Dresdner Polizist holt Attest bei Reichsbürger-Ärztin
Ein Dresdner Personenschützer des LKAs legte ein Attest vor, um keine Maske tragen zu müssen. Ausgestellt war es von einer Moritzburger Szene-Ärztin – dennoch sprach das Gericht den Mann frei.
Auch Polizisten mussten in der Corona-Pandemie Maske tragen. Ein Personenschützer aus Dresden hatte sich ein Attest ausstellen lassen, dass ihn von der Maske befreite. © Symbolfoto: Matthias Weber
Dresden. Er habe nach einem Hausarzt gegoogelt, sei bei einer Moritzburger Ärztin gelandet, und die habe ihn gleich behandelt. So kam ein Personenschützer des Landeskriminalamtes Sachsen in nur 20 Minuten zu einem ärztlichen Attest, dass ihn auf unbestimmte Zeit vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreite – im September 2020, als die erste Winterwelle der Pandemie noch nicht in Sicht war. Der Hauptkommissar klagte über einen Lippenherpes, den er bei seinen langen Einsätzen vom Tragen der Maske bekäme.
Ärger gab es erst, als sich Kollegen beschwerten, dass der 54-Jährige keine Maske trägt. Er legte seinem Vorgesetzten das Attest vor. Ausstellerin war die reichsbürgernde 67-jährige Bianca W., die damals, so der Verdacht, angeblich keine Zulassung mehr hatte. Diesen Hinweis bekam der Vorgesetzte aus der Personalabteilung – und ordnete daher eine Vorstellung des mutmaßlichen Maskenmuffels beim Polizeiarzt an, um die Diensttauglichkeit des Personenschützers überprüfen zu lassen.
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Reichsbürgernde Ärztin setzt fragliche Untersuchungsmethoden ein
Der Beamte wurde in den Innendienst versetzt. Das berichtete er am Mittwoch in seinem Prozess am Amtsgericht Dresden. Einen Strafbefehl wegen Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse samt Geldstrafe von gut 4.000 Euro hatte er nicht akzeptiert. Schon im Januar hatte ein erster Prozess stattgefunden. Der wurde jedoch ausgesetzt, weil der Polizeiarzt nötig war.
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Nun berichtete der Angeklagte wieder, dass er bei Bianca B. war: “Ich habe auch dieses Gerät angefasst, dass die Ärztin nutzte. Die Untersuchung fand statt.” Bei “diesem Gerät” könnte es sich um einen umstrittenen Bioresonanz-Analysator gehandelt haben, wie ihn W. tausendfach eingesetzt hatte. Sie steht seit November 2023 wegen Erstellens falscher Atteste vor dem Landgericht in Dresden.
Polizeiarzt sieht keine Notwendigkeit für Attest
Im Herbst 2020 jedoch waren diese Vorwürfe der schillernden Ärztin noch unbekannt. Beim Polizeiarzt berichtete der Hauptkommissar neben Herpes von Entzündungen in der Mundhöhle und einem Kloß-Gefühl. Er habe keine Notwendigkeit für eine Maskenbefreiung gesehen, schon gar keine unbefristete, sagte der Arzt nun als Zeuge.
Personenschützer müssten aufgrund ihrer Tätigkeit ohnehin “überproportional” körperlich fit sein. 1996 sei der Angeklagte angeblich letztmalig beim Polizeiarzt gewesen. W.s Diagnose dagegen habe er “nur bedingt” nachvollziehen können; schon gar nicht, als sie später auf Nachfrage des Polizeiarztes “ohne Befund” angab, dass ihrem Patienten sogar Einschränkungen der Lungen- und Herzfunktionen drohten.
Dresdner Gericht spricht den Mann frei
Nach der Vernehmung des Arztes war der Prozess beendet. Der Richter sprach den Angeklagten frei, wie es die Staatsanwältin und Verteidigerin Katja Reichel gefordert hatten. Eine Schuld sei dem Mann nicht nachzuweisen: Den Herpes habe es gegeben, die Untersuchung könne stattgefunden haben – und als Patient müsse man seinem Arzt und dessen Methoden vertrauen können. Bianca W. habe Privatpatienten behandeln dürfen. Die Prozesskosten trägt die Staatskasse.
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