«Die ältere Generation wird ins Abseits gestossen»
ÖV-Betriebe schaffen die Stempelkarte 2025 ab. Eine Umfrage zeigt: Ein Grossteil der Pendlerinnen und Pendler bedauert den Entscheid.
Die Stempelkarten und die dafür benötigten orangenen Entwertungskästen an den Bahnhöfen sind schon bald Geschichte. Ende 2025 wird beides verschwinden. Der Branchenverband Alliance SwissPass begründet den Schritt mit sinkender Nachfrage bei den Tickets und Kosteneinsparungen.
Das gab von der Stiftung Konsumentenschutz, Elternverbänden und sozialen Organisationen Kritik. Reisende ohne Handy – vor allem Kinder, arme oder ältere Personen – seien dadurch von der ÖV-Nutzung ausgeschlossen. Was sagen die Pendlerinnen und Pendler selbst?
Unverständnis bei Zugfahrenden
20 Minuten hat am Bahnhof Winterthur Stimmen eingefangen. Die pensionierte Hilde (66), auf der Durchreise, findet klare Worte für die Abschaffung der Stempelkarte: «Die ältere Generation wird ins Abseits geschoben, weil sie nicht digital unterwegs ist.» Das sei bedauerlich.
Aber auch junge Personen haben wenig Verständnis. Der 14-jährige Laurin braucht regelmässig eine Stempelkarte, da er an einem anderen Ort als an seinem Wohnort zur Schule geht: «Es ist doch praktisch, dass man die Stempelkarte an jedem Automaten lösen und wann immer sie benötigt wird einsetzen kann.»
Auch Diego (20) war als Kind oft mit einer Stempelkarte unterwegs: «Solange es keine sinnvolle Alternative gibt, macht es wenig Sinn, sie abzuschaffen.» Für Kinder und ältere Personen sieht auch er Nachteile.
Auch die 20-jährige Sabina hat im Kindesalter oft von den Stempelkarten Gebrauch gemacht. «Jetzt brauche ich sie nicht mehr. Von daher ist es für mich nicht schlimm, für Senioren und Kinder finde ich die Entscheidung der ÖV-Betriebe nicht in Ordnung.»
Die meisten sind digital unterwegs
Jacky (24) hatte die Stempelkarte früher «ab und zu» mal im Einsatz: «Wer digital unterwegs ist, wird wohl kein Problem damit haben, andere schon.» Es sei aber sicher auch teuer, die Infrastruktur für die Stempelkarten aufrechtzuerhalten.
Laut dem Branchenverband Alliance SwissPass ist dies zumindest einer der Gründe, warum die Mehrfahrtenkarten in Papierform verschwinden. Die Entwertungskästen seien in die Jahre gekommen und sie zu ersetzen wäre ein kostspieliges Unterfangen.
Auch Walter, mit 77 schon länger pensioniert, kann mit der Abschaffung der Tickets leben. Obwohl er gerade ein Ticket am Automaten löst, meint er angesprochen auf die Neuerung: «Für mich ist es in Ordnung, da ich nur digital unterwegs bin.»
Die 27-jährige Jana findet ebenfalls: «Ich hatte ein GA und aktuell fahre ich mit anderen Tickets, drum bin ich nicht betroffen.»
«Allerhöchste Zeit für Abschaffung»
Aber nicht alle älteren Zugreisenden bedauern den Entscheid. Ein älterer Mann in Wanderausrüstung eilt gerade auf seinen Zug: «Allerhöchste Zeit, dass man die abschafft. Ein Zeichen der Zeit.» Es hätten doch längst alle ein Smartphone.