Chaos in Putins innerem Kreis? Heikle Affäre trifft wohl nächsten Russland-Schergen
Bestechung oder Verrat?
Chaos in Putins innerem Kreis? Heikle Affäre trifft wohl nächsten Russland-Schergen
Russlands Verteidigungsminister Sergei Shoigu, Russlands stellvertretender Verteidigungsminister, Armeegeneral Valery Gerasimov, Russlands Präsident Wladimir Putin und Russlands Sondergesandter des Präsidenten für Umweltschutz, Ökologie und Verkehr Sergei Ivanov (LR) während eines Treffens im Nationalen Verteidigungsmanagementzentrum Russlands. (Archiv)
Russland sieht sich Gerüchten gegenüber: Insiderquellen behaupten, Kreml-Mitglieder könnten Staatsangelegenheiten verraten haben. Die Affäre zieht weitere Kreise.
Moskau – Die Gerüchte um eine Verratsaffäre im engeren Umfeld des Kreml in Moskau bekommen neue Nahrung: Möglicherweise wurde in dem Zusammenhang ein weiterer Mann in Russland festgenommen, nämlich Ruslan Tsalikov, russischer Vize-Verteidigungsminister. Über Spekulationen darüber berichtet das US-amerikanische Institute for the Study of War, kurz ISW.
Bereits Ende April war der stellvertretende Verteidigungsminister Timur Iwanow festgenommen worden. Die offizielle Begründung: Er soll Bestechungsgeld in besonders hohem Umfang angenommen haben. Doch bald kamen Gerüchte auf, der Vertraute von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow habe möglicherweise „Staatsverrat“ begangen und damit einen Skandal ausgelöst. Iwanow soll vor allem mit Bauvorhaben befasst gewesen sein, unter anderem in der durch den Ukraine-Krieg besetzten ukrainischen Stadt Mariupol. Die Behauptungen um eine Verratsaffäre stammen von einem russischen Oppositonsmedium, das sich Istories nennt, und Zugang zu Insidern haben will.
Verrat um Wladimir Putin und Russlands Staatsangelegenheiten?
Am 1. Mai veröffentlichte das britische Verteidigungsministerium im Netzwerk X einen Bericht, der sich auf nicht näher bezeichnete russische Quellen bezieht. Demnach sei Tsalikov vom russischen Geheimdienst FSB in der gleichen Angelegenheit wie Iwanow befragt worden. Laut ISW und britischem Verteidigungsministerium handelt es sich dabei um Bestechungsangelegenheiten, nicht um Staatsverrat.
Tsalikov sei laut britischem Geheimdienst wie ein Pate für Iwanow und der dritthöchste in der Hierarchie des russischen Verteidigungsministeriums, nach Verteidigunsminister Sergej Schoigu und Walery Gerassimow, dem Generalstabschef der russischen Streitkräfte. Nach Angaben des ISW von Ende April, könnte Tsalijow in diesem Zusammenhang in den vorzeitigen Ruhestand geschickt werden, außerdem würden die Behörden möglicherweise Strafanzeige gegen ihn stellen.
Wladimir Putins Zirkel: Auch Finanzminister Siluanow in Affäre involviert?
Wie BR24 berichtet, gibt es auch andere Sichtweisen auf die Verhaftung Iwanows: Der Vize-Verteidigungsminister habe seinen Reichtum möglicherweise zu offen zur Schau getragen und nicht versteckt. Laut US-Experten zögen manche Profiteure von Korruption zu viel Aufmerksamkeit auf sich, sodass der Umfang auch für Wladimir Putin nicht mehr tragbar sei.
Die Gerüchte um den Staatsverrat stammen bisher aus russischen Insiderquellen, die streng geschützt werden. Es gibt dazu keine offiziellen Bestätigungen, auch nicht seitens des ISW. Sollten die Insiderquellen des russischen Oppositionsmediums allerdings Recht haben, wäre das ein handfester Skandal um Verrat von Staatsangelegenheiten im innersten Zirkel von Wladimir Putin.
Und sie könnte noch weitere Kreise ziehen: Das britische Verteidigungsministerium sieht „eine realistische Möglichkeit“, dass auch der russische Finanzminister, Anton Siluanow, in die Affäre – welcher Art auch immer sie ist – verwickelt sein könnte. (kat)