Rechter Wahlsieg: Gegenreaktion in den Niederlanden

rechter wahlsieg: gegenreaktion in den niederlanden

Tag danach: Geert Wilders am Donnerstag in Den Haag

Das Wahlergebnis in den Niederlanden ist in der Kurzfristbetrachtung eine große Überraschung. Die Umfragen sahen Geert Wilders mit seiner Partei PVV bis vor Kurzem klar hinter einem Trio an Parteien. Erst in den letzten Tagen zog er gleich, stieg am Wahltag zum allgemeinen Erstaunen zur größten Kraft auf. Ein wohl beispielloser Endspurt, nachdem zweierlei passiert war: Zum einen trat Wilders in den letzten Fernsehdebatten nach Ansicht von Freund und Gegner rhetorisch stark auf, profitierte von seiner Erfahrung. Während in mehreren anderen Parteien die alte Garde abtritt, ist er im kommenden Parlament das dienstälteste Mitglied.

Vor allem hatte bisher der hocheloquente scheidende Ministerpräsident Mark Rutte Paroli geboten; das fiel jetzt weg. Zum anderen präsentierte sich Wilders als Mann der zumindest zeitweiligen Mäßigung, gab zu erkennen, dass er seine rabiateren Standpunkte „in den Eisschrank legt“, um sich koalitionsfähig zu machen. Wil­ders selbst war über den Endspurt überrascht, das zeigt sich darin, dass er kurzfristig doch noch eine Wahlparty organisierte, erstmals seit vielen Jahren. Nun werden die Ursachen erforscht. Viele werfen Ruttes Nachfolgerin Dilan Yeşilgöz vor, Wilders nicht als Koalitionspartner ausgeschlossen zu haben – anders als Rutte das wegen marokkanerfeindlicher Wilders-Aussagen vor vielen Jahren getan hatte.

Kein „Gardinenbonus“ mehr nötig

In der Langfristbetrachtung kommt das Ergebnis weniger überraschend. Immerhin führte die PVV 2012 kurz vor der Wahl – zusammen mit den Sozialisten – die Umfragen an, schrumpfte erst zum Wahltag hin. Sie profitiert unverändert davon, dass die Leute einen verengten Meinungskorridor sehen; das Thema „Einwanderung“ ist nur eines von mehreren. Wer sich rein sachlich über die hohe Zuwanderung in das dichtestbesiedelte EU-Land (außer dem Sonderfall Malta) sorgt, riskiert noch immer moralische Abstrafung. In den letzten Jahren rückte in der gesellschaftlichen Debatte zusätzlich die aus liberaler Sicht unsägliche Identitätspolitik vor. Liberale Denker warnen schon länger, das werde eine radikale Gegenreaktion hervorrufen. Die PVV braucht auch gar nicht mehr so sehr den „Gardinenbonus“: dass die Leute sie nur ungesehen, heimlich wählen. Jetzt sprechen viele darüber ganz offen vor der Kamera.

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World