Cannabis-Shops: Bundesregierung ebnet Weg für legalen Verkauf von Rauschmitteln
Joints, Edibles, Haschisch-Öl: Die Bundesregierung ebnet den Weg für den kommerziellen Verkauf von Cannabisprodukten.
Cannabis-Shops: Bundesregierung ebnet Weg für legalen Verkauf von Rauschmitteln
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) treibt die Legalisierung von Cannabis weiter voran. In einem Verordnungsentwurf, der in Cannabis-Verbandskreisen kursiert, hat das von Cem Özdemir (Grüne) geführte Ministerium jetzt die Vollzugsbehörde für die »Erlaubnis und Überwachung des Umgangs mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken« festgelegt: die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.
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Branchenexperten werten den Vorstoß als Schritt, um den kommerziellen Verkauf von Cannabis in Modellprojekten zu ermöglichen. »Wir sind hoffnungsvoll, dass hier ein praktikabler Weg geschaffen wird, Cannabisprodukte legal in Deutschland zu verkaufen – zumindest in einigen wissenschaftlichen Projekten«, sagt Jürgen Neumeyer vom Branchenverband Cannabiswirtschaft.
Das Cannabisgesetz sieht bislang nur vor, dass Hanfpflanzen ab dem 1. Juli 2024 in sogenannten Cannabisklubs angebaut werden dürfen, die sich derzeit noch im Aufbau befinden. Erwachsene können 50 Gramm trockener Cannabisblüte zu Hause zum Eigenkonsum aufbewahren. Wer unterwegs ist, darf bis zu 25 Gramm Haschisch oder Gras dabeihaben.
Die Bundesregierung hatte Unternehmen jedoch bereits im vergangenen Jahr in Aussicht gestellt, Produktion, Vertrieb und Abgabe von »Genusscannabis« in Fachgeschäften an Erwachsene in einem »lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmen« zu ermöglichen. Mit dieser sogenannten zweiten Säule des Cannabisgesetzes sollten die »Auswirkungen einer kommerziellen Lieferkette auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt« wissenschaftlich untersucht werden. Nachdem es um die Modellprojekte lange ruhig geblieben war, könnte jetzt mit dem Vorstoß des BMEL neuer Schwung in die Sache kommen.
»Das Interesse bei unseren Mitgliedern ist groß«, sagt Neumeyer, »ohne eine Möglichkeit, Cannabis direkt an die Konsumenten zu verkaufen, werden wir den Schwarzmarkt nicht zurückdrängen können.« Er erhofft sich baldige Rechtssicherheit, damit der Aufbau von Produktionsanlagen in Deutschland vorangetrieben werden kann. Die wissenschaftliche Begleitforschung sei begrüßenswert, etwa um die Auswirkungen auf den Schwarzmarkt oder auf das Konsumverhalten der Kunden zu ergründen.
Wachsender Umsatz
Die Branche hofft, mit dem Verkauf in Shops ein größeres Publikum ansprechen zu können. Die Verkaufsumsätze für Freizeitcannabis könnten in Deutschland ab 2026 mehr als 300 Millionen Euro betragen, prognostiziert die britische Cannabisplattform Prohibition Partners. Europaweit wird dann mit Umsätzen von 1,76 Milliarden Euro gerechnet.
Auch Forschende begrüßen die reglementierten und wissenschaftlich begleiteten Cannabisshops. »Modellprojekte durchzuführen ist grundsätzlich eine gute Idee«, sagt etwa Frank Zobel, Vizedirektor der Stiftung Sucht Schweiz in Lausanne. Sie erlaubten es, Cannabisnutzer und Industrie besser zu verstehen. Wenn die Projekte nicht gut geregelt seien, könnten sie allerdings auch »unrealistische wirtschaftliche Interessen ankurbeln und damit auch den Konsum und die Risiken fördern«.
Zobel befürwortet »nichtgewinnorientierte Monopole« oder Konzessionen – also befristete behördliche Genehmigungen – für den Verkauf von Cannabis: »Bestehende Daten deuten darauf hin, dass dies das beste Modell ist, wenn man die sozialen und die Gesundheitsfragen ernst nimmt.«