Düsseldorf . Die Heim-EM der Männer war für den Deutschen Handballbund ein umfänglicher Segen. Und ein neues ambitioniertes Projekt hat schon begonnen: den Frauenhandball zum lukrativen Geschäftsfeld ausbauen. Nächste Station auf diesem Weg ist am Sonntag Düsseldorf.
Die deutschen Spielerinnen feiern bei der WM 2023 den Sieg gegen Serbien.
Dreiundfünfzigtausendfünfhundertsechsundachtzig oder 53.586 – ja, sagt Mark Schober, die Zuschauerzahl vom Weltrekordspieltag der EM neulich in Düsseldorf, könne er auch genauso aufsagen, wenn man ihn nachts um drei wecken würde. Die Zahl ist drin im Kopf des Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Handballbundes (DHB). Und da bleibt sie auch erst mal, schließlich waren der Rekord wie auch das Heimturnier als Ganzes ein voller Erfolg. Sportlich, medial, wirtschaftlich. Da kann Schober rückblickend im Gespräch mit unserer Redaktion auch eingestehen: „Ich gebe offen zu, an den zwei Tagen vor dem Eröffnungsspiel war ich sehr nervös. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich schon mal so nervös war und schlecht schlafen konnte.“
Ganz ausgeschlafen haben sie beim DHB nun aber die nächsten Ziele im Blick. Und das sind einige, vor allem Großveranstaltungen. 2025 richtet Deutschland gemeinsam mit den Niederlanden die Frauen-WM aus, 2027 alleine die der Männer und 2029 oder lieber noch 2031 wäre man gerne schon wieder WM-Gastgeber bei den Herren, allerdings als Juniorpartner Frankreichs.
„Unser Ansatz ist aber nicht, dass wir Deutsche den anderen Nationen jetzt immer erzählen, wie so etwas geht“, sagt Schober. Es mache aber einfach Sinn, internationale Sportgroßveranstaltungen auszurichten, „um unsere Ziele zu erreichen. Erstes Ziel: Wir wollen sportlich erfolgreich sein, das geht nachweislich im eigenen Land besser. Zweites Ziel: Wir wollen Kinder für unseren Sport gewinnen. Drittes Ziel: Wir wollen Fans für unseren Sport gewinnen. Und am Ende können manche solcher Veranstaltungen dann auch noch wirtschaftlich erfolgreich sein. Aber das kommt ganz zum Ende.“
„Frauenhandball wird funktionieren“
Den Frauenhandball schließt Schober bei dieser Aufzählung übrigens explizit mit ein. Und zwar nicht als Patient am Quersubventions-Tropf der DHB-Herren, sondern durchaus forsch aus der Überzeugung heraus, dass Frauenhandball zu einem eigenen, verlässlichen Geschäftszweig heranwächst. 283.000 weibliche Mitglieder hat der DHB aktuell, das sind gut 40 Prozent. In Skandinavien liegt die Verteilung bei 50:50.
„Wir wollen den Frauenhandball nicht entwickeln, weil es en vogue wäre oder weil es uns alle sagen oder weil es politisch opportun wäre. Wir wollen den Frauenhandball lukrativer machen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass der Frauenhandball auf Dauer medial, beim Ticketing und beim Sponsoring richtig gut funktionieren wird. Es wird noch ein bisschen dauern, aber es wird funktionieren“, sagt Schober. Ein bisschen Geduld ist also noch gefragt.
„Ich glaube, kein Leistungssportler ist geduldig“, sagt Alina Grijseels, Nationalspielerin in Diensten des FC Metz, im Gespräch mit unserer Redaktion. Aber sie sagt eben auch, dass sie diese Aufbruchstimmung spüre, die Schober so euphorisch werden lässt. „Natürlich willst du jetzt den Erfolg. Und wir sprechen auch Dinge an, die uns jetzt helfen. Aber so wie sich für uns in den vergangenen Jahren etwas getan hat, zum Beispiel eine andere Wahrnehmung im Verband, so ist in Zukunft noch viel mehr möglich für den Handball“, sagt Grijseels, die in Wesel geboren wurde, in Duisburg, Aldekerk, Lintfort und Dortmund spielte und 2021 und 2022 Handballerin des Jahres hierzulande war.
Das Ziel für 2025: 11.000 Zuschauer in der Westfalenhalle
Schober wie Grijseels haben dabei die WM 2025 fest im Blick. Mit Vorrundenspielen in Trier und Stuttgart, mit Hauptrunden- und Viertelfinalspielen in der Dortmunder Westfalenhalle. „Wir haben das große Ziel, und da soll uns die WM 2025 helfen, den Frauenhandball lukrativer zu machen und die Lücke zum Männer-Handball zu verringern. Und es ist eine Herausforderung, in Dortmund zu Hauptrunde und Viertelfinale täglich zwischen 10.000 und 11.000 Zuschauer in die Westfallenhalle zu bekommen“, sagt Schober. Wie es sich anfühlt, vor so einer Kulisse zu spielen, weiß Grijseels nur zu gut. „Ich hatte schon 2023 das Vergnügen, mit Borussia Dortmund in der fast ausverkauften Westfalenhalle zu spielen. Das ist schon etwas Besonderes, wenn 11.000 Zuschauer hinter dir stehen“, sagt die Rückraumspielerin.
Erst Düsseldorf, dann Olympia, dann die Heim-WM
2025 ist also das Ziel, da soll die nächste Handball-Euphorie entfacht werden im Land. Und der perfekte Fahrplan steht auch schon: Erst die Olympia-Qualifikation Mitte April in Neu-Ulm schaffen („Wir sind unfassbar heiß, die zu schaffen. Die Gier ist riesig. Weil es auch realistisch ist.“), dann die Spiele selbst in Paris („Olympia ist halt das Größte für uns Sportler. Und es bietet für uns die größtmögliche Bühne, auch Zuschauer zu erreichen, die sonst keinen Frauenhandball gucken.“). Aber zuallererst steht der Jahresauftakt für die DHB-Frauen an.
Am Sonntag, 18.15 Uhr, geht es in der Düsseldorfer Mitsubishi-Electric-Halle in der EM-Qualifikation gegen die Slowakei (an diesem Donnerstag steigt bereits die erste Partie in der Slowakei). Knapp 4000 Zuschauer passen dort hinein, mehr als 2000 Tickets sind schon verkauft. „Mit Blick auf die Zukunft müssen wir ambitioniert sein, was die Hallenkapazitäten angeht, aber aktuell bringt es uns nichts, wenn wir in eine 10.000er-Halle gehen, und es sind 3000 da. Es ist dann schon schöner, in einer 4000er-Halle zu spielen, wo 3800 Fans dabei sind. So müssen wir es Stück für Stück entwickeln in Richtung größerer Arenen“, sagt Grijseels.
Jenseits des Spielfeldes ist der Plan also gelegt, um den Frauenhandball größer zu machen in Deutschland. Um ihn richtig groß zu machen. Jetzt muss das Team „nur noch“ auf der Platte mitziehen. Platz sechs bei der vergangenen WM im Dezember darf da nur ein Anfang gewesen sein. „Natürlich ist es toll, dass wir vom Verband mehr Aufmerksamkeit bekommen. Wir wollen aber auch aktiv unseren Teil dazu beitragen und sehen uns auch ein bisschen in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Frauenhandball in Zukunft einen höheren Stellenwert hat. Wir wissen, dass Erfolg am Ende dazu gehört“, sagt sie.
Da wird auch der komplexeste Masterplan plötzlich lapidar.
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