CDU will zurück zur Wehrpflicht
Delegierte am Dienstag auf dem Parteitag der CDU in Berlin
Der CDU-Parteitag hat am Dienstag mit großer Mehrheit für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht gestimmt. „Wir werden die Aussetzung der Wehrpflicht schrittweise zurücknehmen und die Wehrpflicht in ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr überführen“, soll es im neuen Grundsatzprogramm heißen. „Bis zu dieser Umsetzung fordern wir zu Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr die Einführung einer Kontingentwehrpflicht.“ Die Wehrpflicht war 2011 ausgesetzt worden.
Damit folgte der Parteitag einem Vorschlag der Jungen Union, der sprachlich nur leicht verändert wurde. Im Programmentwurf hatte es zur Wehrpflicht nur geheißen, dass nach deren Aussetzung „keine Denkverbote für die Zukunft geben“ dürfe und dass das Konzept eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres auch den Streitkräften zugutekommen solle.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, sagte: „Wir leben in einem Land, dass sich im Notfall nicht gegen Aggression von außen verteidigen kann.“ Dies sei ein unhaltbarer Zustand. „Wir dürfen die Verteidigung unserer Demokratie nicht weiter dem Prinzip Hoffnung überlassen.“
Die hessische CDU-Fraktionsvorsitzende Ines Claus entgegnete für die Antragskommission, die empfohlen hatte, den Vorschlag abzulehnen, dass die Bundeswehr im verpflichtenden Gesellschaftsjahr „mitgedacht“ sei. Es gebe keine inhaltlichen Unterschiede zum Antrag der Jungen Union. Doch viele Delegierte sahen das anders.
Günther unterstützte die Junge Union
Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther sagte, sein Landesverband unterstütze den Antrag der Jungen Union ausdrücklich. Er hob hervor, dass das nicht im Widerspruch zum Beschluss des vergangenen Parteitages stehe, ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr einzuführen. Das bedürfe aber einer gewissen Zeit, um das vernünftig vorzubereiten. „Diese Zeit haben wir aber nicht.“ Deswegen sei es richtig, im ersten Schritt eine Kontingentwehrpflicht einzuführen.
Bei einem Kontingentmodell würde die Bundeswehr selbst ihren Personalbedarf angeben. Nach der Musterung eines Jahrgangs werde dann nur ein Kontingent in der gewünschten Größenordnung eingezogen.
Der Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul, Verteidigungspolitiker aus Schleswig-Holstein, stellte sich ebenfalls hinter die Initiative der Junge Union. Das sei der richtige Schritt, „um die Bundeswehr einsatzfähig zu machen“. Es sei zu wenig zu sagen, es gebe keine Denkverbote. Wenn der Vorschlag abgelehnt würde, sei die Botschaft: „Die CDU will sich nicht positiv zur Wehrpflicht äußern.“ Davor könne er nur warnen, sagte Wadephul. „Wir wollen eine einsatzfähige Bundeswehr und dafür brauchen wir auch Menschen und deswegen ist dieser Antrag richtig.“
Strikter Migrationskurs
Der Parteivorsitzende Friedrich Merz, der am Vortag mit knapp 90 Prozent wiedergewählt worden war, machte am Dienstag abermals deutlich, dass die CDU mit dem Programm zeige, dass sie mit Substanz sagen könne, „warum wir regieren wollen“. Das Programm diene der Selbstvergewisserung nach innen. Die CDU müsse aber auch die Wechselwähler erreichen, an die sei das Programm insbesondere gerichtet. „Es gibt Orientierung, es gibt Halt, es gibt den Menschen auch Zuversicht in unsicherer Zeit“, sagte Merz.
Unter der Überschrift „Humanität und Ordnung“ legte sich die CDU im Grundsatzprogramm auf einen strikten Migrationskurs fest. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Thorsten Frei sprach von einem „grundsätzlichen Paradigmenwechsel“. Die CDU will das europäische Asylsystem so reformieren, dass jeder, der Asyl in Europa beantragt, in einen „sicheren Drittstaat“ gebracht werden, wo ein Asylverfahren stattfindet. Wer anerkannt wird, kann über ein Kontingent in einen EU-Staat kommen. Gewährleistet ist das aber nicht. Größere Auseinandersetzungen gab es zu der Frage nicht auf dem Parteitag.
Ein junger Delegierter zitierte den Koalitionsvertrag der Ampel, in dem von Abschiebungen die Rede sei und beschwerte sich, dass das Wort Abschiebungen im Programmentwurf nicht vorkomme. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, verwies darauf, dass im Programm stehe, dass Straftäter nicht in Deutschland bleiben könnten. Und er stellte klar: „Wenn wir in die Lage kommen sollten, das tatsächlich mit unseren europäischen Partnern umzusetzen, was wir hier in dieses Grundsatzprogramm schreiben, dann wird das Thema Rückführungen am Ende dieses Prozesses überhaupt nicht mehr die Bedeutung haben, die es heute hat.“
Gleichstellung oder Gleichberechtigung
Einen kurzen Schlagabtausch gab es am Dienstagmorgen zu einer Passage in der Grundwertecharta, die Teil des Grundsatzprogramms ist. Bereits auf dem Parteitag im vergangenen Jahr in Hannover wurde heftig über die beiden Begriffe Gleichstellung und Gleichberechtigung gestritten. In der damals schon verabschiedeten Grundwertecharta hieß es: „Wir arbeiten für ein Land, in dem die Gleichberechtigung der Geschlechter und die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau verwirklicht ist.“ Manchen ging der Begriff Gleichstellung zu weit, sie sahen darin einen „linken Kampfbegriff“.
Auch in Berlin gab es noch einmal zwei kritische Wortmeldungen dazu. Eine Delegierte bezeichnete es als „Schönheitsfehler“, dass in der Grundwertecharte von der Gleichstellung die Rede sei, das sei ein identitätspolitischer Begriff. Die Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner entgegnete: „Soll unsere Botschaft heute wirklich sein, Gleichstellung ist ein Schönheitsfehler? Liebe Leute, ich glaube, wir haben gar nichts gelernt vom vergangenen Parteitag.“ Sie sei „kein Fan“ des Begriffes gewesen. Am Ende habe aber ein Parteitag entschieden und wer von konservativen Werten spreche, müsse anerkennen, dass das dann gelte. Die breite Mehrheit stimmte dafür, beim Beschluss des vergangenen Parteitags zu bleiben.
Inhaltlich verwies Klöckner darauf, dass Frauen und Männer nach dem Grundgesetz zwar gleichberechtigt seien, aber es Frauen und Mädchen gebe, die vollverschleiert sein müssten und nicht heiraten könnten, wenn sie wollten, die hätten „Gleichberechtigung vom Gesetz, aber keine Gleichstellung in dieser Gesellschaft“. Gleichstellung meine die politischen Maßnahmen, damit das, was im Gesetz stehe, umgesetzt werden könne. Dafür bekam sie donnernden Applaus. „Wir haben andere Probleme als diese Wortklauberei jetzt hier.“