Der deutsche Milliardär Karl-Erivan Haub verschwand 2018 in den Walliser Bergen. Nun gibt es womöglich ein Lebenszeichen aus Moskau

Karl-Erivan Haub ist vor fünf Jahren verschwunden und seither unauffindbar. Ina Fassbender / Reuters

Am 7. April 2018 brach der Milliardär Karl-Erivan Haub zu einer Skitour am Klein Matterhorn auf. Um 9 Uhr morgens wurde Haub von einer Überwachungskamera an der Bergstation des Skigebiets gesichtet. Das letzte Lebenszeichen des Chefs der Tengelmann-Handelsgruppe.

Die aufwendige Suche nach dem Leichnam des 58-Jährigen blieb erfolglos. Aber auch Beweise, die seinen Tod widerlegen würden, tauchten nicht auf. Die Ermittler fanden sich damit ab, dass Haub wohl am Klein Matterhorn tödlich verunglückt ist.

Gut drei Jahre nach seinem Verschwinden wurde Haub auf Wunsch seiner Angehörigen im Mai 2021 rechtlich für tot erklärt. Das Kölner Amtsgericht entschied, dass es keine ausreichenden Indizien gebe, um «die ernstlichen Zweifel am Fortleben des Verschollenen zu beseitigen».

Das hat sich anscheinend geändert: Laut einem Bericht des «Sterns» sind Bilder von Karl-Erivan Haub aufgetaucht, die ihn 2021 in Moskau zeigen, wenige Monate vor der Todeserklärung.

Spuren nach Russland

Zweifel am Tod des erfahrenen Skiläufers hat es seit seinem Verschwinden gegeben. Oder zumindest Zweifel daran, dass es sich bei seinem mysteriösen Verschwinden um einen Unfall gehandelt hat. Spekulationen über Verbindungen zwischen Haub und Russland tauchten auf. So zeigte eine Auswertung seiner Handydaten, dass Haub regelmässig russische Telefonnummern anrief, letztmals am Abend vor seiner ominösen Skitour. Es ist von einem Doppelleben die Rede, von einer jahrelangen Affäre mit einer Russin, von Kontakten zum russischen Geheimdienst.

Die aufgetauchten Aufnahmen befeuern diese Gerüchte. Wie der «Stern» schreibt, hat ein Informant mit Verbindungen zum russischen Inlandsgeheimdienst FSB dem Medium die Aufnahmen einer Überwachungskamera zugespielt, die Haub in Moskau zeigen. Gemäss einer Biometrie-Software gebe es angeblich eine Übereinstimmung von über 90 Prozent mit Referenzbildern von Haub. Eine Fälschung könne jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Staatsanwaltschaft prüft rechtliche Schritte

Die neuen Indizien haben laut einem Bericht der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» dennoch ein gewisses Gewicht: Die Staatsanwaltschaft Köln überprüft nun, Haubs Status als Verschollener aufzuheben.

Die Person, die sich am längsten gegen die Todeserklärung von Karl-Erivan Haub wehrte, war seine Frau Katrin. Haubs Brüder Christian und Georg und die Unternehmensgruppe Tengelmann hatten zuerst beantragt, Karl-Erivan Haub für tot erklären zu lassen. Seine engste Familie trat dem Antrag erst Monate später bei und beendete damit auch einen Streit um die Neuverteilung der Macht im milliardenschweren Familienunternehmen.

Haubs Frau und seine Kinder verkauften ihre Anteile für eine Milliardensumme an den jüngeren Bruder Christian Haub, der seither neben der alleinigen Geschäftsführung knapp 70 Prozent an dem Handelskonzern hält, welcher unter anderem die Baumarktkette Obi, den Bekleidungsdiscounter KiK und zahlreiche Immobilien- und Unternehmensbeteiligungen umfasst.

Ob Karl-Erivan Haub den Verlust seines Erbes nicht verhindern konnte oder ihn einfach in Kauf nahm – das bleibt ein Rätsel, wie so vieles bei dieser Geschichte.