Der Berliner Rebell gibt sich plötzlich handzahm
Berlin. Den Auftakt des CDU-Parteitages in Berlin macht Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner. Ausgerechnet Wegner, der sich zuletzt gegen Parteichef Friedrich Merz beim Thema Schuldenbremse profiliert hat. Und nun?
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner auf dem CDU-Parteitag in Berlin.
Der Rebell gibt sich handzahm und besonders freundlich. Kai Wegner, Berlins Regierender Bürgermeister, hat sich in den letzten Monaten als Gegenspieler von CDU-Chef Friedrich Merz entpuppt. Ausgerechnet Wegner muss an diesem Montag den CDU-Parteitag in Berlin begrüßen – und er leitet zudem das Tagungspräsidium. Auf sein Grußwort ist also mit Spannung gewartet worden. Der Berliner ruft, dass man in der Hauptstadt wieder den Senat führe, habe auch etwas mit „viel Unterstützung“ der Bundespartei zu tun gehabt. „Ganz, ganz herzlich“ bedanke er sich bei Friedrich Merz, so Wegner. Na, so was.
Eine neue Harmonie? Das ist ja das übergeordnete Ziel des Konvents – die Union will möglichst große Geschlossenheit zeigen. Dabei hatte der Berliner Wegner zuletzt im Hintergrund gegen den Sauerländer Merz kräftig gestichelt – und öffentlich schoss er gegen die Parteilinie, in dem er eine Aufweichung der Schuldenbremse forderte. Im Bundestag wiederum hatte Merz vor einigen Monaten der Ampel mit auf den Weg gegeben, die Union werde an der Schuldenbremse nicht rütteln lassen. Was denn nun?
Merz hat für sich in Anspruch genommen, Wegner im Wahlkampf unterstützt zu haben; selbst seine Äußerung zu den „kleinen Paschas“, so heißt es aus dem Merz-Lager, habe dem Spitzenkandidaten der CDU im Berliner Wahlkampf geholfen. Dass Wegner hingegen die Schuldenbremse ändern will, stößt in der Partei auch deshalb auf Unverständnis, weil Berlin zugleich Wohltaten verteilt, etwa kostenlose Kita-Plätze und die Einführung eines 29-Euro-Tickets.
Wegner wiederum soll dem Parteichef übel nehmen, dass es vor der Berlin-Wahl vor einem Jahr hieß, Jens Spahn könne CDU-Spitzenkandidat in der Hauptstadt werden. Wer das Gerücht tatsächlich verbreitet hat, ist unklar. Spahn wollte davon nichts wissen. Auch wird kolportiert, der Berliner habe mehr Unterstützung erwartet, als die Stadt darüber diskutierte, ob seine Liebesbeziehung mit Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch in Ordnung sei.
Wegner gibt in seiner Rede den Hardliner, gegen „Klimakriminelle“ und Drogendealer. Er ist ganz auf Linie. Denn so sieht sich die Union unter Merz auch – konservativer und mit klarerer Kante. Die CDU wirke, wenn sie regiere, „wenn sie Verantwortung übernimmt“, betont Wegner. Die Union müsse daher schnellst möglichst wieder in die Bundesregierung. „Diese Ampel-Koalition hat doch jetzt schon fertig.“ Wegner weiter: „In der Opposition, im Dagegensein dürfen wir uns niemals bequem einrichten.“
Und dann gibt es auch noch ein Lob für die Parteispitze und für Merz, der die CDU im Bund neu aufgestellt und ihr neues Selbstbewusstsein gegeben habe, betont der Bürgermeister. Kein Wort zum tobenden Streit um die Schuldenbremse. Sicher ist sicher. Der Applaus für den Berliner fällt freilich mäßig aus.
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