Beitragsservice gnadenlos: WDR zahlt erst nach Drohung
Der WDR zeigt sich widerwillig, einem Ehepaar, dem fälschlicherweise Rundfunkbeitrag abgepresst werden sollte, die Anwaltskosten zu erstatten.
Dass der Beitragsservice von ARD und ZDF regelmäßig Fehler macht, ist nichts Neues. Am 14. Oktober 2023 stellten wir den Fall des Ehepaars Müller vor, welches jahrelang für seine Zweitwohnung zahlen musste, obwohl das seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2019 nicht mehr notwendig ist. Trotz Antrag und Übersendung eines Konvoluts von Bescheinigungen entließ der Beitragsservice die Müllers nicht aus der Pflicht, das Verfahren wurde seitens der Behörde auch noch gebremst; das Ehepaar nahm sich schließlich einen Anwalt und zog vor das Verwaltungsgericht Arnsberg (Aktenzeichen: 5 K 718/22).
Der WDR wollte alle Kosten tragen, aber dann
Selbstverständlich hatten die Müllers, deren Namen wir hier pseudonymisiert haben, recht. Der WDR erklärte zu Beginn des Gerichtsverfahrens im Juni 2023, er trage alle Kosten, inklusive aller Anwaltskosten. Hätte der WDR das nicht zugesagt, wäre es zu einem Urteil gekommen, das Gleiches festgestellt hätte. Ein solches Urteil wollte die ARD-Anstalt unbedingt vermeiden, offiziell, um Kosten wie Gerichtsgebühren zu sparen; in Wahrheit vermutlich, um keinen Präzedenzfall zu schaffen.
Wer nun denkt, dass der Skandal damit beendet war, irrt. Zwar zahlte der WDR in der Folge die zu viel gezahlten Beiträge an die Müllers zurück, was zugesagt worden war. Ebenso zugesagt war, dass der WDR die Anwaltskosten der Müllers erstattet. Dies geschah indes nicht. Der WDR verweigerte die versprochene Zahlung. Aus diesem Grund musste der Anwalt von Ehepaar Müller erneut aktiv werden: Im Januar 2024 erwirkte er einen Beschluss beim Verwaltungsgericht. Danach hat der WDR dem Anwalt 159,94 Euro zu erstatten, was einer Verfahrensgebühr entspricht. Außerdem liefen von nun an Zinsen auf, die der WDR zusätzlich begleichen muss („fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz“). Trotz des Beschlusses zahlte der WDR weiterhin nicht. Jetzt riss den Müllers die Hutschnur. Sie erteilten am 2. April einen Zwangsvollstreckungsauftrag gegen den WDR. Jetzt ist der Gerichtsvollzieher unterwegs. Die Kosten dieser Zwangsvollstreckung muss ebenso der WDR tragen.
„Interner Abstimmungsfehler“
Aus Köln bekommen wir vom Sender auf Anfrage mitgeteilt: „Aufgrund eines internen Abstimmungsfehlers wurden die Kosten jetzt angewiesen.“ Die Aussage ist unlogisch; vermutlich meint der Sender, dass die Kosten aufgrund des Fehlers jetzt „erst“ angewiesen worden. Doch wie kann man sich überhaupt falsch abstimmen, wenn es einen gerichtlichen Beschluss gibt und der Gerichtsvollzieher geklingelt hat?
Wir fragen nach: Wie oft wurden in den Jahren 2020 bis 2024 Zwangsvollstreckungsverfahren gegen den WDR eingeleitet, und welche Kosten sind dem WDR dadurch entstanden? Antwort: „Es handelt sich hierbei um absolute Einzelfälle. Wir bitten um Verständnis, dass wir zu internen Vorgängen keine weiteren Auskünfte geben.“ Unsere Frage, wie viele Verfahren in Rundfunkbeitragssachen in den Jahren von 2020 bis 2024 laufend oder anhängig sind beim WDR, will man gar nicht beantworten.
Schweigen im Walde bei dem Sender, der im Rahmen eines journalistischen Rechercheverbunds immer wieder Intransparenz bei staatlichen Institutionen anprangert, sich selbst aber noch intransparenter verhält. Opfer sind all jene, die, anders als das Ehepaar Müller, keinen Rechtsanwalt vorfinanzieren können. Als alleinerziehendes Elternteil, Geringverdiener oder von Bürokratie überforderte Person sollte man besser nicht in den Strudel von Beitragsservice und WDR geraten.