Handelsblockaden voraus: Der Freihandel hat auch in Europa einen schweren Stand.
Es gab eine Zeit, da ging es in Freihandelsverträgen vor allem um den Freihandel. Regierungen verpflichteten sich wechselseitig, Zölle und Einfuhrquoten zu senken. Das waren die goldenen Jahre des Welthandelssystems. Diese Zeit endete irgendwann in den Achtzigerjahren.
Zunehmend wurde dann wichtiger, wie nicht tarifäre Handelshemmnisse der Regulierung abgebaut werden könnten. Es ging um schädliche Weichmacher im Spielzeug aus Fernost oder genetisch veränderte Lebensmittel aus Amerika. Es ging um Sicherheitsstandards für Importwaren.
Von Produkt- zu Produktionsstandards
Seither hat der handelspolitische Fokus sich weiter verschoben, von den Eigenschaften der Güter hin zu den Bedingungen, unter denen sie produziert werden, von den Produktstandards hin zu den Produktionsstandards. Nun geht es um Gewerkschaftsrechte und Mindestlöhne, um Menschenrechte und Umweltstandards. Freihandelsverträge sind diese Abkommen nur noch dem Namen nach. In großen Teilen der Verträge geht es nun darum, unerwünschten Handel zu verhindern.
Eine unrühmliche Rolle spielt dabei die Europäische Union. Vorbei sind die Zeiten, als Politiker in Berlin, Paris oder Brüssel sich bitterlich beschwerten, wenn die Vereinigten Staaten sich anmaßten, ihr Recht extraterritorial anzuwenden, und in andere Staaten hineinregierten. Die EU selbst hat nun Gefallen an dem hässlichen Spiel gefunden.
Europäischer Handelsimperialismus
Sie nutzt den Zugang zum großen Binnenmarkt als Pfand, um anderen Staaten Umwelt- oder Sozialstandards in der Produktion aufzuerlegen. Man muss das als Imperialismus brandmarken. Wie würden die Europäer sich fühlen, wenn andere Länder der EU in die Sozial- und Umweltpolitik hineinregierten?
Beispiele für diese Herrenattitüde gibt es zuhauf, zumal die Gemeinschaft begonnen hat, mit Einfuhrprotektionismus ihre Wünsche durchzusetzen. Güter, für deren Produktion Wald abgeholzt wurde, dürfen nicht mehr eingeführt werden ebenso wie Güter, die von Zwangsarbeitern hergestellt werden.
Hiesige Unternehmen werden verpflichtet, die gesamte Zulieferkette auf Verstöße gegen Menschen- und Arbeiterrechte sowie den Umweltschutz zu prüfen und für Abhilfe zu sorgen. Das kommt einem Einfuhrverbot aus bestimmten Staaten gleich. Mit dem Kohlendioxid-Grenzausgleichsmechanismus drängt die EU andere Länder, sich an ihre Umweltstandards anzupassen.
Europa schadet sich selbst …
Diese extraterritorial ausgreifende Handelspolitik wird von Ökonomen kritisiert, weil die EU mit ihrem Beharren auf hohen Umwelt- und Sozialstandards den Menschen in Entwicklungsländern Aufstiegschancen nimmt. Sie wird von der Wirtschaft kritisiert, weil die EU den Unternehmen kaum erfüllbare Sorgfaltspflichten auferlegt und Schadensersatzklagen zulässt. Beide Kritiken sind richtig. Sie gehen aber nicht weit genug.
Denn drittens schadet die EU mit ihrer Herrenattitüde sich selbst, weil sie wenig Respekt vor den Wünschen und Bedürfnissen anderer Länder zeigt. Mehr Offenherzigkeit statt imperialem Gestus im Handel kann Wunder bewirken, wenn auf internationalem Parkett politische Verbündete gesucht werden.
… und seinen Bürgern
Letztens schadet die EU ihren Bürgern, weil sie die Souveränität des Brüsseler Apparats über die Konsumentensouveränität stellt. Gesagt wird, dass der Handelsprotektionismus im Namen des Umweltschutzes oder der Menschenrechte die Präferenzen der Bürger abbilde. Doch die Behauptung ist noch kein Beweis.
Früher hatten Industriegruppen einen unziemlich großen Einfluss auf die Handelspolitik und wurden dafür scharf kritisiert. Jetzt schlägt das Pendel in die andere Richtung. Man darf vermuten, dass nun Umweltschützer und Menschenrechtsgruppen einen unziemlich großen Einfluss auf die Handelspolitik ausüben. Ob das Ergebnis den Interessen der Bürger entspricht, ist zweifelhaft.
Freihandel zelebriert die Souveränität des Verbrauchers
Der besondere Wert des Freihandels nach außen und nach innen lag immer darin, dass der Verbraucher zwischen heimischen und fremden, zwischen teuren und billigen, zwischen überentwickelten und einfachen, zwischen Bio- und normalen, zwischen umweltfreundlichen und umweltschädlichen Gütern wählen kann. Freihandel zelebriert so die Konsumentensouveränität.
Der Verzicht auf Freihandel im Namen etwa des Umweltschutzes führt dazu, dass Güter hierzulande teurer und für manche unerschwinglich werden. Doch besser als der Apparat können die Bürger selbst entscheiden, ob ihnen die gesunde Umwelt in fernen Ländern den Aufpreis wert ist. Das entspräche der Idee der Marktwirtschaft. Mit Brüsseler Dirigismus verträgt sich das nicht.
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