresbeginn nicht mehr. Seit Beginn der Corona-Pandemie aber sind die Kosten in der Gastronomie derart gestiegen, dass sie den Vorteil der niedrigeren Steuer schon längst aufgefressen haben.
Laut einer aktuellen Studie des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Sachsen sind die Kosten für Energie seither um 26 Prozent, für Lebensmittel um 17 Prozent, für Gehälter um 14,5 Prozent und Getränke um 12,3 Prozent gestiegen. Eine aktuelle Umfrage unter mehr als 100 Gastronomen in Sachsen hat ergeben, dass ihr Umsatz im März 2024 im Vergleich zum März 2023 zwar um ein Prozent gestiegen ist, ihr Gewinn aber um 16,4 Prozent niedriger lag.
Dehoga: Steuererhöhung ist ein “fataler Irrweg”
Angesichts dieser Entwicklung sieht man die Rückkehr der Bundesregierung zur 19-prozentigen Mehrwertsteuer bei der Dehoga als einen “fatalen Irrweg”: “Das Gastgewerbe ist keine Kuh, die man endlos melken kann”, sagt Hauptgeschäftsführer Axel Klein. Die Betriebe seien längst an den Grenzen ihrer Möglichkeiten.
Es gehe inzwischen nicht mehr nur um steigende Preise und sinkende Einnahmen, sagt Klein: “Die Entwicklung wird auch zu Betriebsschließungen und damit zu einem enormen Verlust an Arbeitsplätzen und Lebensqualität führen – gerade auch in ländlichen Regionen wie dem Kreis Görlitz und in Tourismusgebieten wie dem Zittauer Gebirge, in dem die Gastronomie auch ein Wirtschaftsfaktor ist.”
“Wir haben schon die ersten Liquidationen und Geschäftsaufgaben von Mitgliedern zur Kenntnis nehmen müssen”, sagt Axel Klein. Bei der Dehoga rechnet man damit, dass noch weitere folgen werden. “Bei unserer Umfrage hat die Hälfte aller Gastronomen angegeben, dass sich die wirtschaftliche Lage ihres Betriebs verschlechtert, nur acht Prozent sagen, dass sie besser wird”, zitiert der Geschäftsführer aus der Studie.
Demnach haben seit Jahresbeginn, seit die Gastronomie wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer an den Bund abführen muss, inzwischen 84 Prozent aller Gastwirte die Preise erhöht. “Und auch die anderen werden folgen, wenn sie überleben wollen”, weiß Axel Klein.
Die Gäste, auch das weiß der Dehoga-Chef, werden die Auswirkungen dieser Bundestagsentscheidung aber nicht nur in einem höheren Preis für ihren Restaurant-Besuch spüren, sondern auch in einem ausgedünnten Angebot. “Um Kosten zu sparen, kürzen viele Gaststätten ihre Öffnungszeiten, bieten keinen Mittagstisch mehr an, schließen abends eher, oder legen jetzt zwei oder drei, statt bisher einen Ruhetag ein”, sagt Axel Klein. “Das ist weder für die Beschäftigten noch für die Gäste gut. Aber so will es nun mal die Politik. “
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