"Bring your family" - Wenn die Liebsten nicht daheimbleiben

Wie bereits die Sommersportler in Tokio müssen auch die Schnee- und Eis-Artisten bei den Winterspielen in Peking ohne ihre Familie als Unterstützer vor Ort im Publikum auskommen. Ein paar haben aber zumindest einen ihrer Liebsten in unmittelbarer Nähe – die Tochter den Vater oder die Mutter, eine Sportlerin den ebenfalls um Medaillen fightenden Lebensgefährten – und sogar ein Geschwisterpaar hat es in das Aufgebot des Österreichischen Olympischen Komitees geschafft.

Sozusagen den Vogel schießt Teresa Stadlober ab, sollte sie bald nachreisen können. Denn die Langläuferin hat die gesamte Familie dabei. Mutter Roswitha kommt als ÖSV-Präsidentin, Vater Alois ist als ihr Trainer und ORF-Co-Kommentator vor Ort und Bruder Luis als Ski-Tester. Der wird zwar schon wieder weg sein, wenn die Frau Mama kommt, weshalb das Quartett nicht zur gleichen Zeit in der “Bubble” sein wird, nichtsdestotrotz genießt die Sportlerin die Unterstützung aller.

“Ich bin da voll dankbar und das macht mich ein bisschen emotionaler”, sagte die 28-Jährige über den “Support”. “Ich schätze das auch, dass sie das wollen, dass ich meine beste Leistung abrufe.” Der Bruder komme trotz Stress im Studium und der Vater begleite sie ohnehin fast immer und opfere seinen Urlaub. “Schön, wenn man weiß, die Family ist da und du kannst mit deinem Bruder mal essen gehen. Und sie schauen bei den Rennen zu, das gibt mir einfach die Sicherheit.”

Waren Teresa und Luis Stadlober 2018 beide Aktive, haben auch andere gute Erfahrung damit, wie es ist, sich gemeinsam beim Höhepunkt der Sport-Karriere um Ruhm und Glorie anzustellen. Als Olympiasiegerin von Pyeongchang nach Peking reisen wird Anna Gasser. Die Snowboarderin ist seit vielen Jahren mit Clemens Millauer liiert, der ebenfalls im Big Air und Slopestyle antritt. Und dem die Lebensgefährtin alles zutraut. “Er hat die Tricks, es muss ihm nur aufgehen und er an sich selbst glauben.”

Millauer glaubt fest an einen neuerlichen Big-Air-Goldcoup seiner drei Jahre älteren Partnerin, er kennt ihr Leistungsniveau aus dem ständig gemeinsam absolvierten Training genau. “Ich würde sagen, dass sie meine klare Favoritin ist, allerdings werden ihr die anderen das Leben sicher viel schwerer machen als in Korea.” Egal wie es ausgeht, das in Kärnten lebende Paar will in Sachen Sportlerkarriere weitermachen, möglicherweise bis 2026. “Wir sind beide mit der Sportart mitgewachsen. Mittlerweile bin ich recht sicher, dass es schon noch länger weitergeht”, sagte Millauer.

David Gleirscher jubelte vor vier Jahren im Eiskanal von Pyeongchang/Alpensia über den Olympiasieg, sein Bruder Nico hatte es nicht in das Aufgebot geschafft. Dieses Mal sind beide am Start. “Es ist nichts Besonderes, weil wir auch im Weltcup immer gemeinsam bei Rennen sind. Aber es ist cool, dass wir beide bei Olympia am Start sein können. Ich hoffe, ich kann ihm ein paar Tipps geben, wir haben ja einen guten Zusammenhalt”, sagte David.

Dass es sich bei ihnen in Gesprächen im Winter fast ununterbrochen ums Rodeln dreht, verriet Nico. “Dann ist es schön, wenn wir im Sommer Familienfeiern haben und es mal um was Anderes geht.” Angesprochen auf seinen Olympiamoment als TV-Zuseher sagte er. “Ich habe mir viel angeschaut, aber der Moment, der am meisten hängengeblieben ist, ist der, als David gewonnen hat. Das war richtig cool. Ich denke gern daran zurück.”

Im Rodelteam gibt es weitere familiäre Bande. Hannah Prock ist die Tochter von Markus Prock, der Präsident des Verbandes ist und in China eine Coaching-Funktion übernimmt. “Bei Olympia basiert das sehr auf Trainerbasis, aber ich bin froh, dass er dabei ist als Papa und als Unterstützer so nebenher. Das gibt viel Kraft, ein bisserl Familie dabeizuhaben.”

Bruder und Schwester bilden im Eiskunstlauf Athlet Severin und Trainerin Julia Kiefer. Die war schon bei den Spielen 2018 an der Seite ihres Bruders und von Miriam Ziegler. Durch spezielle Unterstützung in der Corona-Zeit sei die Beziehung zu seiner Schwester noch intensiver geworden, wie Severin Kiefer berichtete. “Wir verstehen uns wirklich sehr gut. Ich habe vor, auch künftig mit ihr zusammenzuarbeiten mit ihr am Eis als Teil von ihrem Trainer-Team.”

Ein Ehepaar im ÖOC-Aufgebot bilden Eisschnellläuferin Vanessa und ihr Coach und Manager Thomas Herzog. “Wir haben schon einen Vorteil, weil wir zusammen im Zimmer sind und mit dem Menschen zusammen sein können, mit dem wir am liebsten zusammen sind”, betonte die 26-Jährige. “Wenn es gut läuft, hat man jemanden, mit dem man feiern kann und wenn es schlecht läuft, hat man jemanden, der einen tröstet. Ich glaube, das ist schon eine Super-Kombi, die wir da haben.”

So sieht das auch Alexander Payer für sich und seine Snowboard-Kollegin Sabine Schöffmann, seit rund fünf Jahren liiert. “Bei so einer Großveranstaltung ist es ein echter Luxus. Wie hoch ist die Chance, dass die Lebensgefährtin auch zu Olympia fährt?”, betonte der Kärntner. “Mir ist es extrem wichtig, es ist das Non-Plus-Ultra in einer Sportbeziehung.” Schöffmann schätzt, mit Payer einen Fachmann an ihrer Seite zu haben: “Das Verständnis ist ein anderes, wenn man aus dem Profisport kommt.”

Den Lebensgefährten als Coach hat Skeletonfahrerin Janine Flock mit Matthias Guggenberger, der Trainer der erfolgreichen Letten ist, mit denen sie eine Gruppe bildet. “Matthias macht Jobs für drei. Ich brauche einen freien Rücken”, hat die Olympia-Vierte von 2018 den Rückhalt, den sie benötigt.