News: Abhöraffäre, Bahn, Claus Weselsky, Boris Pistorius, Rishi Sunak, Sommermärchenprozess

Was aus der Abhöraffäre folgt. Droht wieder ein Bahnstreik? Und endlich: der Sommermärchenprozess. Das ist die Lage am Montagmorgen.

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News: Abhöraffäre, Bahn, Claus Weselsky, Boris Pistorius, Rishi Sunak, Sommermärchenprozess

Die Abhörblamage

Die Abhöraffäre der Bundeswehr hat die politischen Debatten des Wochenendes bestimmt, und da vieles noch nicht aufgeklärt ist, wird sie uns auch heute und auch in den nächsten Tagen beschäftigen.

Doch so nötig es ist, den Fall gründlich aufzuklären, sollten die politischen Akteure darauf achten, dass ihre Debatten nicht exakt den Verlauf nehmen, den Russlands Präsident Wladimir Putin und seine Spione sich mit ihren Abhöraktionen wünschen.

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Zunächst: Was ist überhaupt passiert?

Ein russischer Staatssender veröffentlichte den Mitschnitt eines Gesprächs zwischen vier Bundeswehroffizieren über einen möglichen Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern durch ukrainische Streitkräfte. Für ihre Besprechung nutzen die Offiziere die Plattform Webex. Das ist ein gängiges Programm für Video- und Telefonkonferenzen – für sensible Gespräche ist es aber möglicherweise nicht sicher genug (lesen Sie hier eine Analyse zu dem heiklen Fall).

Nun müssen sich die Offiziere die Frage gefallen lassen, ob sie grob fahrlässig gehandelt haben. Denn dass es gelingt, die Bundeswehr auszuspähen, schadet Deutschlands Ansehen auch bei seinen Verbündeten, die sich eigentlich sicher sein müssen, dass vertrauliche Informationen nicht an Unbefugte gelangen.

Aus Sicht der Opposition birgt die Affäre ein weiteres Ärgernis: Den abgehörten Offizieren zufolge könnte die Ukraine sehr wohl ohne die Hilfe deutscher Soldaten die Marschflugkörper bedienen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aber hat erst vergangene Woche sein Nein zur Lieferung des Taurus-Geräts damit begründet, dass für die Zielführung deutsche Hilfe nötig sei.

Die Union beantragt deswegen eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses. Scholz möge dort, so die Forderung, auch persönlich erscheinen. Außerdem solle er eine Regierungserklärung abgeben. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt wollten einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht ausschließen.

Das alles hat seine demokratische Ordnung. Doch vergessen sollte man dabei eben nicht: Je aufgeregter die Debatte geführt wird, desto mehr dürfte sich der Herrscher im Kreml freuen. Putin nämlich – und darauf weist auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hin – versucht, die deutsche Innenpolitik auseinanderzutreiben: »Es geht um Spaltung, es geht darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben«, sagte der SPD-Politiker gestern.

Natürlich steht auch Pistorius unter Druck. Und das sollte er auch, es sind seine Leute, die hier möglicherweise fahrlässig gehandelt haben. Doch mit seiner Einschätzung zu Putin hat Pistorius recht.

Schon wieder Streik?

Claus Weselsky, Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) lädt heute um 11 Uhr in Berlin zu einer Pressekonferenz ein. Er will über die aktuelle Lage im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn informieren. Hauptstreitpunkt ist weiterhin die Forderung der GDL nach einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Eigentlich hatten GDL und Bahn bis gestern verhandeln wollen. Nach Angaben der Bahn aber habe die Gewerkschaft die Gespräche platzen lassen.

Nun drohen also schon wieder Streiks. Auch der Güterverkehr könnte betroffen sein.

Es nervt langsam wirklich. Streiks können zwar nötig sein – aber als letztes Mittel der Auseinandersetzung. Zur Gewohnheit werden sollten sie nicht. Und sie sind längst schon zur schlechten Gewohnheit geworden.

Und wenn es schon sein muss: Bitte mit ein paar Tagen Puffer, damit wir, die Kundinnen und Kunden, die das alles ausbaden müssen, umplanen können. Transparente Notdienstpläne wären dann auch nicht schlecht.

Wie Sunak sich auf Kosten von Migranten profilieren will

Der britische Premierminister Rishi Sunak möchte irregulär eingereiste Asylbewerber nach Ruanda abschieben lassen. Heute ist eine erste Abstimmung im britischen Oberhaus zu diesen Plänen angesetzt. Es sieht so aus, als würde es nicht einfach werden für Sunak und seine konservative Regierung, das Gesetzesvorhaben durchzubringen. Denn es ist umstritten.

Kritik gibt es vor allem daran, dass die persönlichen Umstände der Migranten nicht berücksichtigt würden. Dieses Vorhaben entspreche nicht den Menschenrechtsverpflichtungen des Königreiches, so erklärte ein gemeinsamer Ausschuss von Unter- und Oberhaus des Parlaments. Außerdem kritisierte der Ausschuss, dass Ruanda als sicheres Herkunftsland eingestuft werden soll.

Auch Menschenrechtsorganisationen und Vertreter der anglikanischen Kirche sprachen sich gegen das Vorhaben aus.

Für Sunak selbst haben die Pläne aber »dringende nationale Priorität«, so sagte er. Er wünscht sich, dass das Gesetz vor den noch in diesem Jahr stattfindenden Parlamentswahlen in Kraft gesetzt wird.

Sunak will damit wohl die Chancen seiner Partei bei den Wahlen erhöhen. Viel nützen würde es ihm aber sowieso nichts. Aktuelle Umfragen sagen eine schwere Niederlage der Konservativen voraus. Großbritannien sehnt sich geradezu nach einem Wechsel.

Lesen Sie hier den aktuellen SPIEGEL-Leitartikel

Der Hunger in Gaza ist keine Naturkatastrophe: Weil Israel zu wenige Hilfsgüter in den Gazastreifen lässt, sterben die Menschen dort nicht nur durch Bomben, sondern demnächst womöglich an Hunger. Nun soll eine Luftbrücke helfen. Dabei wäre eine andere Politik notwendig.

Hier geht’s zum aktuellen Tagesquiz

Die Startfrage heute: Was bedeuten die beiden Begriffe »Glasnost und Perestroika«?

Verlierer des Tages…

…sind drei Herren. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt wirft den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2006 in Deutschland vor.

Ab heute müssen sich die drei ehemaligen Funktionäre des Deutschen Fußball-Bundes vor dem Landgericht Frankfurt verantworten. Das Verfahren hat jetzt schon einen Namen: Sommermärchenprozess.

Im Oktober 2015 hatte der SPIEGEL fragwürdige Zahlungen um die WM-Vergabe nach Deutschland enthüllt. An den Enthüllungen gab es damals auch Kritik: Ob denn den Deutschen ihr Sommermärchen im Nachhinein verdorben werden solle, wurde gefragt.

Die Frage war damals schon merkwürdig.

Das Sommermärchen heißt ja so, weil Deutschland in jenem Sommer 2006 sich zum Erstaunen der Welt (und vor allem zum eigenen Erstaunen) als vorbildlicher Gastgeber erwiesen hat. Wäre aber ein Gastgeber, der mutmaßlich schmutzige Geschäfte nicht aufarbeiten will, immer noch ein Vorbild?

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

    Trump verwechselt Obama und Biden – betretenes Schweigen im Publikum: Wer sitzt denn nun derzeit im Weißen Haus? Donald Trump hat bei einem Wahlkampftermin Joe Biden und Barack Obama durcheinandergebracht. Es ist nicht der erste Ausrutscher dieser Art.

    Markus Söder nennt Kanzlerkandidatur »extremst unwahrscheinlich«: 2021 unterlag er parteiintern gegen Armin Laschet. Doch hegt Markus Söder bei der nächsten Wahl neue Ambitionen auf das Kanzleramt? In der ARD wurde der CSU-Mann theoretisch. Sehr theoretisch sogar.

    Nikki Haley gewinnt erste republikanische Vorwahl vor Trump: Erfolg für die letzte parteiinterne Widersacherin: Nikki Haley holt bei den Vorwahlen im District of Columbia den Sieg. Der ist zwar eher symbolisch – dürfte Donald Trump aber dennoch nerven.

Diesen Text möchte ich Ihnen heute besonders empfehlen:

Politiker in einer AfD-Hochburg: Thomas Schurig ist Bürgermeister in Dorfchemnitz. Bei der Bundestagswahl erzielte die AfD hier mit 52,3 Prozent ihr bestes Ergebnis. Damals verteidigte er das Resultat und nahm die Kandidatin in Schutz. Und heute? Sagt er: »Ich sehe nicht ein, dass ich der Prellbock für den ganzen Mist bin, den sie in der Regierung beschließen«. Mein Kollege Janko Tietz hat den Mann besucht.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihre Susanne Beyer, Autorin der Chefredaktion

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