Champions League: Bayern München scheiden aus – Debatte über Schiedsrichter entflammt
Für die Bayern war der Einzug ins Champions-League-Finale gegen Dortmund zum Greifen nah. Dann leistete sich Manuel Neuer einen seltenen Patzer – und ein Ex-Hannoveraner traf doppelt. Am Ende stand der Referee im Fokus.
Champions League: Bayern München scheiden aus – Debatte über Schiedsrichter entflammt
Auch nur ein Mensch: Stattliche 38 Jahre ist Manuel Neuer mittlerweile alt, er gewann nahezu alle relevanten Titel, revolutionierte das Torwartspiel und ließ sich von zahlreichen Verletzungen nicht bremsen. Krasse Fehler leistete er sich selten – am Mittwochabend aber patzte er, nachdem er die Bayern zuvor im Alleingang im Spiel gehalten hatte. Vinícius Júnior zog von halblinks ab, Neuer hatte den Ball eigentlich schon sicher, doch dann glitt er ihm aus den Armen. Joselu rauschte heran und glich das Spiel aus (88. Minute). Es war der Anfang vom Ende für die Bayern.
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Ergebnis: Real Madrid gewann 2:1 (0:0) gegen den FC Bayern, der nach einem Treffer von Alphonso Davies (68.) bis kurz vor Ende in Führung lag. Auch das zweite Real-Tor erzielte Joselu (90.+1.). Das Hinspiel vor einer Woche hatte 2:2 geendet. Die Madrilenen treffen damit im Champions-League-Finale am 1. Juni im Wembley-Stadion auf Borussia Dortmund. Lesen Sie hier die Meldung zum Spiel. Hier können Sie die Partie im Minutenprotokoll nachlesen.
Wie Pep: Bayerns Trainer Thomas Tuchel griff vor dem Spiel in die Trickkiste und machte etwas, was bei den Bayern eigentlich seit den oftmals misslungenen Champions-League-Experimenten von Pep Guardiola verpönt ist: Er baute in einem großen Spiel seine Startelf um. Im Zentrum ersetzte Aleksandar Pavlović den routinierten Leon Goretzka. Der 20-Jährige sollte für mehr Passsicherheit und Ruhe im Spiel der Bayern sorgen, verriet Tuchel. Die Idee dahinter war verständlich, doch die Abstimmung mit Nebenmann Konrad Laimer funktionierte – naturgemäß – nicht immer. Dass Real die erste Hälfte dominierte, lag vor allem am Mittelfeld, wo die Bayern gegen die Königlichen um deren Maestro Toni Kroos nicht immer dagegenhalten konnten.
Eigenwerbung: Auch die Bayern setzten vereinzelt Nadelstiche, während Neuer hinten spektakulär parierte. Nach der Pause wurde das Spiel dann offener, es ging hin und her – und die Bayern in Führung. Alphonso Davies – in der 28. Minute für den wieder mal am Oberschenkel verletzten Serge Gnabry gekommen – zog vom linken Strafraumeck mit seinem schwachen rechten Fuß ab und traf traumhaft zur Führung. Der so lange so formschwache Linksverteidiger, der auch mit einem Wechsel zu Real in Verbindung gebracht wird, hätte der Held von Madrid sein können.
La bestia negra: Viel hatte tatsächlich nicht gefehlt, und die Bayern wären wieder als »bestia negra« auf den Titelseiten der spanischen Sportzeitungen gelandet. So betitelte die Presse die Bayern einst, als sie mit ihren schwarzen Auswärtstrikots die spanischen Teams oft zur Weißglut trieben. Diesen Nimbus aber haben die Bayern verloren. Bei den vergangenen vier Duelle zwischen Real Madrid und den Bayern setzte sich immer Real durch, das »weiße Ballett« spielt mehr wie eine Bestie als »la bestia negra«.
Ja, der Joselu: Und zum Spiel einer Bestie gehört es, dass es nicht immer schön sein muss. Real hatte viele sehenswerte Ballstafetten, die meisten endeten aber erfolglos. Den Sieg brachte dann einer, den man nicht unbedingt im »weißen Ballett« erwartet hätte: Joselu, der nach dem Patzer von Neuer und anschließend auf Vorarbeit von Antonio Rüdiger das Spiel umbog. Bundesliga-Fans kennen den in Stuttgart geborenen Stürmer natürlich, er war in Hoffenheim, Frankfurt und Hannover am Ball, nirgends fiel er als ein Spieler auf, der ein Champions-League-Halbfinale entscheiden könnte. Er tingelte durch die Welt, und als Real Madrid vor der Saison Weltklasseangreifer Karim Benzema verlor, wünschte sich Trainer Carlo Ancelotti eine neue Nummer Neun. Er wollte Harry Kane, bekam aber Joselu. Der ist selbstverständlich meistens nur Ersatz – aber kein allzu schlechter, wie man spätestens am Mittwoch sah.
Desaster: Das Spiel war aber auch nach dem zweiten Joselu-Treffer nicht vorbei. Den Bayern – die aus Verletzungsgründen ihre ganze Offensivreihe auswechseln mussten – gelang lange nicht viel nach dem Rückschlag. Dann aber wurde es hektisch: Ein weiter Ball flog in den Strafraum in Richtung von Noussair Mazraoui. Anschließend köpfte Thomas Müller zu Matthijs de Ligt. Der Niederländer traf zum vermeintlichen Ausgleich, Schiedsrichter Szymon Marciniak pfiff die Szene aber Sekundenbruchteile vorher ab. Der Linienrichter hatte ihm vorher eine Abseitsstellung Mazraouis angezeigt. Auf den TV-Bildern war nicht klar zu erkennen, ob es Abseits war. Warum Marciniak die Szene aber nicht weiterlaufen ließ, um sie später vom VAR prüfen zu lassen, sorgte nicht nur bei den Bayern für Fragezeichen und Ärger. Ein »absolutes Desaster«, nannte Tuchel die Entscheidung. »Ich finde das unglaublich. Ich kann das nicht verstehen. Es ist nicht ganz klar, da musst du durchspielen lassen«, sagte de Ligt. Der Schiedsrichter habe sich bei ihm entschuldigt. Genutzt hat das den Bayern nichts.
Vorbei: Seit der Saison 2011/12 holten die Bayern jedes Jahr mindestens einen Titel. Dieser Serie ist nun gerissen. Das Aus im DFB-Pokal in Saarbrücken war für das Münchner Starensemble peinlicher, die Pleite in Madrid aber bitterer.
Wembley is calling: Die Wiederauflage des Champions-League-Finals von 2013 ist also abgeblasen. Stattdessen greift das favorisierte Real Madrid am 1. Juni nach seinem nächsten Titel. Die Dortmunder treffen dann zwar nicht ihre alten Rivalen aus der Bundesliga, aber immerhin auf Jude Bellingham, der vor der Saison vom BVB nach Madrid übergesiedelt ist.