Vor Thüringen-Wahl: Merz will Schicksal von AKK vermeiden

vor thüringen-wahl: merz will schicksal von akk vermeiden

Friedrich Merz am Politischen Aschermittwoch in Apolda

Zu den größten Risiken von Friedrich Merz gehört es, dass er den Merz macht. Oder dass ihm ein Merz rausrutscht. So ganz genau lässt sich das hinterher nicht immer sagen: Sagt der CDU-Vorsitzende etwas über die „kleinen Paschas“ in den Klassenräumen deutscher Schulen oder über die abgelehnten Asylbewerber, die sich in Deutschland die Zähne machen ließen, weil er es sich so zurechtgelegt hat? Oder sind es spontan ausgesprochene Gedanken?

Am Mittwochabend ist wieder so ein Moment. Merz spricht in der Vereinsbrauerei im thüringischen Apolda. 1200 Gäste, sagen die Gastgeber, sitzen beim Politischen Aschermittwoch der CDU. Nach zwei etwas zähen Aufwärmrunden, in denen der stellvertretende Kreisvorsitzende Weimarer Land, Thomas Gottweiss, und der thüringische CDU-Landesvorsitzende und Spitzenkandidat für die Wahl am 1. September, Mario Voigt, sprechen, kommt Merz an die Reihe. Er ist gerade erst von einer Israelreise zurück.

Schon nach kurzer Zeit nimmt er sich die AfD vor, die in den Umfragen zur Thüringenwahl weit vor den anderen Parteien liegt. Spätestens in dem Moment, als die AfD nach dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober dieses Ereignis „lauwarm“ eingeordnet habe, habe sie ihr „wahres Gesicht“ gezeigt, sagt Merz. Sollte sie im Herbst an die Regierung kommen, wäre das nicht nur eine „Schande“ für Thüringen, sondern auch für Deutschland. Man werde es nie wieder zulassen, dass Nationalismus, Antisemitismus und Chauvinismus gesellschaftsfähig würden, spannt Merz den großen Bogen.

An der CDU soll niemand vorbeikommen

Anschließend einen noch größeren. Die Freiheit sei das Erste, was die Gesellschaft ausmache, sagt der CDU-Vorsitzende. Er ordnet sie noch höher ein als den Frieden. Dann folgt ein echter Merz: „Frieden gibt’s auf jedem Friedhof.“ Einzelnes Raunen kommentiert die flapsige Formulierung. Aber Merz lässt sich nicht beeindrucken. Zur äußeren fügt er die innere Freiheit hinzu und kommt auf die Migration und Integration zu sprechen. Er hält die Balance. „Wir wollen, dass Menschen zu uns kommen, die hier arbeiten und hier leben. Aber in dieser Reihenfolge: arbeiten und leben.“ Sogar ein Jauchzer der Begeisterung ist zu hören.

Am Donnerstag ist klar, dass die Bemerkung über den Frieden auf den Friedhöfen nicht in die Pascha-Liga aufsteigt. Christdemokraten, die vor Merz-Auftritten die Sorge haben, der begeisterte Redner könne mit einer unbedachten Äußerung anecken, können aufatmen. Diejenigen, die gerade die zugespitzten, aber nicht abgeschliffenen Formulierungen des Vorsitzenden schätzen, müssen auf die nächste Gelegenheit warten.

Während aus dem Mutterland des Politischen Aschermittwochs der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder gegen die Grünen keilt, die er nicht in einer Bundesregierung sehen will, nimmt Merz Buhrufe für eine abwägende Haltung in Kauf. Nicht dass er sich plötzlich als Grünen-Freund präsentierte. Doch reden müsse man nach der Bundestagswahl nicht nur mit der FDP, sondern auch mit Grünen und SPD. Merz beschreibt, in welcher Situation er die Union nach der Wahl am liebsten sähe: in der des hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein. Der schnitt im vorigen Oktober mit der CDU so gut ab, dass gegen ihn keine Regierung gebildet werden konnte und er sich zwischen SPD und Grünen entscheiden konnte. Es wurde die SPD.

Höcke steht mit AfD in Umfragen vorn

Doch das ist alles noch Schnee von übermorgen. Davor findet nicht nur die Europawahl Anfang Juni statt, sondern es wird im September auch in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gewählt.

In Apolda ist natürlich die thüringische Wahl die wichtigste. Für Merz ist sie die heikelste. Zwar liegt die AfD in allen drei Ländern in den Umfragen weit vor den anderen Parteien, und die Regierungsbildung ohne die AfD wird schwierig, zumal wenn die CDU auch noch die Linke aus der Regierung halten will. Doch Thüringen hat besonderes Gewicht. Der dortige AfD-Spitzenkandidat, Björn Höcke, ist derjenige, der die Partei wie kein anderer nach rechts treibt und in der CDU sowie den Parteien, mit denen Merz sprechen und regieren will, für das Böse steht.

Hoffen reicht nicht. Merz wird sich auch überlegen, was seine Rolle ist, wenn es an die Regierungsbildung in Erfurt geht. Er dürfte kaum vergessen haben, dass nach der jüngsten Wahl in Thüringen die Hoffnungen der damaligen CDU-Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer auf die Kanzlerkandidatur endgültig zerschellten, nachdem sie nicht hatte verhindern können, dass zumindest für eine kurze Zeit ein FDP-Politiker mithilfe der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden war. An so einer Klippe wird Merz nicht hängen bleiben wollen.

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