Dan Schneider: Nickelodeon-Produzent verklagt Macher von »Quiet on Set«-Doku
Eine aufwühlende Serie thematisiert den mutmaßlichen Missbrauch und Sexismus beim US-Kindersender Nickelodeon. Einer der Protagonisten von »Quiet on Set« hat nun eine Verleumdungsklage eingereicht.
Dan Schneider: Nickelodeon-Produzent verklagt Macher von »Quiet on Set«-Doku
Dan Schneider, ehemaliger Produzent und Drehbuchautor beim TV-Sender Nickelodeon, hat die Verantwortlichen der Dokumentarfilmserie »Quiet on Set« verklagt. Er wirft den Macherinnen der Doku vor, fälschlich zu implizieren, dass er Kinderschauspielerinnen, mit denen er arbeitete, sexuell missbraucht habe.
Die Klageschrift gegen Warner Bros. Discovery und andere Firmen wurde am Los Angeles Superior Court eingereicht.
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Schneider, Jahrgang 1966, war in den Achtzigerjahren selbst ein Kinderstar. Später begann er eine Karriere als Sketchautor beim amerikanischen TV-Sender Nickelodeon. Bald war er für Erfolgsserien wie »Zoey 101«, »Drake & Josh«, »iCarly« und »Victorious« verantwortlich. Nickelodeon vertraute ihm, Dan Schneider galt als Genie, das wusste, was die junge Zielgruppe sehen wollte. Der Sender ließ ihm freie Hand.
Toxisches Arbeitsumfeld
Auch in der Dokuserie »Quiet on Set: The Dark Side of Kids TV«, die in Deutschland beim Streamingdienst Discovery+ zu sehen ist, steht Dan Schneider im Mittelpunkt. Die Doku beschreibt mithilfe von Interviews mit ehemaligen Darstellerinnen, Darstellern und Crewmitgliedern, wie junge Teenager in Nickelodeon-Serien sexualisiert worden seien. Schneider sei zudem für ein toxisches Arbeitsumfeld verantwortlich gewesen.
In der Doku geht es auch um den ehemaligen Kinderstar Drake Bell, der den Filmemacherinnen davon berichtet, im Alter von 15 Jahren durch ein Crewmitglied monatelang sexuell missbraucht worden zu sein. Brian Peck, der verurteilte Täter, arbeitete damals am Set der »Amanda Show«, Dan Schneiders erster selbst konzipierter Sendung für Nickelodeon. Auch die Mutter einer Schauspielerin, die von einem Crewmitglied sexuell missbraucht wurde, kommt zu Wort.
»›Quiet on Set‹ ist ein hit job«
Dan Schneider, von dem sich Nickelodeon 2018 trennte, wirft den Verantwortlichen vor, in »Quiet on Set« bewusst Aufnahmen und Erwähnungen von ihm mit kriminellen Sexualstraftätern zu vermengen. So solle impliziert werden, er sei an Straftaten beteiligt gewesen.
»Schneiders Darstellung in ›Quiet on Set‹ ist ein hit job« heißt es in der Klageschrift seiner Anwälte, absichtlich solle sein Ruf geschädigt werden. »Während es unbestritten ist, dass zwei tatsächlich des Kindesmissbrauchs Schuldige an Nickelodeon-Sendungen mitarbeiteten, ist es ebenso unbestreitbar, dass Schneider von deren Missbrauch keine Kenntnis hatte, nicht mitschuldig daran war, die Taten nach deren Entdeckung verurteilt hatte und, vor allen Dingen: selbst kein Täter in sexuellen Kindesmissbrauchsfällen war.«
In der vierteiligen Serie wird unter anderem dargestellt, wie in Schneiders Sendungen Mädchen und junge Frauen dargestellt wurden – oft in Szenen mit sexuellen Untertönen. Darüber hinaus wird der Ex-Produzent als zu Wutanfällen und emotionalem Missbrauch neigender Chef beschrieben. Schneider habe in Anwesenheit von Drehbuchautorinnen auf seinem Computer Pornofilme gezeigt und um »Massagen gebeten«.
Unreifes Verhalten
Nach der ursprünglichen Veröffentlichung der Doku hatte Dan Schneider zunächst mit einem auf seinem YouTube-Kanal veröffentlichten Interview reagiert. Er zeigte sich darin reumütig, schien bisweilen den Tränen nahe. »Ich musste mich meinen vergangenen Verhaltensweisen stellen, von denen einige peinlich sind«, sagte er.
Weiter beteuerte er, er schulde »definitiv einigen Leuten eine ziemlich große Entschuldigung«. Sein Verhalten damals sei unreif gewesen, er würde heute nicht mehr so auftreten. Justiziables Fehlverhalten räumte er nicht ein.
In der nun eingereichten Klageschrift fordert er einen noch zu bestimmenden Schadensersatz für »die Zerstörung von Schneiders Ruf und Vermächtnis« durch »falsche Aussagen und Implikationen«.
Der Sender Nickelodeon, der am jetzigen Rechtsstreit nicht beteiligt ist, schrieb, man könne Vorwürfe zu Produktionen, die Jahrzehnte zurückliegen »weder bestätigen noch dementieren«. Man sehe es aber als Verpflichtung, »ein sicheres und professionelles Arbeitsumfeld zu fördern, das frei von Belästigung oder anderen Arten unangemessenen Verhaltens ist«. In Deutschland übernahm RTL im April den deutschsprachigen Ableger von Nickelodeon.