Dresden: Drei weitere Tatverdächtige nach Angriff auf SPD-Politiker Matthias Ecke ermittelt
Nach der Prügelattacke auf Matthias Ecke stellte sich ein 17-Jähriger bei der Polizei. Nun haben Ermittler drei mutmaßliche Mittäter identifizieren können. Sachsens Innenminister kündigte weitere Maßnahmen an.
Dresden: Drei weitere Tatverdächtige nach Angriff auf SPD-Politiker Matthias Ecke ermittelt
Nach dem Angriff auf SPD-Politiker Matthias Ecke haben Ermittler offenbar drei weitere Verdächtige identifiziert. Wie das Landeskriminalamt Sachsen und die Staatsanwaltschaft Dresden in einer gemeinsamen Mitteilung bekannt gaben, wurden die Wohnungen der Beschuldigten bereits durchsucht. Bei den vier mutmaßlichen Mittätern handelt es sich demnach um vier Deutsche im Alter von 17 bis 18 Jahren.
Am Sonntag hatte sich bereits ein 17-Jähriger bei der Polizei in Dresden gemeldet und gestanden, an dem Angriff auf Ecke beteiligt gewesen zu sein. Daraufhin hatten die Ermittler zunächst zwei Beschuldigte ausfindig machen können. Nach den Durchsuchungen in deren Wohnungen konnten die Ermittler auch den vierten mutmaßlichen Angreifer identifizieren. Laut Behördenmitteilung wurden in den Wohnungen Beweismittel gefunden, die jetzt näher untersucht werden sollen.
DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war – und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.
Ecke war am vergangenen Freitagabend in Dresden von vier jungen Männern zusammengeschlagen worden, als er Wahlplakate für seine Partei anbringen wollte. Er musste im Krankenhaus operiert werden. Ein 17-Jähriger stellte sich am Sonntag der Polizei. Der Angriff löste bundesweit Entsetzen aus. Auf Demonstrationen versammelten sich am Sonntag in Dresden und Berlin mehrere Tausend Menschen.
Sachsens Innenminister will Wahlhelfern »Raumdeckung« geben
Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) hat engere Abstimmung zwischen Parteien und Behörden angekündigt. So sollen Wahlkämpfer besser geschützt werden.
»Wir werden sicherlich nicht jeden einzelnen Wahlkämpfer beschützen können, das geht schon rein zahlenmäßig nicht. Aber wir werden noch stärker als bisher versuchen, eine kluge Raumdeckung hinzubekommen«, sagte Schuster der »Süddeutschen Zeitung«.
Man wolle mit Informationen der Parteien die Aktionen und Veranstaltungen besser ausmachen können, die besonders schutzbedürftig seien – und das nicht nur beim Besuch von Parteiprominenz. Schuster sprach sich für eine harte Bestrafung von Tätern aus, die Wahlkämpfer attackieren. Das müsse »maximal geahndet« werden.
»Ich glaube, viele der Ãœbergriffe sind nicht geplant, sondern spontane Aktionen«, sagte Schuster. Mit den Zuständen in der Weimarer Republik wollte er die aktuelle Situation nicht vergleichen. »Das hat dann nichts mit Weimar zu tun, wo sich klar definierte Gruppen gegenüberstanden. Ich glaube, es ist vielmehr eine allgemeine Verrohung, die solche Angriffe leicht und jederzeit möglich macht. Diese latente Bedrohung ist polizeilich allerdings schwieriger zu beherrschen, als wenn wir eine harte Rechts-Links-Front hätten. Das Gefährliche an dieser Situation war vorhersehbar, der äußerste rechte Rand der Parteien verliert bei seinen Mitgliedern und Anhängern in vielen Bereichen zunehmend die Kontrolle.«
Ost-Beauftragter der Bundesregierung klagt über »verrohte Sitten«
Auch der Beauftragte für Ostdeutschland der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), äußerte sich zu den Angriffen. Im ARD-Morgenmagazin beklagte er eine »Verrohung der politischen Sitten«. Diese sei »schon seit einiger Zeit angeschwollen«, sagte Schneider.
Schneider rief nicht nur die Politik, sondern alle Menschen in Deutschland auf, sich hinter diejenigen Demokratinnen und Demokraten zu stellen, die sich politisch engagieren. »Es ist wichtig, dass die Gesellschaft klar sagt, wir akzeptieren das nicht«, sagte der SPD-Politiker. »Der Staat sind wir alle«, hob er hervor.
Gerade in Ostdeutschland, wo die Zahl der Parteimitglieder und ehrenamtlich Aktiven geringer sei, müsse man »dafür sorgen, dass die Menschen sich nicht zurückziehen«, forderte Schneider. Er verlangte bei Gewalttaten auch deren »klare Verfolgung« und einen »hohen Verfolgungsdruck« durch die Polizei.
Matthias Ecke nach OP weiter im Krankenhaus
Bund und Länder wollen am Dienstag über mögliche Konsequenzen aus der Gewalt beraten. Das kündigte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Michael Stübgen (CDU), an: “Ich werde meinen Länderkollegen den kommenden Dienstag als Termin für ein informelles Treffen auf Ebene der Innenministerkonferenz vorschlagen.” Der Fall wird möglicherweise in Sachsen noch ein parlamentarisches Nachspiel haben.
Ecke befindet sich weiter im Krankenhaus. Er wurde am Sonntag operiert. Der 41-Jährige habe einen Bruch des Jochbeins und der Augenhöhle sowie Hämatome im Gesicht erlitten, sagte Sachsens SPD-Chef Henning Homann. Kurz vor dem Angriff auf Ecke hatte laut Polizei mutmaßlich dieselbe Gruppe in der Nähe einen Wahlkampfhelfer der Grünen ebenfalls verletzt.