Fernduell an der US-Grenze: Biden und Trump machen sich in der Migrationsfrage schwere Vorwürfe

Ex-Präsident Trump warf dem Amtsinhaber Totalversagen bei der Migrationspolitik vor. Biden klagte über die Blockade der US-Republikanern im Kongress – und rief zur Zusammenarbeit auf.

fernduell an der us-grenze: biden und trump machen sich in der migrationsfrage schwere vorwürfe

Donald Trump (l.) und Joe Biden in Texas

US-Präsident Joe Biden und sein Amtsvorgänger Donald Trump haben mit getrennten Auftritten an der Südgrenze zu Mexiko versucht, im Wahlkampf beim innenpolitisch wichtigen Thema Migration zu punkten.

Trump reiste am Donnerstag (Ortszeit) nach Eagle Pass im Bundesstaat Texas und warf Biden dort Totalversagen bei der Migrationspolitik vor. Der Demokrat sei schuld, dass das Land von illegal eingewanderten Migranten überrannt werde, sagte der republikanische Präsidentschaftsbewerber. „Er zerstört unser Land.“

Biden wiederum räumte mehrere Hundert Kilometer entfernt in Brownsville in Texas ein, die Lage an der Grenze sei schwierig. Er warf jedoch Trumps Republikanern vor, im Kongress zusätzliche Ressourcen zur Grenzsicherung zu blockieren – und rief zur Zusammenarbeit beider Parteien auf.

Die Probleme im Land

Die Zahl der Menschen, die auf illegalem Weg in die USA kommen, ist seit Jahren hoch. Während Bidens Amtszeit wurden zwei Jahre in Folge jeweils rund 2,4 Millionen illegale Grenzübertritte registriert.

Täglich kommen Tausende Menschen in die USA, mehrheitlich aus Mittel- und Lateinamerika, weil sie vor Armut und Konflikten in ihren Heimatländern fliehen. Im vergangenen Dezember meldete die US-Grenzschutzbehörde mehr als 300.000 Festnahmen – so viele wie nie zuvor innerhalb eines Monats.

Die Behörden stehen unter Druck. Das Justizsystem kommt bei der Bearbeitung der Asylgesuche kaum hinterher. Es fehlt außerdem an Unterbringungsmöglichkeiten und anderen Ressourcen für die Ankömmlinge. Das ist inzwischen auch in Landesteilen fernab der Grenze spürbar – unter anderem, weil republikanische Gouverneure aus südlichen Bundesstaaten wie Texas Migranten in Bussen von der Grenze in demokratisch regierte Teile der USA bringen lassen, als Protestaktion.

Die politischen Schuldzuweisungen

Der Umgang mit Migranten sorgt seit Jahren für schweren politischen Streit zwischen Demokraten und Republikanern. Im laufenden Präsidentschaftswahlkampf spielt das Thema einmal mehr eine besonders große Rolle, weil es viele Wähler umtreibt. Die Republikaner werfen Biden vor, angesichts der großen Zahl von Migranten die Kontrolle über den Schutz der Südgrenze verloren zu haben.

Das war auch Trumps Tenor beim Besuch in der Grenzstadt Eagle Pass. Der 77-Jährige sprach von einer „Joe-Biden-Invasion“ und wetterte, der Amtsinhaber lasse Abertausende Menschen ins Land, die in den USA dann Straftaten begingen. „Sie strömen in unser Land und bringen enorme Probleme mit sich“, beklagte Trump. „Es ist schrecklich.“

Der Ex-Präsident listete Einzelfälle von brutalen Straftaten auf, die von Einwanderern begangen worden seien, und zeichnete das Zerrbild eines Amerikas, das vollkommen von brutalen Verbrechern aus feindlichen Ländern eingenommen werde. Grenzschützer hätten quasi eine militärische Operation gegen irreguläre Einwanderer zu führen, sagte er weiter. „Das ist wie ein Krieg.“

Auch der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, der sich seit Monaten heftige politische und juristische Auseinandersetzungen mit der Bundesregierung liefert, machte Biden schwere Vorhaltungen.

Der Präsident habe ein „Desaster“ zu verantworten und das Land in große Gefahr gestürzt. „Es vergeht keine Woche, in der nicht Amerikaner ihr Leben verlieren, weil sie von jemandem vergewaltigt oder angegriffen werden, dem Biden die illegale Einreise in unser Land erlaubt hat“, behauptete der Hardliner und Trump-Anhänger.

Bidens Ansatz

Bei der Präsidentenwahl im November läuft es auf ein erneutes Duell zwischen Biden und Trump hinaus. Trump hatte sich während seiner Amtszeit mit besonderer Härte gegenüber Migranten hervorgetan und eine Abschottung der Südgrenze zur Priorität gemacht. Für sein mögliches Comeback verspricht der Republikaner, er wolle erneut rigoros durchgreifen und unter anderem im großen Stil Menschen aus den USA abschieben.

Biden wiederum hatte bei seinem Amtsantritt 2021 einen Kurswechsel eingeleitet und viele Regelungen gelockert. Seine Regierung gab damals die Botschaft an Migranten aus: „Kommt nicht jetzt – lasst uns erst das kaputte System reparieren.“ Doch das System wurde nicht repariert und die Migranten kamen trotzdem. Die große Kehrtwende hin zu einer funktionierenden Einwanderungspolitik blieb aus.

Biden machte dafür die Republikaner im Kongress verantwortlich. Bei seinem Besuch an der Grenze beklagte er: „An meinem ersten Tag als Präsident habe ich einen Gesetzentwurf in den Kongress eingebracht, der einen umfassenden Plan zur Behebung des kaputten Einwanderungssystems und zur Sicherung der Grenze enthält. Aber es wurde nichts unternommen.“

Auch einen zuletzt zwischen einer Gruppe von Demokraten und Republikanern geschlossenen Deal zur besseren Ausstattung des US-Grenzschutzes hätten Teile der Republikanischen Partei platzen lassen. „Es ist Zeit zu handeln“, mahnte der 81-Jährige. „Wir müssen mehr tun.“

Bidens ausgestreckte Hand – und eine Mahnung

Der Demokrat, der bei der Präsidentenwahl im November für eine zweite Amtszeit antreten will, rief zu Kompromissbereitschaft und Überparteilichkeit auf. An Trump gerichtet sagte Biden: „Anstatt politische Spiele zu spielen mit dem Thema, sollten wir uns zusammentun und die Sache zu Ende bringen.“

Der Bürgermeister der Grenzstadt Brownville, John Cowen, hieß den Präsidenten zwar herzlich willkommen, gab ihm aber auch eine mahnende Botschaft mit. „Wir alle hier sind überlastet und unterbesetzt“, sagte er. „In Brownsville haben wir seit 2021 mehr als 240.000 Migranten unterstützt. Unsere Bevölkerung liegt knapp unter 200 000.“ Alle Grenzorte bräuchten mehr Hilfe. „Wir können es uns nicht leisten zu warten.“ (dpa)

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World