Leverkusen in der Bundesliga: Pass für Pass in Richtung Titel

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Exequiel Palacios, Jonas Hofmann und Florian Wirtz genossen in Augsburg das Glück eines sehr späten Sieges.

Bayer Leverkusen schließt die Hinrunde als Erster ab – von den besonderen Umständen des Sieges in Augsburg fühlen sie sich im Klub mehr ermutigt als vom Tabellenbild. Ihre eigene Geschichte ist ihnen dabei Warnung und Antrieb zugleich.

Pass für Pass in Richtung Titel

Reiner Calmund ist in Augsburg nicht durch jenen Vorraum gelaufen, in dem nach den Spielen die Interviews geführt werden. Die Abwesenheit des früheren Managers von Bayer Leverkusen war schon allein daran zu erkennen, dass sich aus keinem Gespräch ein ausgeprägter rheinischer Dialekt vernehmen ließ. Der Trainer Xabi Alonso aus dem Baskenland hat sich diese Mundart in Leverkusen bisher ebenso wenig angewöhnt wie der finnische Torwart Lukas Hradecky oder der im nördlichen Westfalen aufgewachsene Geschäftsführer Sport, Simon Rolfes. Dennoch konnte Calmunds breiter Singsang zumindest vor dem inneren Ohr erklingen, nachdem die Leverkusener am Samstag durch das Tor des Argentiniers Exequiel Palacios in der vierten Minute der Nachspielzeit 1:0 beim FC Augsburg gewonnen und sich zum Meister der Hinrunde gekrönt hatten.

Wer Alonso, Hradecky und Rolfes danach zuhörte, wie sie dem inoffiziellen Titel keine große Bedeutung zumessen wollten, konnte sich auch ohne einen rheinischen Zungenschlag an Calmund erinnert fühlen. “Herbstmeisterschaft zu feiern, ist für mich wie ein Christbaum ohne Schmuck. Zählt nicht. Bescherung ist am 34. Spieltag”, hatte Calmund in der Spielzeit 2001/02 gesagt, nachdem Leverkusen erstmals die erste Saison-Hälfte als Tabellenführer abgeschlossen hatte.

Dem damaligen Trainer, Klaus Toppmöller, ließ Calmund in jener Zeit das Lob zukommen, dieser sei “so ein kleiner, abgebrühter Schweinepriester” und lasse sich “von keinem auf der Nase herumtanzen”. Und als sich Calmund nun vor Leverkusens Spiel in Augsburg für die ARD-Sportschau an den Herbstmeistertitel vor 22 Jahren mit Spielern wie Lucio, Zé Roberto, Michael Ballack, Bernd Schneider und Dimitar Berbatow erinnerte, bedachte er den damals 36 Jahre alten Angreifer Ulf Kirsten in der Rückschau mit dem ebenfalls wertschätzenden Zusatz “der alte Sack”.

Auf derlei volkstümliche Einlassungen hat der aktuelle Manager Rolfes verzichtet. In der Sache aber sieht er es durchaus wie einst Calmund, jedenfalls in Bezug auf die dritte Hinrunden-Meisterschaft der Werkself. “Ach, das ist nicht so wichtig, der Sieg ist wichtig. Das andere ist nur eine Momentaufnahme”, sagte Rolfes. Und auch von Fragen, ob dieser spät erreichte Erfolg beim FCA als Zeichen an den FC Bayern zu verstehen sei, ließ er sich nicht locken. “Das interessiert mich überhaupt nicht”, antwortete der 41-Jährige. Bei Alonso klang das sehr ähnlich. “Es war nur ein Sieg, mehr nicht”, sagte der Trainer.

“Das Tor war kein Glück, sondern das Verdienst guter Arbeit”, betont Trainer Xabi Alonso

Die Leverkusener wissen natürlich, dass ihnen diese Zwischenbilanz nicht zugefallen ist, dass sie durchaus Aussagekraft besitzt. Nicht nur, dass der Erste nach 17 Spieltagen in 60 Jahren Bundesliga in zwei von drei Fällen Meister wurde. Hinzu kommt vor allem, wie die Leverkusener zu ihrem Tabellenplatz gekommen sind. Pass für Pass haben sie sich den inoffiziellen Titel erspielt, indem sie Alonsos Maßgabe folgen, wann immer möglich den Nebenmann flach und sauber anzuspielen. In Augsburg taten sie das auch nach vielen vergebenen Chancen beharrlich bis zum Schluss. Den sehr widerspenstigen FCA rangen sie spielerisch nieder, als Alejandro Grimaldo von links in die Mitte passte, wo Palacios den Ball in einer einzigen fließenden Bewegung mit rechts annahm und mit dem linken Vollspann einschoss. “Das Tor war kein Glück, sondern das Verdienst guter Arbeit”, betonte Alonso.

Von ihrem Nachdruck, ihrem Willen und ihrer erkennbaren Qualität sowie ihren nun 26 Pflichtspielen in Serie ohne Niederlage fühlen sich die Leverkusener noch deutlich mehr bestärkt als vom Tabellenbild. Zumal sie in Augsburg personell deutlich geschwächt antreten mussten: Angreifer Victor Boniface fehlte verletzt, Edmond Tapsoba, Odilon Kossounou und Amine Adli sind beim Afrika-Cup gefordert. Zudem verzichtete Alonso in der Startelf auf Abwehrchef Jonathan Tah wegen einer drohenden Gelbsperre und auf den unter der Woche leicht angeschlagenen Offensivkünstler Florian Wirtz.

Ihre eigene Geschichte begreifen sie nun als Warnung und Ansporn zugleich. Nachdem die Leverkusener zu Calmunds Zeiten nach 17 Spieltagen erstmals oben gestanden hatten, waren sie am Saisonende als Tabellenzweiter eingelaufen, mit einem Punkt Rückstand auf den Meister Borussia Dortmund. Fest verankert ist der Beiname “Vizekusen” seit 2002 auch deshalb, weil sie damals obendrein die Finals in Champions League und DFB-Pokal verloren hatten. Leverkusens zweiten Hinrundentitel 2009/10 hatte Rolfes als defensiver Mittelfeldspieler miterlebt und damit auch den Absturz auf Platz vier am Saisonende – mit elf Punkten Rückstand auf den FC Bayern.

Derartiges soll sich aus Leverkusener Sicht keinesfalls wiederholen, und zumindest Calmund hat seine Meister-Hoffnung schon frei heraus formuliert. Sein Wunsch: “Vielleicht sagt doch jetzt endlich mal der Fußballgott: ‘Jetzt muss ich mal was für die Leverkusener tun.'”

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