Jürgen Klopp: Der neue Schattenbundestrainer

Jürgen Klopp verlässt Liverpool. Bald wird Deutschland nach ihm rufen. Es wäre gut für den deutschen Fußball, gut für das ganze Land.

jürgen klopp: der neue schattenbundestrainer

Bald nicht mehr in Liverpool: Jürgen Klopp

Liverpool wird lange weinen. Jürgen Klopp wird die Stadt und ihre Menschen am Saisonende verlassen. Dortmund, das bis heute ohne Klopp an Phantomschmerzen leidet, fühlt mit. So einer kommt so schnell nicht wieder.

Klopp geht überraschend. Vor einem Jahr noch schien seine Zeit in Liverpool abzulaufen, der Höhepunkt überwunden. Doch in dieser Saison hat er den Verein wieder auf Rang eins geführt. Er hat eine gute Chance, zum zweiten Mal englischer Meister zu werden.

Er hat freilich nicht nur Titel gewonnen, sondern die Herzen der grauen Hafenstadt an der Irischen See. Auch in seinem Abschiedsvideo traf er den richtigen Ton. “Ich merke, dass ich den Job nicht immer und immer wieder so machen kann”, sagt er. Klopp macht irgendwie alles richtig.

Klopps baldiges Ende löst auch anderswo Reaktionen aus, allerdings anderer Natur. Auf Social Media trendet das Hashtag Bundestrainer. Deutschland sucht seit vielen Jahren den richtigen Bundestrainer. Der späte Jogi Löw und das One-Hit-Wonder Hansi Flick scheiterten in Vorrunden, an Julian Nagelsmann steigen nach vier Spielen die Zweifel.

Die Leute würden wieder auf Länderspiele hinfiebern

Klopp ist der deutsche Trainer, der internationale Klasse dauerhaft bewiesen hat. Mit Dortmund erreichte er das Endspiel der Champions League. In Liverpool, wo er sie 2019 gewann, wuchs er mit der Qualität seiner Spieler nochmals. Die Fachwelt reiht ihn in die Riege der besten Trainer ein, nur etwas hinter Pep Guardiola und Carlo Ancelotti.

Noch mehr qualifiziert ihn seine Persönlichkeit für das höchste Amt. Er verfügt über Charisma, Intellekt, Witz, Rhetorik, Integrität. Ihm traut man zu, den vielen talentierten Spielern wieder den Sinn zu vermitteln, für ihr Land zu spielen. Damit aus ihnen nach quälenden Jahren der Führungslosigkeit wieder eine Mannschaft wird. Es wäre wichtig für den deutschen Fußball. Die Leute würden wieder auf Länderspiele hinfiebern.

Man kennt Klopps Pläne nicht, vermutlich hat er keine. Reizt ihn, im Fall der Fälle, doch der FC Bayern oder gar ein Comeback in Dortmund? Hätte er wirklich Lust auf die Arbeit beim trägen DFB, der seit Jahren immer dieselben unplausiblen Erklärungen für Misserfolg abgibt?

“Hättest du dir das nicht vorher überlegen können, Jürgen?”

Klopps jüngste Worte werden so gelesen werden, dass er es zumindest für denkbar hält. Er habe nicht mehr die nötige Energie für den Job in Liverpool, sagt er. Das steht nicht im Widerspruch zum Job des Bundestrainers, der viel seltener auf dem Platz steht.

Dem Sportwissenschaftler Klopp wäre gar ein neues, eigentlich altes Berufsverständnis zuzutrauen, wie es Sepp Herberger und Helmut Schön verkörperten: Vordenker, die sich einem Akademiker ähnlich ums große Ganze kümmern. In Frankfurt steht ja nun ein Campus.

Mancher Fan wird nun sagen: “Du hörst auf?! Hättest du dir das nicht vorher überlegen können, Jürgen?” Vor ein paar Monaten suchte Deutschland einen Kandidaten für die Heim-EM. Es wird ein sehr wichtiges Turnier, denn ihm wird gesellschaftliche, politische Wirkung zugeschrieben. Es kann zur Einigung der Nation beitragen. Ein Fall für Klopp.

Aller Voraussicht nach wird Julian Nagelsmann im Juli aufhören. Dann wird Deutschland nach Jürgen Klopp rufen. Falls die Nationalmannschaft im März gegen Frankreich und die Niederlande ähnliche Leistungen zeigt wie zuletzt, dann sogar noch früher.

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