Ilya Sutskever: Der Strippenzieher des Altman-Coups

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Ich hier oben, Du da unten? Sam Altman (links) blickt auf seinen Mitgründer Ilya Sutskever.

Als sich die Ereignisse beim ChatGPT-Entwickler Open AI am Wochenende überschlagen, taucht ein Name immer wieder auf: Ilya Sutskever. Wie mehrere amerikanische Medien berichten, soll der Chefwissenschaftler des Unternehmens den Rauswurf von Sam Altman orches­triert haben. Open AI hatte am Freitag angekündigt, dass Altman seinen Posten als Vorstandschef und auch seinen Sitz im Verwaltungsrat mit sofortiger Wirkung niederlege. Nach dem spektakulären Rauswurf verhandelte Altman schon am Sonntag wieder über eine Rückkehr – vergeblich. Am Montag kündigte Microsoft-Chef Satya Nadella dann an, dass Altman und seine Nummer zwei, Greg Brockman, zu Microsoft wechseln.

Sutskever ist nicht nur Chefwissenschaftler, sondern auch Mitgründer von Open AI. Er war maßgeblich an der Entwicklung von ChatGPT und dem Bildgenerator Dall-E beteiligt. Und der 37-Jährige hat einen Sitz im Verwaltungsrat des Unternehmens, also des Organs, das über die Entlassung Altmans verfügte. Der Fachmann für Künstliche Intelligenz (KI) zählt eher zur Seite derer, die vor den möglichen Auswirkungen der Techno­logie warnen – was möglicherweise zum Bruch mit Sam Altman führte. Als „monumental und weltbewegend“ beschrieb er die Konsequenzen Künstlicher Intelligenz in einem seiner seltenen Interviews mit der „Technology Review“ des MIT: „Es wird ein Vorher und ein Nachher geben.“

Sutskever glaubt, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre eine „Superintelligenz“ entwickelt werden könnte, die schlauer als der Mensch ist. Unter KI-Fachleuten ist diese Annahme hoch umstritten. Es sei sehr wichtig, dass eine solche Superintelligenz „nicht zum Schurken wird“, sagte der Wissenschaftler der „Technology Review“. Die Menschheit vergleicht er in einem solchen Szenario mit einem Neugeborenen. Da würden sich die Eltern auch um das Wohlergehen des Kindes kümmern, obwohl sie stärker und intelligenter seien. Genau so müsse eine potentielle Super-KI gegenüber Menschen eingestellt sein.

Studium unter dem „Paten der Künstlichen Intelligenz“

Das Denken des Israel-Kanadiers wurde maßgeblich von einem anderen prominenten KI-Warner geprägt. Sutskever ist in der Sowjetunion geboren, wuchs aber vom fünften Lebensjahr an in Jerusalem auf. Zum Studieren zog es ihn nach Toronto, wo er unter mit KI-Pionier Geoffrey Hinton arbeitete. Hinton wird auch der „Pate der Künstlichen Intelligenz“ genannt. Sutskever war einer von zwei Studenten, mit denen Hinton die Technologie „Alexnet“ entwickelte, ein neuronales Netzwerk zur automatischen Bilderkennung. Auf solchen neuronalen Netzwerken basieren auch Anwendungen wie ChatGPT. Das aus „Alexnet“ entstandene Start-up DNN-research kaufte später Google. Der Konzern stellte auch Sutskever ein. Geoffrey Hinton machte zuletzt Schlagzeilen, als er Google verließ und danach als eindringlicher Mahner vor den Folgen Künstlicher Intelligenz auftrat. Unter anderem verglich er die Technologie mit der Atombombe.

Zu Hintons Warnungen äußerte sich Sutskever nicht. Doch auch für ihn ist Sicherheit ein wichtiges Thema. 2015 verließ er Google – und zwar auf Bitten von keinem geringeren als Tesla-Chef Elon Musk, der bei der Gründung von Open AI noch involviert war. Musk sagte später, er sei besorgt gewesen, dass Google Sicherheitsbedenken rund um KI nicht ernst genug nehme und gleichzeitig ein Monopol drohe. Open AI wurde mit der Mission gegründet, KI zu entwickeln, die einen Nutzen für die Menschheit stiftet, und war ursprünglich eine nicht gewinnorientierte Organisation. Erst seit 2019 änderte sich dies in Teilen. Musk bezeichnete Sutskever als „Dreh- und Angelpunkt“ für den Erfolg von Open AI. Sein persönliches Leben hingegen sei eher langweilig, sagte Sutskever der Technology Review. „Ich gehe zur Arbeit, dann gehe ich nach Hause. Viel anderes tue ich nicht.“

Angst vor der „Auslöschung der Menscheit“

Zuletzt kehrte Sutskever zu dem Thema zurück, wegen dem er einst Open AI mitgegründet hatte. Seit Juli leitet er bei Open AI ein eigenes Team für Sicherheitsfragen. Es setzt sich mit der Frage auseinander, wie sich sicherstellen lässt, dass eine superintelligente KI im Einklang mit den Interessen der Menschheit agiert. Zwar könne eine solche Superintelligenz viele der „wichtigsten Probleme der Welt lösen“, heißt es in einer Mitteilung zum Start der neuen Abteilung von Sutskever und einem Kollegen. Aber sie könne auch „sehr gefährlich“ sein und zur „Entmachtung oder sogar Auslöschung der Menschheit führen.“

US-Medien zufolge soll Sutskever unzufrieden damit gewesen sein, wie schnell Altman bei der Kommerzialisierung von Produkten mit generativer KI voran preschte und dass er sich nicht genug um die Sicherheitsrisiken kümmere. Ein entscheidender Moment soll die Ankündigung des „GPT Stores“ Anfang des Monats gewesen sein. Die Plattform soll als eine Art App-Store für KI-Anwendungen fungieren. Sutskever und seinen Verbündeten im Verwaltungsrat ging das angeblich zu schnell.

Doch am Montag ruderte der Wissenschaftler auf der Plattform X (vormals Twitter) dann plötzlich zurück: „Ich bedauere zutiefst, dass ich mich an den Aktionen des Verwaltungsrats beteiligt habe. Ich hatte nie die Absicht, Open AI zu schaden. Ich liebe alles, was wir gemeinsam aufgebaut haben, und ich werde alles tun, was ich kann, um das Unternehmen wieder zu vereinen.“ Sam Altman reagierte drauf mit drei roten Herzen. Zudem unterzeichnete Sutskever mit 504 anderen Angestellten einen Brief, in dem der Verwaltungsrat von Open AI zum Rücktritt aufgefordert wird. Es dürfte nicht der letzte Teil in der verworrenen Saga um Altmans Rauswurf sein.

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