Chinesische Top-Managerin kritisiert Arbeitsmoral und muss gehen
Honkong. Die Kommunikationschefin des Technologieunternehmens Baidu fordert öffentlich maximalen Einsatz der Angestellten – und trifft bei überlasteten chinesischen Arbeitnehmern einen wunden Punkt.
Die Kommunikationschefin des Technologieunternehmens Baidu fordert öffentlich maximalen Einsatz der Angestellten – und trifft bei überlasteten chinesischen Arbeitnehmern einen wunden Punkt. (Archiv/Symbol)
Nach einem öffentlichen Aufschrei hat sich eine Top-Managerin des chinesischen Technologieunternehmens Baidu für Aussagen entschuldigt, in denen sie die aus ihrer Sicht mangelhafte Arbeitsmoral von Mitarbeitern kritisiert hatte. „Viele der Kritikpunkte sind sehr treffend, ich denke darüber nach und nehme sie demütig an“, sagte Kommunikationschefin Qu Jing am Donnerstag (Ortszeit). Ihre „unangemessenen“ Äußerungen hätten „nach außen hin Missverständnisse über die Werte und die Kultur des Unternehmens hervorgerufen“.
Qu Jing hatte in mehreren auf der Plattform Douyin veröffentlichten Kurzvideos nach Ansicht von Kritikern den Eindruck erweckt, eine Kultur der ständigen Überarbeitung zu verherrlichen. So hatte sie in Bezug auf Angestellte, die Hunderte von Beschwerdebriefen geschrieben hatten, gedroht, sie werde deren Karrieren ruinieren, indem sie dafür sorgen werde, dass sie nie wieder einen Job in der Branche finden würden. In einem der Videos kritisierte sie eine Mitarbeiterin, die sich geweigert habe, während der Corona-Pandemie eine 50-tägige Geschäftsreise anzutreten. „Warum sollte ich auf die Familie meiner Mitarbeiterin Rücksicht nehmen? Ich bin nicht ihre Schwiegermutter“, sagte Qu.
Das chinesische Online-Medienportal „36Kr“ berichtete am Donnerstag, dass Qu ihren Posten bei Baidu verloren hat. Nutzer von sozialen Netzwerken wie Weibo hatten ihr einen Mangel an Empathie vorgeworfen. Baidu betreibt Chinas führende Suchmaschine sowie Ernie Bot, einen Dienst für künstliche Intelligenz, der ChatGPT ähnelt.
In China wird seit Jahren eine Debatte über ein „996“ genanntes Phänomen geführt. Technologieunternehmen erwarten von ihren Angestellten vielfach, an sechs Tagen in der Woche von 9 Uhr bis 21 Uhr zu arbeiten. Das Thema rückte auch nach dem Tod zweier Mitarbeiter des E-Commerce-Unternehmens Pinduoduo in den Fokus, von denen einer auf dem Heimweg von der Arbeit plötzlich auf der Straße zusammengebrochen war.
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