Der einst teuerste Fussballer der Welt steht vor dem Scherbenhaufen seiner Karriere – es scheint fast, als sei Paul Pogba verhext worden

der einst teuerste fussballer der welt steht vor dem scherbenhaufen seiner karriere – es scheint fast, als sei paul pogba verhext worden

Das Grösste an ihm blieb zuletzt der Hype: Paul Pogba ist tief gefallen. Gianluca Ricci / Imago

Vor knapp zwei Jahren gab Paul Pogba der Zeitung «Le Figaro» ein bemerkenswertes Interview über die Finsternis hinter dem Glitzer in seiner Branche. «Manchmal willst du dich nur isolieren, allein sein», sagte er. «Du spürst die Depression in deinem Körper, in deinem Kopf . . . aber du darfst nicht darüber sprechen.» Als reicher, privilegierter Fussballer müsse er immer Stärke zeigen: «Dabei sind wir keine Superhelden, sondern nur Menschen.»

Pogba bezog sich insbesondere auf eine Zeit im Jahr 2018, während der er mit dem Trainer José Mourinho bei Manchester United im Clinch lag. Er wurde vom Coach öffentlich als einer hingestellt, der schädlich für das Team sei, es waren die ersten Kratzer am Image als Superheld. Zuvor war Pogba mit dem Wechsel von Juventus Turin nach Manchester mit einer Ablösesumme von 105 Millionen Euro zum teuersten Fussballer der Welt avanciert.

Sie nannten ihn «Oktopus», weil er mit seinen langen Beinen den Ball anzog, als klebte dieser an seinen Tentakeln

Jetzt denkt man an das Interview und fragt sich, wie es Paul Pogba in seiner Turiner Villa wohl ergehen muss. Denn jener Streit mit Mourinho war nur eine Petitesse im Vergleich zu seinen letzten zwei Jahren. Zwischen vielen Verletzungen und obskuren Affären hat Pogba, 30 Jahre alt, einen dramatischen Abstieg aus dem Fussball-Olymp hingelegt. Am vergangenen Donnerstag kam er im Hades eines Profisportlers an: Wegen Dopings wurde der Mittelfeldspieler, unterdessen wieder bei Juventus, mit einer vierjährigen Berufssperre belegt.

«Traurig, schockiert und gebrochenen Herzens» habe er die Nachricht aufgenommen, schrieb Pogba. «Alles, was ich in meiner Profikarriere aufgebaut habe, ist mir genommen worden.» Das Urteil des Tribunale Nazionale Antidoping sei «nicht korrekt», er habe nie «wissentlich» leistungsfördernde Substanzen benutzt.

Seine positive A-Probe auf Testosteron nach einem Ligaspiel in Udine im August 2023 und die B-Probe auf das Anti-Aging-Steroid Dhea seien durch ein in den USA legales Nahrungsergänzungsmittel zu erklären, das er während der Sommerferien dort eingenommen habe – so hatte er es im Prozess dargestellt. «Wenn ich frei von rechtlichen Auflagen bin, wird sich die ganze Geschichte klären», schrieb er. Fürs Erste erwägen seine Anwälte eine Berufung vor dem Internationalen Sportschiedsgericht TAS in Lausanne.

Sie kämpfen um den letzten Rest einer Laufbahn, die Pogba während seiner ersten Juventus-Zeit zum Weltfussballer zu befördern schien. Pogba galt als athletische Sensation bei gleichzeitig perfekter Technik und überbordender Kreativität – der Prototyp einer Fusion, wie sie ein Jahrzehnt später etwa Jude Bellingham verkörpert. «Il polpo», den Oktopus, nannten sie Pogba, weil er mit den langen Beinen den Ball anzog, als klebte dieser an seinen Tentakeln.

Der EM-Achtelfinal 2021 gegen die Schweiz war so etwas wie sein letzter grosser Match

An der Heim-EM 2016, als noch niemand von Kylian Mbappé gehört hatte, wurde Pogba zu Frankreichs grosser Figur aufgebaut und grüsste von allen Titelseiten. Das Versprechen eingelöst hat er dann mit Mbappé zwei Jahre später an der WM in Russland. Pogba glänzte beim Titelgewinn auf dem Platz, als Finaltorschütze, als Leader in der Kabine und bei den Feierlichkeiten im Élysée-Palast.

Doch sonst blieb das Grösste an ihm der Hype. Die Agentur seines unterdessen verstorbenen Agenten Mino Raiola machte den schillernden Burschen aus der Pariser Vorstadt zu einer Geldmaschine und Kunstfigur. Eine «Marke», die «wir geschaffen haben», um «die Leute zu unterhalten»: So beschrieb Raiolas Anwältin und Nachfolgerin Rafaela Pimenta in der Dokumentation «The Pogmentary» ihr Werk. Sie konnte sich dabei Pogbas natürlicher Extrovertiertheit bedienen, seines Lachens, seines Showtalents, der Frisurwechsel, einer verkaufsfördernden Unberechenbarkeit.

Immer sprunghafter wurde aber auch der Fussballer Pogba. Im legendären EM-Achtelfinal 2021 gegen die Schweiz kondensierte sich seine Karriere in einem einzigen Spiel. Mit blauen und goldgelben Streifen im Haar erzielte er mit einem Traumschuss das Tor zur 3:1-Führung und legte danach eine bunte Jubelchoreografie hin. Aber: Wenige Minuten später leitete er mit einem Ballverlust die Schweizer Aufholjagd ein und stritt sich auf dem Platz mit dem Kompagnon Adrien Rabiot. Himmel und Hölle, Elogen und Kritiken: Als Frankreich gegen die Schweiz im Elfmeterschiessen ausgeschieden war, wusste mal wieder keiner, was von diesem Spieler zu halten war.

Jener Achtelfinal war so etwas wie Pogbas letzter grosser Match. Bei der Rückkehr zu Juventus im Sommer 2022 wurde er zwar standesgemäss zum bestbezahlten Profi der Serie A und bezog in den Hügeln Turins das ehemalige Anwesen von Cristiano Ronaldo. Doch auf dem Platz stand er seither ganze 213 Minuten. Knie, Leiste, Adduktoren, Oberschenkel: Immer war irgendetwas, schon vor der Dopingsperre. Es scheint fast, als sei Pogba verhext worden.

der einst teuerste fussballer der welt steht vor dem scherbenhaufen seiner karriere – es scheint fast, als sei paul pogba verhext worden

Noch wird Paul Pogba (Mitte) im EM-Achtelfinal 2021 in Bukarest gegen die Schweiz gefeiert. Er erzielte ein Traumtor – doch am Ende schied Frankreich aus. Vadim Ghirda / AP

Was ist er: Reflektierter Kritiker oder grossmäuliger Auserwählter?

Dabei hatte Pogba selbst einen Marabout angeheuert – so viel ist unstrittig in einer mysteriösen Angelegenheit, die 2022 publik wurde. Laut seinem Bruder Mathias hatte Pogba den islamischen Magier dafür bezahlt, dass er seinen Nationalmannschaftskollegen Mbappé mit einem Fluch überziehe.

Im Zuge dessen erfuhr die Öffentlichkeit von einer Erpressung von Pogba, in die ehemalige Freunde und womöglich sein Bruder Mathias verwickelt sein sollen. Von einem Bruch in der Familie zeugte nun auch eine Reaktion auf die Dopingsperre. Florentin, ein weiterer Bruder, postete auf Instagram: «Courage PP: Allah hat alles im Griff» – und zwei lachende Emoticons.

Paul Pogba sagte während des Verfahrens aus, er habe den Hexer um Unterstützung für die Kinder in Entwicklungsländern gebeten. Der Marabout, eine langjährige Vertrauensperson des Profis, bestätigte diese Darstellung. Tatsächlich ist Pogbas Engagement für den Kampf gegen Armut auch anderweitig dokumentiert.

Welcher ist der echte Paul Pogba? Ein Blender, wie ein Bruder sagt? Oder ein empathischer Spender? Ein «Leader, immer positiv», wie es Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps einst ausdrückte? Oder ein «Anti-Captain», wie José Mourinho meinte? Ist er der reflektierte Kritiker aus dem «Figaro»? Oder der grossmäulige Auserwählte, als der er im Film «The Pogmentary» gezeichnet wurde? Die fünfteilige Dokumentation floppte übrigens grandios. Wie alles in letzter Zeit, wenn es um Pogba ging.

Sein Nationaltrainer Deschamps war auch von Doping umgeben

Vorsätzliches Doping? Oder blosse Unachtsamkeit? Der loyale Deschamps steht Pogba weiter zur Seite: «Seine Situation macht mich traurig, und ich hoffe von ganzem Herzen, dass sie sich arrangieren lässt.» «Nicht einen Moment» könne er sich bei Pogba eine Betrugsabsicht vorstellen.

Deschamps ist in dieser Causa auch insofern eine interessante Stimme, als er in den neunziger Jahren ebenfalls bei Juventus spielte – in einer Mannschaft, die nachweislich gedopt war. Der damalige Teamarzt Riccardo Agricola wurde 2004 erstinstanzlich schuldig gesprochen und blieb nach diversen Revisionsverfahren nur wegen Verjährung auf freiem Fuss. 2017 übernahm er die Betreuung der Juve-Profis wieder, über die an den Klub angedockte Gesundheitsagentur J Medical.

Die Sperre für Pogba nahmen die Turiner kühl zur Kenntnis. Sie kommt ihnen sogar gelegen, weil sie sich viel Geld für einen sowieso immer verletzten Profi sparen. Beschert ihm eine Berufung nicht wenigstens die Strafhalbierung, die er während des Prozesses im Rahmen eines Vergleichsangebots ausgeschlagen haben soll, läuft Pogbas Sperre bis Oktober 2027. Sein Vertrag in Turin läuft 2026 aus.

Mit einer Entscheidung des TAS wäre für den Frühsommer zu rechnen. Dann wird Frankreichs Team an der Fussball-EM sein, ohne einen Profi, der lange vielleicht nur selbst erkannte, was heute alle wissen: dass er kein Superheld war.

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