Jeder 14. Schweizer leidet an einer seltenen Krankheit

Es gibt Menschen, die fühlen sich krank, machen unzählige Tests, und erhalten doch nie eine Diagnose. Matthias Baumgartner (57) ist Arzt und weiss, wie man den Betroffenen helfen kann.

Wenn sich Patienten an sie wenden, haben sie meistens schon einen langen Weg hinter sich: die Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten ohne Diagnose am Unispital Zürich. Matthias Baumgartner (57) ist Mitgründer der Anlaufstelle. Oft leiden die Betroffenen an einer seltenen Krankheit, bei der es umso schwieriger ist, eine Diagnose zu stellen.

Herr Baumgartner, was ist die grösste Belastung für die Betroffenen?

Die Ungewissheit. Die Personen fühlen sich krank in ihrem Körper, kennen die Ursache dafür aber nicht. Nur schon dem Problem einen Namen geben zu können, hilft den Betroffenen. Auch wenn es eine seltene Krankheit ist und nur fünf Personen in der Schweiz davon betroffen sind, ist es eine Erleichterung. Das Recht auf eine Diagnose ist sehr wichtig, auch wenn man die Krankheit selbst nicht ganz verstehen noch wirksam behandeln kann.

«Die Pharmaindustrie interessiert sich kaum für ultra seltene Krankheiten, weil sie damit kein Geld machen können.»

Aber auch die Kosten können die Patientinnen und Patienten belasten. Da es sich um eben seltene Krankheiten handelt, sind diese oft nicht erforscht und allfällige Therapien experimentell sowie Medikamente kostenintensiv. Die Pharmaindustrie interessiert sich kaum für ultra seltene Krankheiten, weil sie damit kein Geld machen kann.

Und medizinisch?

Es werden oft falsche Diagnosen gestellt. Der Hausarzt oder die Hausärztin fokussiert dann vielleicht auf ein prägnantes Symptom und entsprechend wird der Patient oder die Patientin an den einen Spezialisten oder Spezialistin weitergeleitet. Dies führt zu einer diagnostischen Odyssee, auf die ein Rattenschwanz mit weiteren Arztbesuchen und falschen Diagnosen und Therapien folgt.

«Patientinnen und Patienten werden schnell Experten ihrer eigenen Krankheit.»

Patientinnen und Patienten werden schnell Experten ihrer eigenen Krankheit. Deshalb sollte man sie unbedingt miteinbeziehen. Das habe ich während meiner 30 Jahren Arbeitserfahrung gelernt. Man muss dem Patienten oder der Patientin zuhören – und zwar ziemlich genau.

jeder 14. schweizer leidet an einer seltenen krankheit

Jeder 14. Schweizer leidet an einer seltenen Krankheit

Welche Menschen wenden sich an Ihre Fachstelle?

Patientinnen und Patienten, die schon lange mit Beschwerden leben, aber ohne Diagnose. Oft sind die Personen selbst der Meinung, dass sie an einer seltenen Krankheit leiden. Dafür spricht, dass sie bereits bei vielen Ärzten oder Ärztinnen waren. Wir nennen das «Doktor-Shopping». Bisher konnten sie aber nur die Symptome bekämpfen.

Wie geht es den Patientinnen und Patienten, die sich an Sie wenden? Die Menschen sind oft körperlich und psychisch schon sehr belastet. Sie haben bereits einen langen Weg hinter sich. Grösstenteils sind es Erwachsene, selten Kinder. Die Krankheitssymptome sind breit: Von Müdigkeit über Muskelschmerzen bis hin zu neurologischen Leiden gibt es alles. In vielen Fällen kann man davon ausgehen, dass die Patientin oder der Patient bereits bei einem, oft vielen Spezialisten oder Spezialistinnen war und diese die Ursache nicht feststellen konnten. Die nächste Anlaufstelle sind wir.

«Wir Spezialisten haben oft einen Tunnelblick – ein gemeinsamer Austausch kann diesem entgegenwirken.»

Wie gehen Sie nun vor?

Wir sind ein Team von über zehn Ärztinnen und Ärzten mit unterschiedlichen Fachgebieten. Vorab kontaktieren wir die Ärzte oder Ärztinnen der Patientinnen und Patienten, mit denen es bereits Kontakt gab und fordern die nötigen Dokumente ein. Dann werden diese aufgearbeitet. Einmal im Monat treffen sich die Spezialisten und Spezialistinnen und besprechen das weitere Vorgehen. Gemeinsam entscheiden wir dann, bei welchem Fachgebiet die Person am besten aufgehoben ist. Dieser Prozess gibt den Kranken die Gewissheit, dass das Krankheitsbild nochmals von allen Seiten betrachtet wird. Wir Spezialisten und Spezialistinnen haben oft einen Tunnelblick – ein gemeinsamer Austausch kann diesem entgegenwirken.

Es folgen also viele weitere Arztbesuche.

Ziel des Panel ist es, dass die Personen nicht weiter von Arzt zu Ärztin rennen müssen. Auch wenn wir keine seltene Krankheit diagnostizieren, können wir die Person an die entsprechenden Stellen zur weiteren Betreuung weiterleiten. Irgendetwas kann man immer machen, um das Leiden der Person zu mindern. Auch wenn nicht immer ganz befriedigend, weiss dann auch der Patient oder die Patientin, dass viele Ärzte und Ärztinnen aus verschiedenen Bereichen das Krankheitsmuster nochmals angeschaut und geprüft haben, um die richtige Diagnose zu stellen.

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