Durchsuchung bis auf die Unterhose
Forstamt hat Anzeige wegen Wilderei im Staatswald bei Kreuth erstellt
Durchsuchung bis auf die Unterhose
Auf Geweihe wie dieses haben es offenbar Wilderer bei Kreuth abgesehen. Ein Verdächtiger wurde nun ausgiebig bei einer Kontrolle durchsucht.
Eine Anzeige wegen Wilderei, die Durchsuchung eines Wanderers durch eine Polizeistreife und offenbar befremdliches Verhalten zweier Jäger – das klingt nach Stoff für einen spannenden Heimatkrimi. Passiert ist das alles tatsächlich jetzt in Kreuth.
Kreuth – Dass der gebürtige Tegernseer Tobias S. (44) nach seiner Arbeit als Barista in München oder während eines Aufenthalts in der Ferienwohnung seiner Mutter am Tegernsee noch abends auf die Berge steigt, ist nichts Außergewöhnliches. „Ich betreibe das als Sport, bin ziemlich flott unterwegs und suche den Frieden und die Ruhe“, sagt der gelernte Gartenbauer und Diplom-Sozial-Pädagoge.
Was Tobias S. jetzt aber nach einer abendlichen Tour zum Buchstein in den Kreuther Bergen passiert ist, das raubte ihm dann doch den Schlaf. Er ließ am gleichen Abend nicht nur seine Follower auf Facebook mit einer Schilderung von den Vorfällen wissen, sondern wandte sich auch an die Tegernseer Zeitung.
„Alles begann damit, dass ich abends gegen 21 Uhr nach dem Wandern an der Naturkäserei anhielt, um mich am Milchautomaten zu bedienen“, berichtet der 44-Jährige. Noch bevor er habe aussteigen können, habe ein anderes Auto mit Scheinwerferlicht neben ihm angehalten, und ein Mann mit Taschenlampe habe ihm ins Gesicht geleuchtet. Er habe erkannt, dass es die Polizei war – „und ab da begann für mich eine äußerst suspekte Tour“, erinnert sich der 44-Jährige. „Man sagte mir, ich solle meinen Namen nennen und aussteigen. Dann wurde alles durchsucht: meine privaten Sachen, mein Rucksack, meine Kleidung. Auf meine Nachfrage, worum es gehe, bekam ich keine Antwort.“ Gleichzeitig, so Tobias S., habe dann ein weiterer Pkw neben ihm gehalten und zwei Männer seien ausgestiegen, „offenbar zwei Jäger, wie ich dann heraushörte“. Während sein Auto weiter auseinandergenommen worden sei, habe er sich bemüht, Informationen für den Grund der Aktion zu bekommen. Vergeblich. Im Gespräch zwischen den Polizisten und den Jägern, „die sich auch noch geduzt haben“, habe er herausgehört, um was es offenbar ging: Gesucht werde ein bisher noch unbekannter Täter, der im Bergwald bei Kreuth Wildabwurf, also Geweih, entwendet habe. Eine Wildkamera solle eine Person sogar aufgezeichnet haben, beziehungsweise dessen Hosen. „Ich begann zu frieren und kam mir allmählich vor wie ein Verbrecher“, berichtet Tobias S. weiter, für den die absolute Krönung dann noch gefolgt sei: „Ich wurde aufgefordert, meine Hose auszuziehen und zu zeigen, was ich darunter trage.“ Was er unter seiner Wanderhose trug, sei eine lange Unterhose gewesen. Von einem Geweih, das die Jäger bei ihm vermuteten, keine Spur. „Mir dämmerte dann, dass mir am Parkplatz zum Buchstein schon ein Auto aufgefallen war. Das waren wohl schon die beiden Jäger, die mich dann verfolgten und die Polizei informierten.“
Dass die Polizei ihre Arbeit gemachte habe, dafür habe er ja Verständnis. Dass sich die Jäger aber regelrecht „festgebissen“ hätten, was ihre Verdächtigung betrifft, dass er ohne konkrete Anhaltspunkte „schikaniert“ worden sei und dass er kein einziges Wort der Entschuldigung bekommen habe, das halte er für „total daneben“. Wo er doch der Falsche gewesen sei.
Wilderei im Staatswald bei Kreuth? Polizei liegt Anzeige vor
Was ist dran an dem Verdacht, dass im Kreuther Bergwald Wilderer ihr Unwesen treiben? Auf Nachfrage bestätigt der Wiesseer Polizeichef Thomas Heinrich, dass tatsächlich eine Anzeige wegen Wilderei bei der Inspektion Bad Wiessee vorliege. „Man hatte offenbar einen Hinweis auf eine verdächtige Person und ein Fahrzeug“, begründet Heinrich die Durchsuchung von Tobias S., die im Übrigen „ganz normal im Rahmen einer Aufklärung einer Straftat“ erfolgt sei. Dass sich die Polizisten und die Jäger geduzt hätten, was der Verdächtigte für arg befremdlich gehalten hatte, sei allerdings keine Verfehlung, wenn man sich kenne im Tegernseer Tal, so Heinrich.
Erstattet hat die Anzeige das Forstamt Schliersee, zuständig für den Kreuther Bereich der Bayerischen Staatsforsten. Der scheidende Forstbetriebsleiter Jörg Meyer will sich auf Nachfrage nicht im Detail äußern und begründet dies schriftlich mit „laufenden Ermittlungen“. Nur so viel lässt er schriftlich wissen: „Leider kommt es immer wieder vor, dass Abwurfstangen des Rotwilds von Unberechtigten mitgenommen werden. Besonders kritisch sind solche Fälle, wenn sie im Bereich von Winterfütterungen des Rotwilds vorkommen, da es hier, zusätzlich zum Rechtsverstoß, zu massiven Störungen des Wildes in der Winterruhe kommt. Leider kam das in den letzten Jahren vereinzelt auch bei uns am Forstbetrieb vor.“
Wilderei im Staatswald bei Kreuth: Es könnte Geld- oder sogar Freiheitsstrafe drohen
Fest steht, dass die Mitnahme von Wildabwurf, wie er regelmäßig ab Februar und März beginnt, den strafrechtlich Tatbestand der Wilderei erfüllt, so eine Sprecherin des Landratsamts Miesbach auf Nachfrage. Meistens werde das allerdings zwischenmenschlich geregelt, so die Auskunft der Behörde. Ist dies nicht der Fall, dann wird Jagdwilderei laut Strafgesetzbuch und dem Paragrafen 292 mit Geldstrafe oder gar mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet.
Tobias S. hat sich dazu entschieden, Gras über die Sache wachsen zu lassen, trotz der Verdächtigung. „Ich bin aktiv im Naturschutz tätig, bin Vegetarier und verschone selbst eine Ameise mit meinen Bergschuhen“, sagt der Tegernseer. Auf die wundervolle Berg- und Naturwelt freue er sich auch künftig trotz des Vorfalls. Ob dieser sich aufklären lässt, bleibt spannend.
gr