Danach war nichts mehr, wie es war: 10 Alben, die die Welt verändert haben

10 Alben, die die Welt verändert haben Getty Images, Frank Micelotta Archive

Musik ist wichtig. Ungemein wichtig. Als Spiegel der Gesellschaft, als Möglichkeit des Eskapismus, als Balsam für die Seele – eigentlich für alles. Doch es gibt auch immer mal Alben, die sowas von wichtig sind, weil sie eine neue Zeitrechnung einläuten und exemplarisch für einen Wandel stehen, für eine Weiterentwicklung. Wir haben zehn davon mal zusammengetragen.

Als sie erschienen, war die Welt eine andere: Diese 10 Alben haben die Musik und die Gesellschaft für immer verändert

Kein Wunder, dass alle der hier genannten Künstler*innen als die Größten ihrer Zunft gelten, denn sie haben die Welt zu einer anderen gemacht. Und dank dieser grandiosen Platten auch zu einer besseren. Aber natürlich gibt es auch noch andere Alben, die eine neue Zeitrechnung eingeläutet haben. Aber diese zehn gehören unbestritten zu den wichtigsten.

Als Michael Jackson, ehemaliges Pop-Wunderkind der Jackson 5, Ende 1982 sein Album Thriller veröffentlichte, war die Welt eine andere. Zusammen mit dem Ausnahmeproduzenten Quincy Jones hatte er ein absolutes Meisterwerk zustandegebracht, dass die Grenzen dessen, was Pop (insbesondere für einen schwarzen Künstler) sein konnte, vollkommen neu definierte – und zwar auf vielen verschiedenen Ebenen. Nicht nur, dass er darauf mit Leichtigkeit Pop, Rock, R&B, Disco und Funk miteinnander verschmolz, er revolutionierte mit den dazugehörigen Clips auch das Genre der Musikvideos und schaffte es, das meistverkaufte Album aller Zeiten entwickelt zu haben. Bei den Grammys 1984 gewann er dafür acht Preise (ebenfalls ein Rekord). Mit dieser Platte hat Michael Jackson bis heute definiert, was Popmusik ist und sein kann. Ohne diese Platte gäbe es weder Stars wie Madonna oder Justin Timberlake, noch Produzenten wie Timbaland oder Pharrell Williams. Trotz der um Michael Jackson entstandenen Skandale gehören Songs wie Beat It, Billie Jean, Human Nature und der Titeltrack Thriller immer noch zum Besten und Zeitlosesten, was in der Popmusik je veröffentlicht wurde.

Auch als Nirvana im September 1991 ihr zweites Album Nevermind veröffentlichten, war die Musikwelt über Nacht nicht mehr dieselbe – und die Rockmusik mit Grunge um ein Musikgenre reicher. Wie keiner anderen Band gelang es Frontmann Kurt Cobain, Dave Grohl und Krist Novoselic, auf Nevermind die Wut und Wucht des Punk mit der Verwundbarkeit und Emotionalität des Pop zu verbinden. Diese Kombination aus ungeschliffener Kraft und ungemeinen Verletzlichkeit sprach Millionen von Teenagern (und weit darüber hinaus) aus der angeknacksten Seele und katapultierte Nirvana in die höchsten Sphären der Musik; ein Umstand, an dem der sensible Kurt Cobain im Alter von 27 zerbrach und Selbstmord beging. Nie wieder gelang Musik aus dem US-Underground mit einer solchen Wucht in den Mainstream. Ohne Nevermind kein Grunge, kein Britpop, kein Peter Doherty.

Aus seiner Art Laune heraus von Jahrhundertkünstler Andy Warhol protegiert, waren The Velvet Underground Zeit ihres Lebens mit ihrer Musik nicht sonderlich erfolgreich. Dennoch gilt das sogenannte Bananenalbum The Velvet Underground And Nico bis heute als eines der einflussreichsten der Musikgeschichte. Produziert und graphisch gestaltet von Andy Warhol gilt es als erstes Art-Rockalbum der Welt. Mit ihren Texten über Sadomasochismus, Transvestitismus und Drogensucht machten Lou Reed, John Cale, Angus MacLise, Sterlin Morrison und die deutsche Sängerin Nico vollkommen neue Felder auf und beeinflussten damit tausende von Bands und Künstler*innen nach ihnen. Drogensongs wie Sunday Morning und Klangexperimente wie Venus In Furs hatte es bis dato noch nicht gegeben. David Bowie, Iggy Pop, Siouxsie and the Banshees – sie alle hätte es ohne The Velvet Underground nie gegeben.

Klar, keine Liste über Bands und Alben, die die Musikwelt verändert haben, ohne die Beatles. Wobei es darüber, welches Album das wichtigste und einflussreichste der Band ist, sicherlich Uneinigkeit gibt. Die einen halten Revolver für das wichtigste, andere nennen Das weiße Album, aber wir nennen an dieser Stelle Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band. Warum? Weil Popmusik bis dato immer noch als alberne, vergängliche Teenie-Mucke verpönt war, Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Ringo Starr mit Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band, dem ersten Konzeptalbum der Welt, aber bewiesen, dass Pop auch Musik mit Anspruch und für die Ewigkeit sein kann. Diese Melodien, diese Arrangements, diese Ohrwürmer – ohne Songs wie A Day In The Life, Getting Better, Fixing A Hole und Lucy In The Sky With Diamonds wäre die Popwelt ohne Frage eine andere.

Jaja, auch eine deutsche Band hat es in diese Liste von Alben geschafft, die die Musikwelt für immer verändert haben – und zwar die einflussreiche Düsseldorfer Elektroformation Kraftwerk um deren Mastermind Ralf Hütter. Die New York Times hat Kraftwerk mal als „die Beatles der elektronischen Tanzmusik“ bezeichnet, und das trifft es ziemlich gut. Die Stringenz, die Neuartigkeit, das Konzept, die Melodien – all das war nicht von dieser Welt und hat später Genres wie Synthiepop, Electro, Detroit Techno, House, Disco, Industrial und Rap überhaupt erst möglich gemacht. Und eines von Kraftwerks besten und einflussreichsten Alben ist ohne Frage Trans Europa Express aus dem Jahr 1977. Das Veröffentlichungsjahr war die Hochphase des Punks, und plötzlich stand da dieser Monolith aus einer anderen (Klang)Welt in den Plattenregalen, die dazu noch mehr aus Wissenschaft und Philosophie als auf Unterhaltung ausgelegt war – und trotzdem tiefer ins Ohr ging als ein Q-Tip. Was für eine Platte! Ohne dieses Albums hätte es quasi nichts gegeben, was später auch nur ansatzweise elektronisch produziert wurde.

Als prägendstes und weltveränderndstes Rapalbum aller Zeiten kommen einige in Frage: Run DMC von Run DMC, 3 Feet High And Rising von De La Soul, It Takes A Nation Of Millions To Hold Us Back von Public Enemy, … aber ohne Frage gehört auch Straight Outta Compton, der Meilenstein von N.W.A dazu. Die Platte hat nicht nur spätere Solokünstler wie Dr. Dre, Ice Cube und Eazy-E hervorgebracht, sondern auch Westcoast-Rap definiert und das Gangsta-Rap-Genre erfunden – und in den Mainstream gebracht. Mit Straight Outta Compton brachten N.W.A die düstere Gang-Realität aus Compton in die Wohn- und Kinderzimmer in aller Welt. Teils reine Provokation, teils Prahlerei, teils akustische Reportage legten N.W.A mit diesem Album den Grundstein für all das, was Rap und HipHop heute sind. Eminem, 50 Cent, Snoop Dogg – ohne N.W.A wären die alle nicht da.

Auch ohne Elvis wäre die Musikwelt eine andere, daran besteht überhaupt kein Zweifel – und davon konnte man sich jüngst ja auch in den Hollywoods’schen Aufarbeitungen in Elvis mit Austin Butler und Priscilla von Sophia Coppola ein Bild machen. Nie zuvor wurde aus einem Teenager dermaßen viel Kapital geschlagen als mit Elvis Presley, dem King Of Rock und dem ersten Sexsymbol der Popmusik. Die Art und Weise, wie er vermeintlich weißen Country mit schwarzem Rhythm and Blues kombinierte, und zwar mit einer Sexyness, die es zuvor noch nicht gab und die Reihenweise Mädchen und Frauen und Jungs und Männer in Ekstase versetzte, die gab es vorher noch nicht. Songs wie Blue Suede Shoes und Elvis Interpretation von Tutti Frutti sind einfach zeitlos. Ohne Elvis keine Beatles, keine Rolling Stones, keine Kings, keine Sexsymbole – ganz einfach.

Ausnahmekünstler David Bowie war das erste Chamäleon des Pop, der sich auf unvergleichliche Art und Weise immer wieder neu erfand und es schaffte, außerweltliche Erfahrungen in den Pop zu bringen. Auf The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders From Mars schlüpfte er gar in die Rolle eines Außerirdischen, vermischte Hardrock und Glamrock zu Pop und zeigte auf, wie wichtig Bilder, Styles und vermeintliche Äußerlichkeiten sind, um Tiefe zu erzeugen. David Bowie hat sie am Ende irgendwie alle beeinflusst: Madonna, Boy George, Queen, Kiss, Prince, Harry Styles – die Liste ist endlos. Und Songs wie Five Years, Starman und Rock ’n’ Roll Suicide zeitlose Klassiker.

Jazz ist groß, Jazz ist wichtig – aber ihn umgibt immer auch eine Aura des Elitären. Das änderte sich im Jahr 1959, als der größte Jazzer aller Zeiten, Miles Davis, sein 22. Studioalbum Kind Of Blue veröffentlichte – DAS Jazzalbum schlechthin und die Blaupause für alles, was in Sachen Jazz danach kam – übrigens auch weil es eine der ersten kommerziell vertriebenen Stereo-LPs war, deren Klang durch seine Räumlichkeit und Klarheit einen bis heute gültigen Maßstab setzte (für den übrigens der aus München stammenden Toningenieur Fred Plaut verantwortlich zeichnete). Die Musik ist bis heute revolutionär, ist cool, spacig, offen – ein harter Bruch mit dem damals vorherrschenden Hard-Bop-Stil. Die Musik war überraschend zugänglich und hatte das Elitäre überwunden. Bis heute ist Kind Of Blue das kommerziell erfolgreichste und bis in alle Ewigkeiten von einflussreichstes Jazzalbum aller Zeiten.

Und noch so ein Meilenstein von einem Album: Das Punkrock-Manifest London Calling der britischen Band The Clash aus dem Jahr 1979. Darauf kombinierte die Band um Joe Strummer und Mick Jones Punkrock mit Reggae und Pop und revolutionierten dadurch nicht nur Punk, sondern auch die Rock- und Popmusik im Allgemeinen. Die Platte gilt als eine der besten Punkplatten aller Zeiten, aber auch als die, die dem Genre den Todesstoß versetzte – eben gerade wegen seiner Vielseitigkeit und Versiertheit. London Calling war die Platte, die Punk plötzlich in den Mainstream brachte und zu Pop machte – eigentlich ein Paradoxon. Ohne diese Platte kein Green Day, keine Manic Street Preachers, kein Rancid. Groß und zeitlos und weltverändernd bis heute.