„Realitätsfremd und nicht umsetzbar“ - „Verheerendes“ Paus-Gesetz: Jobcenter-Chefs schreiben Brandbrief an Scholz

„realitätsfremd und nicht umsetzbar“ - „verheerendes“ paus-gesetz: jobcenter-chefs schreiben brandbrief an scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Die Personalräte der Jobcenter haben sich in einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz gewandt, um auf dringende Änderungen bei der Kindergrundsicherung hinzuweisen. Das Projekt von Bundesfamilienministerin Lisa Paus sei „realitätsfern und nicht umsetzbar“.

Der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung, die als das sozialpolitische Prestigeprojekt der Grünen gilt, wird derzeit zwischen den Fraktionen im Bundestag beraten. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte Lisa Paus aufgefordert, ihn zu überarbeiten: Es dürfe keinen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand geben und keine Anreize für Menschen, wegen höherer Sozialleistungen nicht mehr arbeiten zu gehen.

Jobcenter-Vertreter sehen bei Kindergrundsicherungs-Entwurf „verheerende soziale und finanzielle Folgen“

Die Personalräte der Jobcenter haben nun ihre Bedenken in einem Schreiben an Olaf Scholz formuliert. Der Gesetzesentwurf der Ampel konterkariere die mit ihm verbundenen Ziele „auf absurdeste Weise“, heißt es in dem Brief, der dem „ Spiegel “ vorliegt.

Die Jobcenter-Personalräte meinen weiter, dass die geplante Verwaltung der Sozialleistung „in dieser Form schlicht realitätsfremd und nicht umsetzbar“ sei. „Ausgerechnet für die bedürftigsten“ Menschen in Deutschland würde der derzeitige Gesetzesentwurf „verheerende soziale und finanzielle Folgen“ haben. Das Fazit in dem Brandbrief lautet: „Der Sozialstaat wird langfristig irreparablen Schaden nehmen.“

Deutliche Kritik auch an Paus selbst

Die Jobcenter-Vertreter warnen Scholz in dem Brief, dass die Höhe der Auszahlbeträge „das grundgesetzlich festgeschriebene soziokulturelle Existenzminimum der Kinder und jungen Menschen nicht in Gänze abdecken“ würde. Dies gelte auch für Ansprüche aus anderen Sozialsystemen. „Im Ergebnis müssen bürgergeldberechtigte Familien, die ihre Leistungen heute aus einer Hand im Jobcenter erhalten, diese künftig bei bis zu fünf verschiedenen Behörden realisieren (Familienservice, Wohngeldstelle, Agentur für Arbeit, Kommune und Jobcenter)“, heißt es weiter.

Deutliche Kritik üben sie auch an den jüngsten Aussagen von Paus, es werde am Ende doch weniger als 5000 zusätzliche Stellen in den Familienkassen benötigen. Tatsächlich sei der Bedarf eher zu niedrig angesetzt, auch weil durch die neuen Doppelzuständigkeiten keine Stellen bei den bisherigen Behörden eingespart werden könnten. Besonders empört sind die Personalräte über die Aussage, „die Kinder und jungen Menschen müssten aus der Stigmatisierung der Beratung und Betreuung durch die Jobcenter befreit werden“. Damit würde die Bundesregierung ihnen unterstellen, „sie schüfen mit ihrer Arbeit stigmatisierende Lebenswirklichkeiten“.

Die Personalräte betonten aber auch, dass sie die grundsätzlichen Ziele des Projekts befürworten. Mit der Kindergrundsicherung will die Bundesregierung bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder den Kinderzuschlag bündeln. Damit soll erreicht werden, dass künftig alle Familien, denen entsprechende Leistungen zustehen, diese auch vollumfänglich erhalten. Bislang ist das laut Familienministerium nur bei einem Bruchteil der Fall. So will die Bundesregierung unter anderem Kinderarmut effektiv bekämpfen und verhindern.

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