„Reihenweise Vorladungen verschickt“: Ermittler übten jahrelang Druck auf die Familien der RAF-Mitglieder aus

Bundesinnenministerin Faeser (SPD) bezeichnet die Festnahme von Daniela Klette als einen „großen Erfolg der Polizei- und Ermittlungsbehörden“. Wie kam es dazu?

„reihenweise vorladungen verschickt“: ermittler übten jahrelang druck auf die familien der raf-mitglieder aus

Pressestatement zur Festnahme.

Kurz nach der Verhaftung des früheren RAF-Mitglieds Daniela Klette in der Nacht zu Dienstag haben Beamte einen Mann festgenommen. Auch er wird im Zusammenhang mit Aktivitäten früherer RAF-Leute gesucht. Seine Identität ist öffentlich noch unbekannt. Das federführend ermittelnde Landeskriminalamt Niedersachsen will sich noch am Dienstag dazu äußern.

Ein Hinweis aus dem November 2023 hatte die Ermittler auf die Spur der nun verhafteten ehemaligen Linksterroristin Daniela Klette geführt. „Es stellte sich heraus, dass aus dem Hinweis eine echte Spur wurde“, sagte de Vries.

Auch nach der Sendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“ vor einigen Wochen seien zahlreiche Hinweise eingegangen, so die Ermittler. Diese würden nun ausgewertet. Der 65-jährigen Klette seien von einem Richter des Amtsgerichts Verden insgesamt sechs Haftbefehle wegen verschiedener Überfälle verkündet worden, teilten die Ermittler mit. Sie sei nun in einer Justizvollzugsanstalt.

Klette bestritt den Angaben zufolge ihre Identität nicht. Direkt bei ihrer Festnahme habe sie sie allerdings noch nicht bestätigt, so die Ermittler. Zu den konkreten Tatvorwürfen habe die 65-Jährige bisher keine Aussage gemacht.

Faeser: „Niemand sollte sich im Untergrund sicher fühlen“

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach anlässlich der Festnahme von einem „Meilenstein“ in der deutschen Kriminalitätsgeschichte. Die Politikerin sagte, dass es sich um einen der größten Fahndungserfolge der letzten Jahrzehnte in Niedersachsen und einem bedeutenden Tag für die Sicherheitsbehörden in ganz Deutschland handele.

Ermittler hatten Klette am Montagabend in Berlin-Kreuzberg festgenommen. Sie lebte in einer Mietwohnung, in der sie sich zum Einsatzzeitpunkt allein aufhielt. Die Taten, die Klette mit RAF-Bezug begangen haben soll, sind verjährt. Es geht der Staatsanwaltschaft Verden und dem LKA Niedersachsen allerdings um Raubüberfälle, die sie mutmaßlich mit den früheren RAF-Männern Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub verübt haben soll.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete die Festnahme als einen „großen Erfolg der Polizei- und Ermittlungsbehörden“, der Rechtsstaat habe „langen Atem“ gezeigt: „Niemand sollte sich im Untergrund sicher fühlen.“

Behördlich Druck auf Familienmitglieder ausgeübt

Auf die Familien der drei Gesuchten aus der RAF war über die Jahre behördlich Druck ausgeübt, Briefe und Computer ausgewertet worden. Auch in der autonomen Szene, unter mutmaßlichen Unterstützern, ermittelten das LKA Niedersachsen, aber auch andere Behörden intensiv.

Noch vor einer Woche hieß es in der Szene: „Da die Verfolgungsbehörden völlig ahnungslos sind, wo die drei sind, verschickt die Staatsanwaltschaft Verden derzeit reihenweise Vorladungen.“ So steht es auch auf Indymedia, einer unter Linken vielfach genutzen Internet-Plattform. „Die Vernehmungen laufen so: Nach kurzem Vorgeplänkel wird das Video einer Überwachungskamera gezeigt, das den versuchten Überfall auf einen Geldtransporter in Stuhr (bei Bremen) zeigt. Aus dieser Situation resultiert der Vorwurf ‘versuchter Mord’.“

Dann hätten die Ermittler, heißt es, nach den Familien der Gesuchten sowie dem Leben in der unter Hausbesetzern beliebten Hafenstraße in Hamburg gefragt. In der Hafenstraße hatten sich zahlreiche RAF-Anhänger in den 80er-Jahren politisch engagiert. Der Eindruck in der Szene: Staatsanwaltschaft und Polizei wollten darauf hinwirken, dass sich die drei Gesuchten den Behörden stellen.

Die RAF bezeichnete sich selbst als Stadtguerilla, ihr werden 33 Morde von Anfang der Siebziger- bis Anfang der Neunzigerjahre zugeschrieben. Im Jahr 1977 tötete sie den Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Zwölf Jahre später starb der damalige Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen bei einem Sprengstoffanschlag. Die Terrorgruppe löste sich 1998 auf und veröffentlichte ein entsprechendes Schreiben.

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