Rüstungsindustrie: „Der große Wumms ist ausgeblieben“

rüstungsindustrie: „der große wumms ist ausgeblieben“

Mit MTU-Motor: Schützenpanzer Puma in einer Übung

Der Motorenbauer Rolls-Royce Power Systems (RRPS), der wichtigste Antriebslieferant für die Panzer der Bundeswehr, hat erste Aufträge zur Aufrüstung der deutschen Streitkräfte bekommen. Die Armee hat Motoren für 50 Panzer des Modells Puma und 18 Motoren für den Kampfpanzer Leopard bei dem Unternehmen in Friedrichshafen am Bodensee bestellt, wie RRPS-Chef Jörg Stratmann im Gespräch mit der F.A.Z. bestätigte. Das Volumen des Auftrags liegt nach Branchenschätzungen im zweistelligen Millionenbereich.

„Da wird noch mehr kommen, das ist alles nur eine Frage der Zeit“, sagt Stratmann weiter. „Nur über welche Umfänge wir sprechen, weiß ich nicht.“ Die Tochter des britischen Triebwerksherstellers Rolls-Royce mit seiner Kernmarke MTU stellt seit Langem die Antriebe der wichtigsten Panzer der Bundeswehr her. Dazu gehören neben Leopard und Puma unter anderem auch der Boxer und die Panzerhaubitze 2000. Dazu kommen Motoren für Fregatten, Minensucher, Patrouillenschiffe und Unterseeboote. Gebaut werden die Antriebe vor allem am Stammsitz in Friedrichshafen, aber auch in England und den USA, von wo RRPS auch die israelischen Streitkräfte beliefert.

Gemeinsam mit dem Panzerhersteller Rheinmetall führt das Unternehmen die Verhandlungen mit Verteidigungsministerium und Bundeswehr, die RRPS-Chef Stratmann „partnerschaftlich“ nennt. Bei der Frage, warum genau zwei Jahre nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, den Bundeskanzler Olaf Scholz als „Zeitenwende“ bezeichnet und eine Aufrüstung der Bundeswehr in Aussicht gestellt hat, die Aufträge so langsam bei der Industrie ankommen, schweigt Stratmann. „Wir können uns nur bestmöglich vorbereiten, die Bestellung muss der Kunde allein auslösen.“ RRPS habe sowieso schon auf eigenes Risiko eine Produktionslinie in Friedrichshafen aufgebaut und 75 Mitarbeiter eingestellt. „Wenn die Aufträge kommen, können wir loslegen.“

„Leider sind das bislang alles nur Absichtserklärungen“

„Es ist mehr geworden, aber der große Wumms ist ausgeblieben“, sagt auch der stellvertretende Vorsitzende des RRPS-Aufsichtsrats und Betriebsratschef, Thomas Bittelmeyer. „Leider sind das bislang alles nur Absichtserklärungen, aber noch keine Verträge. Das dauert alles so lange, weil die Bürokratie so immens ist.“ Im Gegensatz zum RRPS-Vorstand schätzt der Arbeitnehmervertreter die Möglichkeiten, schnell auf viele Aufträge reagieren zu können, aber als begrenzt ein. „Wenn jetzt wirklich große Volumina bei uns ankommen, können wir nicht viel machen, weil wir einfach keine Schichten mehr frei haben“, erläutert Bittelmeyer.

Das Problem sind aber nicht allein die Kapazitäten. Die Tatsache, dass die Bundesrepublik die Ausrüstung der Bundeswehr so lange vernachlässigt habe, macht das Hochfahren jetzt umso schwieriger. „Zum Teil müssen wir Steuerungsboxen produzieren, die jahrelang nicht nachgefragt wurden, für die es die Bauteile nicht mehr gibt und die wir nun neu entwickeln müssen“, erläutert der RRPS-Chef. „Das ist die Folge, dass der Bereich so lange so unterfinanziert war.“

Rüstungsgeschäft ist gewachsen

Das Rüstungsgeschäft von RRPS ist im Jahr 2023 leicht gewachsen und macht nun 25 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Nach den am Freitag vorgestellten Zahlen entspricht das 1,14 Milliarden Euro. Über die Gewinne und die Marge im Rüstungsgeschäft spricht RRPS-Chef Stratmann nicht. „Nur so viel, wir verdienen Geld damit.“

Insgesamt erwirtschaftete das Unternehmen im vergangenen Jahr einen Umsatz von 4,56 Milliarden (plus 16 Prozent) und erzielte einen operativen Gewinn (Ebit) von 474 Millionen Euro (plus 44 Prozent). Das entspricht einer Umsatzrendite von 10,4 Prozent. Neben Motoren für Panzer und Kriegsschiffe stellt RRPS mit insgesamt rund 10.500 Mitarbeitern vor allem Diesel- und Gasmotoren für Yachten, Züge und Notstromaggregate sowie Batteriesysteme her.

„Wir hatten ein gutes Jahr und haben ein gutes vor uns“, sagt Stratmann. Die Prognose gründet der RRPS-Chef auch auf die Aussichten im Rüstungsgeschäft, für das er ein Wachstumspotential von zehn Prozent sieht. Wenn die Aufträge der Zeitenwende denn endlich in Friedrichshafen ankommen.

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