Bergsteigen: Reinhold Messner im Interview

Der bekannteste Bergsteiger aller Zeiten wird bald 80. Trotzdem geht es für Reinhold Messner bergauf. Seine Fitness-Formel

bergsteigen: reinhold messner im interview

Reinhold Messner gehört zu den wohl bekanntesten Bergsteigern der Welt

Reinhold Messner hat als erster Mensch den höchsten Berg der Erde – den 8.848 Meter hohen Mount Everest – ohne die Zuhilfenahme von Sauerstoff bestiegen. Zudem war er der Erste, der zwischen 1970 und 1986 alle 14 Berge über 8.000 Meter Höhe bezwang. Noch heute geht es für ihn viel bergauf, allein zwischen seinem Parkplatz und Haus liegen 100 Höhenmeter. Wie der fast 80-Jährige sich in Form hält, verrät er im Gespräch:

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Welchen Anteil hat Bewegung in Ihrem heutigen Alltag?

Sport im Sinne von Bewegung ist mir wichtig und im Sinne von Kalipé – immer ruhigen Fußes – tut sie gut. Allerdings bewege ich mich derzeit weniger als früher, obwohl ich mich mehr bewegen müsste. Das hängt aber vor allem damit zusammen, dass wir in der Coronakrise einen Stau hatten. Also einen Stau der Vorträge, Auftritte. Es hatte sich eine Menge aufgestaut. Die Veranstalter haben natürlich alle darauf gedrängt, dass ich die Termine nachhole, was jetzt nach und nach passiert.

Wenn die Vortrags-Reihe vorbei ist, wie sieht dann Ihr Tagesablauf aus?

Es gibt keine gleichen Tage. Jedoch gibt es Routine: Ich dusche morgens kalt, trinke einen schwarzen Kaffee und starte dann mit meinem Workout. Das ist etwa 15 Minuten lang und besteht aus leichtem Kurzhanteltraining und Klimmzügen. Ich frühstücke nicht und esse auch kein Mittagessen. Was nicht unbedingt das Gesündeste ist, aber in unsere beiden Leben trifft sich das ganz gut so (gemeint ist Ehefrau Diane Messner, Anmerkung der Redaktion).

Intervallfasten ist ja sehr zeitgemäß …

Ich nenne es nicht so. Es gab immer mal Phasen in meinem Leben, wo ich das so gemacht habe. Aber auch genau das Gegenteil: Für meine Expedition in die Antarktis habe ich sehr viel Gewicht zugenommen.

Und wenn Sie etwas essen, was essen Sie dann?

Wenn mir zu Hause sind, kocht meine Frau frisch. Mit viel Gemüse, aber auch Fleisch ist uns wichtig. Haben wir viel zu tun, gehen wir abendessen. Aber auch dort gibt es wenig Kohlenhydrate, die Mischung aus wenig Kohlenhydraten und Proteinen hält uns fit. Viele Kohlehydrate machen müde und lassen den Insulinspiegel ansteigen, man kriegt schnell wieder Hunger.

Haben Sie gar kein Laster?

Ich mag ganz gerne Obstkuchen, Apfelstrudel zum Beispiel. An einer Kuchentheke komme ich nicht vorbei. Aber ich kann alles essen, auch Dinge, die andere nicht essen würden. Zum Beispiel die Augen von einem Schaf, die wurden mir in der Mongolei angeboten. Oder die Ohren eines Schafs, das sind dort Geschenke für den Gast. Das muss man dann essen. Aus Respekt für die Gastgeber.

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Kommen wir zurück zur Bewegung. Welchen Sport betreiben Sie neben Ihrer Morgenroutine?

Ich gehe regelmäßig bergauf. Wir leben ja in den Bergen, auf 1000 Meter Höhe. Es ist allein schon eine sportliche Tätigkeit, vom Auto in die Wohnung zu kommen. Das sind knapp 100 Höhenmeter, die mit und ohne Einkauf viel Bewegung im Alltag bedeuten. In der Freizeit, im Urlaub und vor allem im Sommer sind wir viel in den Bergen unterwegs. Gehen ist für mich Entspannung, weil ich das Tempo nehme, das zu diesem Tag passt. Ich bemühe mich nicht, langsam zu gehen, aber ich fordere mich auch nicht heraus.

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Apropos Entspannung: Meditieren Sie auch?

Gehen ist mein Meditieren. Man kann mit sich selber reden und dabei frei atmen. In der Antarktis habe ich gedanklich ganze Museen geformt, als ich drei Monate lang mit schweren Schritten durch das Eis ging. Im Grund ist das eine Welt, wie auf einem anderen Stern. Man muss es nicht, aber man kann sich mit sich selbst beschäftigen.

Mit Verlaub: Dreht man sonst nicht durch?

Nach ein paar Metern ist das ein eigener …

…Flow?

Flow gibt es beim Klettern vielleicht, dafür ist es beim Abenteuer viel zu anstrengend. Nein, es ist ein ganz anderer Lebensrhythmus. Es dauert ein paar Tage oder auch eine Woche, dann ist das Schlittenziehen das Selbstverständlichste auf der Welt: So wie ich daheim aus dem Bett krieche, krieche ich dort aus dem Schlafsack.

Um so extreme Bedingungen wie in der Antarktis oder auf den Achttausendern durchzustehen, muss man ein ganz bestimmter Typ Mensch sein, richtig?

Nein, nein. Sie müssen einfach Begeisterung dafür haben. Die ist bei mir schon in ganz jungen Jahren herangewachsen. Später wusste ich, dass es nur möglich ist, solche Sachen zu machen, wenn man ganz bei der Sache ist. Also wenn ich das mache, was mir liegt und mich begeistert.

Sie bestiegen im Alter von 5 Jahren ihren ersten Berg, Ihre Eltern haben Sie also früh an den Bergsport herangeführt.

Dieses Wort nehme ich nicht in den Mund: Bergsport. Für mich ist Bergsteigen kein Sport. Alles, was heute in der Kletterhalle stattfindet, ist ein Sport, und zwar ein schöner Sport. Ein gesunder Sport mit riesigem Zulauf, das wird noch erfolgreicher als Tennis, vermute ich. Aber das hat mit Bergsteigen null zu tun.

Was ist Bergsteigen dann?

Bergsteigen ist ein Tun, bei der Tod eine Möglichkeit ist. Wenn das wegfällt, ist es nicht Bergsteigen. Das wollen viele nicht hören, ich bin da nicht allein, aber die Vereine wollen das nicht hören, weil die Verantwortung zu groß ist. Und deswegen findet das nur in Eigenverantwortung statt. Wenn andere diese für dich übernehmen und dich da rauf bringen, dann ist das für mich kein Bergsteigen, dann ist es Tourismus. Natürlich ist Bergsteigen auch eine sportliche Tätigkeit, aber kein Sport, weil es nicht messbar ist. Man kann es nicht in Verhältnis setzen oder einen Wettkampf daraus machen. Dafür sind die Geschichten dazu wichtiger, sehr ausdrucksstark. Die Summe der bis heute erlebten Geschichten ergibt den Alpinismus, eine Haltung den Bergen gegenüber. Alle anderen Sportarten haben nicht das Storytelling des Alpinismus – dem im Gebirge weltweiten Tun von mehr als 220 Jahren. Vorher gab es kein Bergsteigen, wie wir es heute kennen. Daher strahlt das Bergsteigen auf alles, was Klettern betrifft. Meine Museen erzählen das Bergsteigen. Ich sage nicht erklären, das kann man nicht. Wir sind gerade dabei, die 6 Museen erzählerisch zu teilen, da wird noch einiges korrigiert.

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Ich dachte, es sind 5 Museen …

Wir bauen gerade das letzte Museum in einer alten Bergstation im südtirolerischen Sexten, im Pustertal. Vermutlich wird es im Herbst 2024 eröffnet. Die Station ist überholt und hätte abgerissen werden müssen. Mir kam die Idee, daraus ein Museum zu machen. Alle Materialien sind ja vor Ort, sie müssen nur korrigiert werden. Das ist Upcycling: Wir sparen Ressourcen, Arbeit und erhalten etwas, was großen Wert hat. In 50 Jahren kann eine neue Generation sagen, lass uns daraus noch etwas Besseres machen. Das ist eine kulturelle Aussage. Früher war die Station nur dafür da, den Skibetrieb zu unterstützen. Solche Ideen entwickele ich zum Thema Klimaschutz. Ich will nicht dazu auffordern, die Schule zu schwänzen, sondern dazu, etwas zu machen. Beispielsweise ein Wohnhaus in den Felsen bauen verschandelt also keine Landschaft und wird mit Sonnenenergie geheizt.

Wie schaffen Sie es, nie stillzustehen?

Ich bringe keine besonderen Voraussetzungen mit. Nächstes Jahr im September werde ich 80 Jahre alt, es wäre eine Dummheit zu sagen “Ich kann das alles noch so wie mit 30”. Ich habe mich mein Leben lang neu erfunden. Zu Beginn war ich Felsenkletterer. Das habe ich aufgegeben, weil ich mir meine Zehen abgefroren hatte. Dann wurde ich 20 Jahre lang extremer Bergsteiger, dann war ich jahrelang Wandern an den unterschiedlichsten Orten in Alaska, den Anden und im Himalaja, in der Antarktis sowie der Wüste Gobi. Im Anschluss habe ich etwa 10 Jahre heilige Berge studiert und mit den Einheimischen herausgestellt, warum diese Berge heilig sind. Nach meiner Amtsphase im Europäischen Parlament habe ich mich aufs Reisen gestürzt, um lokale Bergvölker zu studieren. Das alles findet man in meinen Museen wieder.

Welche Projekte gehen Sie als Nächstes an?

Ich treffe morgen einen Verleger, es geht um ein neues Buch, das nächsten Herbst auf den Markt kommen soll. Es ist schon so gut wie abgeschlossen. Ab Januar werde ich versuchen, die Dreharbeiten zu einem Film fertig zu machen. Das wird sicher noch einmal einige Monate dauern. Es geht um die Expedition 1954 am K2. Da gibt es viele Sachen, die nicht aufgeklärt sind. Das will ich nachholen, und zwar so, dass es eine Geschichte wird. Filme machen ist für mich Geschichten erzählen. Und im Sommer reisen wir nach Tibet, um den Berg Kailash noch einmal zu umrunden. Man darf ihn nicht besteigen, weil er heilig ist. Ich hatte im Jahr 1985 eine Option für den Aufstieg, aber die Einheimischen würden das nicht gerne sehen und daher habe ich es aus Respekt gelassen.

Haben Sie einen Tipp für Männer über 60, wie die so fit wie Sie bleiben können?

Aktiv bleiben! Im Kopf und in den Beinen, wir sind Menschen.

Vielen Dank!

Reinhold Messner kann mit seinen fast 80 Jahren auf beeindruckende Erfolge zurückblicken und hat sich dabei stetig neu erfunden. Wichtig ist für ihn, dass es stetig bergauf geht. Damit es für dich im Alter nicht bergab geht, hilft dir unser Trainingsplan für den Muskelaufbau ab 60.

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