Siglistorfer will sein Haus renovieren – und verzweifelt an den Behörden: «Immer irrere Forderungen, bloss bauen darf ich nicht»

Seit einem Jahr versucht Christian Di Giorgio sein Haus umzubauen. Er gab tausende von Franken für Gutachten aus und hat noch nicht einmal eine Baueingabe machen können. Recherchen zeigen: Er hätte keinen Rappen zahlen müssen!

siglistorfer will sein haus renovieren – und verzweifelt an den behörden: «immer irrere forderungen, bloss bauen darf ich nicht»

«Immer irrere Forderungen, bloss bauen darf ich nicht»

Christian Di Giorgio (42) suchte in Siglistorf AG seinen Frieden im Grünen und fand sich stattdessen im Epizentrum einer Behördenposse wieder. «Sie haben immer irrere Forderungen, bloss bauen darf ich nicht. Es ist Willkür!», sagt der Besitzer eines alten Bauernhauses zu Blick. Das Problem: Bei der Renovierung des Hauses werden ihm von der Gemeinde nicht nur ständig Steine in den Weg gelegt – er muss auch noch jeden dieser Steine selbst bezahlen. Für Juristen ist klar: Das Vorgehen der Verantwortlichen ist nicht gesetzeskonform. Nur: Als Blick die Gemeinde konfrontiert, sucht diese nicht nach Lösungen. Sondern versucht stattdessen, die Veröffentlichung dieses Artikels zu verhindern.

2015 zieht Christian Di Giorgio in die Gemeinde Siglistorf AG. Er sucht nach einem Häuschen, um es mit seinen beiden Söhnen renovieren zu können. Bei einem alten Bauernhaus inmitten des kleinen Dorfes wird er fündig. 2023 soll das Haus grundsaniert und teilweise entkernt werden. Die Bausubstanz ist marode. Zudem soll eine Aussentreppe den Zugang zu drei neuen Einzelwohnungen für seine Söhne und ihn garantieren. Di Giorgio reicht ein Vorprojekt ein, bevor überhaupt ein Baugesuch erfolgt, wie es in der Bau- und Nutzungsverordnung (BNO) der Gemeinde vorgesehen ist. Ab da beginnen die Probleme.

Ortsbild ohne Grundlage

Die Gemeinde verfügt zwar über eine Bauverwaltung, lagert aber Expertisen an ein externes Ingenieurbüro aus. Und stellt die Kosten dafür den Bauwilligen in Rechnung. Unverständlich für Di Giorgio: «Ich finanziere mit meinen Steuern eine Bauverwaltung, die Arbeiten, die sie selbst machen sollte, auslagert und mir wiederum in Rechnung stellt. Das macht keinen Sinn.»

Ein unabhängiger Experte bestätigt diese Einschätzung: Die Praxis habe keine rechtliche Grundlage, wie Nicolai Brugger, ein auf Baurecht spezialisierter Anwalt der Kanzlei Notter Advokatur & Notariat AG aus dem nahen Baden AG gegenüber Blick sagt. «Weder in der BNO noch im Gebührenreglement der Gemeinde findet sich ein Passus, der die Überwälzung der Vorabklärungskosten an den Bauwilligen rechtfertigen würde.»

Damit beginnen aber die Probleme erst. Denn auch ein weiterer externer Ingenieur redet mit – und will bezahlt werden: der sogenannte Ortsbildbeauftragte (OBB). Er passt auf, dass die Umbauten sich optisch in die Nachbarschaft einfügen. Dessen Expertise habe zwar nur empfehlenden Charakter, habe aber Gewicht im Gemeindehaus. «Der OBB machte mir aber Vorschriften, die weit über seinen Kompetenzbereich hinausgehen», regt sich Di Giorgio auf.

Diese hätten nichts mit der Realität in der Nachbarschaft zu tun. «Er verlangte für seine Empfehlung, dass ich meine Autoabstellplätze ‹renaturiere›, während im ganzen Quartier alle Parkplätze versiegelt sind.» Ein Sichtschutz aus Stein wurde Di Giorgio ebenso verboten wie, eine neue Aussenisolation: «Obwohl mein Haus lediglich unter Volumenschutz steht und es keine sonstigen Vorgaben gibt, die dies rechtfertigen würden.» Es handle sich aus seiner Sicht um eine Grauzone, die der OBB ausnutze, um seine persönlichen Vorstellungen durchzusetzen, so Di Giorgio.

Der Ortsbildbeauftragte der Gemeinde, Manuel Basler, äussert sich auf Blick-Anfrage nur allgemein und hält fest: «Als Ingenieurbüro, welches die Gemeinde Siglistorf in baurechtlichen Angelegenheiten unterstützt, halten wir uns an die gültigen Rechtsgrundlagen.»

Kein Dorfbild erkennbar

Ein Augenschein vor Ort bestätigt Di Giorgios Eindrücke. Von einem stringenten Dorfbild kann im Dorfkern keine Rede sein. Fachwerkhäuser, wechseln sich mit 80er-Jahre-Chique und alten Bauernhäusern ab. Im Norden der Dorfzone wird es noch wilder. Neubauten, mit Holzverkleidungen grenzen an das einzige Gebäude in der Gemeinde in Olivgrün: Dabei handelt es sich ausgerechnet um das Gemeindehaus

Eine Verordnung zum Dorfbild gäbe es nicht, so Di Giorgio. «Der OBB hat somit beinahe diktatorische Entscheidungsgewalt.» Denn ohne sein Einverständnis würden keine Baubegehren abgesegnet, wurde ihm mehrmals deutlich zu verstehen gegeben. OBB Basler widerspricht auf Anfrage: «Allen Personen stehen die gängigen Rechtsmittel zur Verfügung, um sich zu wehren.»

Gebühren sind gesetzeswidrig

Das ist nur die halbe Wahrheit. Da die externen Abklärungen vor einer offiziellen Baueingabe erfolgen, haben Bauwillige keine Chance, sich rechtlich gegen diese Empfehlungen zur Wehr zu setzen. Ausser sie setzen sich über diese hinweg und stellen ihr Baugesuch. Nur: Ohne Empfehlung dürfte dieses aussichtslos sein.

Für die Vorabklärungen zahle man in Siglistorf zum Teil Tausende von Franken, so Di Giorgio. Zu einer Baueingabe komme es aber nicht immer. «Am Schluss steht man wieder auf Feld eins», falls die Pläne nicht abgesegnet würden. Währenddessen werden Bauwilligen in der Gemeinde aber alle Kosten in Rechnung gestellt. Bei Di Giorgio machen diese mittlerweile rund 3800 Franken aus, die Rechnung des Ortsbildbeauftragten fehle zwar noch, werde aber mindestens vierstellig ausfallen.

«Kein Kommentar»

Auf Blick-Anfrage meldet sich die Gemeinde Siglistorf lange nicht. Stattdessen wird Di Giorgio in den Tagen der Funkstille durch die Gemeinde unter Druck gesetzt, den Artikel zurückzuziehen. «Mir wurde ins Gewissen geredet, damit ich meine Aussagen zurückziehe. Das können die vergessen!» zeigt er sich kämpferisch.

Mehr als eine Woche später meldet sich die Gemeinde bei Blick und verweigert eine konkrete Aussage mit Hinweis auf das «laufende Verfahren». Nur: Solange es keine Baueingabe gibt und kein juristisches Verfahren hängig ist, handelt es sich nicht um ein laufendes Verfahren, was Anwalt Nicolai Brugger gegenüber Blick auf Anfrage bestätigt.

Ob das Totschweigen der ausufernden Probleme in der Gemeinde Siglistorf die richtige Strategie ist, wird sich zeigen. «Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich nach diesem Artikel weitere Betroffene melden könnten.» Die aktuellen Probleme seien nur die «Spitze des Eisbergs», behauptet Di Giorgio.

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