Habeck verliert Gerichtsverfahren: Ministerium muss Geheimakten zur Atomkraft rausgeben

habeck verliert gerichtsverfahren: ministerium muss geheimakten zur atomkraft rausgeben

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen: Habeck hat vier Wochen Zeit, um in Berufung zu gehen.

In Energiefragen will die Bundesregierung die Zeichen auf Grün stellen: Atomkraft, nein danke. Dafür setzt sie eigentlich auf umweltfreundlichen Strom aus Erneuerbaren, muss aber tatsächlich Kohlekraftwerke wieder hochfahren. Die Abschaltung der letzten Reaktoren im Jahr 2023 hat den vorläufigen Ausstieg aus der Atomkraft markiert. Die Kritik daran ist groß. Ein Gerichtsurteil könnte die Atomkraftdebatte in eine neue Richtung lenken.

Seit mehr als anderthalb Jahren klagt das Politik-Magazin Cicero auf eine Herausgabe der Akten, die als Grundlage für den Atomausstieg dienten. Bisher verweigerte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Einsicht. Das Magazin stellt bereits im Juli 2022 einen Antrag. Cicero sicherte sich dabei rechtlich über das Umweltinformationsgesetz ab, das eine Einsichtnahme gestattet.

Das von Wirtschaftsminister Robert Habeck geführte Ministerium lehnte den Antrag jedoch ab. Das Magazin schreibt dazu: „Die Grünen, so zeigt sich hier, reden zwar gerne von Transparenz, halten aber wenig davon, wenn sie selbst betroffen sind.“ Cicero klagte vor dem Verwaltungsgericht Berlin, an dem Anfang der Woche das Urteil verlesen wurde.

Die Ablehnung der Akteneinsicht sei rechtswidrig, so die Richter. „Der Kläger hat Anspruch auf Zugang zu den nicht offengelegten Unterlagen“, heißt es weiter, wie Cicero berichtete. Das Ministerium habe nicht darlegen können, aus welchen Gründen die Atomkraft-Akten geheim gehalten werden sollten. Die Argumentation der Juristen, die Habeck vor Gericht vertraten, reichte dem Gericht nicht.

Wie Cicero berichtete, lautete eine Begründung, dass „die Offenlegung der internen E-Mails, Vermerke oder anderer Dokumente nachhaltige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit der Beratungen innerhalb der Bundesregierung“ hätten. Trotz des vollzogenen Atomausstiegs bestehen auch weiterhin „der dringende Bedarf an einem geschützten Raum“. Das Thema sei noch lange nicht erledigt, heißt es.

Laut Cicero widerspricht der juristische Beistand des Wirtschaftsministers mit dieser Aussage der offiziellen Linie, die Grüne und SPD vertreten, wonach die Atomkraftdebatte in Deutschland ein für alle Mal beendet sei. Angesicht steigender Strompreise und dem Aufruf einiger Politiker, möglichst wenig Strom zu verbrauchen, steigt die Kritik und der Zweifel an einer reibungslos laufenden Energiewende.

Im Gerichtsverfahren räumte das Wirtschaftsministerium laut Cicero ein, dass man sich sowohl im In- als auch im Ausland, vor allem innerhalb der Europäischen Union, für den Ausstieg aus der Atomkraft rechtfertigen müsse. Auch aus diesem Grund sollten die Akten, so das Ministerium, nicht an die Öffentlichkeit geraten. James Bews, zuständiger Richter am Verwaltungsgericht Berlin, widersprach dieser Argumentation.

Die Konsequenz: Alle geheim gehaltenen Unterlagen, „darunter E-Mail des mittlerweile über seine Trauzeugenaffäre gestolperten damaligen Habeck-Staatssekretärs Patrick Greichen“, müssen Cicero übermittelt werden. Jedoch erst, wenn das Urteil rechtskräftig wird. Dem Wirtschaftsministerium stehen vier Wochen zu, um Berufung am Oberlandesgericht zu beantragen. Anschließend, sollte das Ministerium davon Gebrauch machen, geht der Prozess in die nächste Runde.

„Das Urteil ist ein Erfolg nicht nur für Cicero, sondern für alle Bürger dieses Landes, die richtigerweise wissen wollen, wie politische Entscheidungen dieses Ausmaßes zustande kommen“, sagt Cicero-Chefredakteur und Verleger Alexander Marguier. Denn: „Transparenz ist eine Grundbedingung einer funktionierenden Demokratie. Wird diese von der Regierung nicht gewährt, muss man sie auf anderen Wegen erreichen.“

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